Lord Camerons Versuchung
hätte sein können. Elizabeth war sehr großzügig mit ihrem Körper.«
Ainsley erinnerte sich an den Ausdruck auf Camerons Gesicht, als er den Brief des Liebhabers seiner Frau im Geheimfach des Sekretärs gefunden hatte. Die Wut, der Abscheu, der alte Schmerz, der sich noch immer nicht ganz aufgelöst hatte. Gleich danach hatte er Ainsley geküsst, voller Verzweiflung und erfüllt von dem Wunsch, zu vergessen.
»Ich glaube, ich hasse sie«, sagte Ainsley.
»Ich mochte sie auch nicht«, sagte Eleanor entschieden. »Cameron hat ein großes Herz, und er hat es nicht verdient, von jemandem wie Elizabeth zugrunde gerichtet zu werden.« Sie sah nachdenklich aus. »Obwohl ich angefangen habe zu glauben, dass ihr Trieb, sich mit anderen Männern einzulassen, so eine Art Krankheit war. Vater hat mir einen Artikel aus einem wissenschaftlichen Journal vorgelesen, in dem ausgeführt wird, dass einige Menschen von dem Wunsch nach dem Akt der körperlichen Vereinigung geradezu besessen sind. So, wie andere einen Drang zum Spielen oder zum Alkohol haben. Sie können sich nicht beherrschen. Sie müssen mit jemandem schlafen und diese … Ekstase erfahren, lass es uns so nennen. Oder sie werden ein wenig verrückt. Vater und ich sind zu dem Schluss gekommen, dass Elizabeth vielleicht eine von ihnen gewesen ist.«
Ainsley blinzelte. »Herr im Himmel, Eleanor, dein Vater hat mit dir über so etwas gesprochen?«
»Natürlich. Mein lieber Vater hat keine Ahnung, dass solche Dinge in Gegenwart einer jungen Dame nicht erwähnt werden sollten. Er ist in allen Zweigen der Wissenschaft bewandert und hat einen für alles offenen Verstand. Und das bedeutet, dass er mit mir über das Gattungsverhalten der Frösche ebenso wie über das der Menschen diskutiert, und er hat keine Ahnung, dass es da einen Unterschied gibt. In Bezug auf Sitte und Anstand, meine ich. Frösche pflanzen sich natürlich ziemlich anders fort als Menschen.«
Ainsley musste lachen. Jeder, der beim Abendessen an Patricks Tisch auf das Fortpflanzungsgebaren von Fröschen zu sprechen kommen würde, ganz zu schweigen von dem der Menschen, würde sich dem entsetzten Schweigen von Patrick und Rona gegenübersehen. Ihr Bruder und ihre Schwägerin waren keine unfrohen Menschen, aber sie hatten sehr genaue Vorstellungen über Manieren und schickliche Gesprächsthemen.
Das Lachen endete in einem Seufzer, und Ainsley lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. »Was soll ich tun, Eleanor? Cameron spricht von Juwelen und Hotels in Monte Carlo, als ob ich in die Hände klatschen und mit ihm in den nächsten Zug steigen würde.«
Eleanor lächelte sie mitfühlend an. »Weil Cameron an Frauen gewöhnt ist, die zu schielen anfangen und dahinschmelzen, wenn er Brillantketten vor ihrer Nase hin- und herbaumeln lässt. Sie wollen nicht ihn, sie wollen sein Geld, und er weiß das genau.«
Ja, das wusste er. Cameron war ein großzügiger Mann, aber er war nicht dumm. Er wusste genau, warum die Frauen in Scharen zu ihm kamen.
»Ich mache mir nichts aus seinem Geld«, sagte Ainsley.
»Ich verstehe das, aber ich wette, dass Cameron nicht die leiseste Vorstellung davon hat, wie man eine Frau umwirbt, ohne sie zu bestechen. Keiner der MacKenzies weiß das.«
Eleanor sprach mit Überzeugung. Hart musste Eleanor mit Geschenken überhäuft haben, und doch hatte sie ihn fortgeschickt.
Ainsley seufzte tief. »Wenn ich Cameron zurückweise, dann werde ich das für den Rest meines Lebens bereuen, das weiß ich. Aber wenn ich mit ihm gehe, werde ich mich ruinieren und meiner Familie Schande machen.«
Wieder einmal
, aber das sagte sie nicht laut. »Meine Brüder würden mir das nie verzeihen.«
»Nun, du musst ja nicht öffentlich verkünden, dass du mit ihm durchbrennst. Du wirst mir verzeihen, wenn ich das sage, aber du bist nicht die bekannteste junge Lady Englands. Begleite ihn inkognito.«
Ainsley lachte und dachte an ihr Kostüm auf Rowlindsons Ball. »Mit einer Perücke und einer Maske?«
»Nichts so Theatralisches. Reise einfach allein für eine kurze Zeit auf den Kontinent. Ladys tun so etwas heutzutage ständig. Sie unternehmen allein Wanderungen in weit entfernten Ländern und schreiben Bücher über ihre Abenteuer. Du bist keine unverheiratete Miss, sondern eine respektable Witwe. Wenn du Cameron dann auf deiner Reise begegnest – was ist dabei?«
Ainsley starrte Eleanor über den Tisch hinweg an, und Eleanor erwiderte den Blick unerschütterlich. »El, du sagst mir da gerade, dass
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