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Lord Gamma

Lord Gamma

Titel: Lord Gamma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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den Grund meines Hierseins. Er nahm mich verständlicherweise nicht ernst, sah statt dessen nervös zu den Sphären. »Was auch immer geschieht, halte dich von Nikobal und Frederick fern«, riet ich ihm. »Falls es wirklich ein Morner gewesen ist, der dich zu mir gesandt hat, bist du ebenfalls in Schwierigkeiten. Der Kerl wurde jedenfalls nicht von Nikobal geschickt.«
    »Sondern?«
    »Das erkläre ich dir, wenn alles gut geht.«
    »Und wenn nicht …?«
    »Dann wirst du dich in wenigen Tagen sowieso an nichts mehr erinnern können.« Ich ließ ihn stehen und schlüpfte in eine der Kugeln. Schade, daß ich Roberts Gesicht nicht mehr sehen konnte, wenn er zwar die Brücke unbeschadet passieren, jedoch keine offene Sphäre mehr vorfinden würde. Ob er wohl freiwillig hinab in die Grube sprang oder fortan umherstreifte wie Sebastian?
    Nach einigen Sekunden absoluter Dunkelheit trafen mich die Strahlen von Scheinwerfern. Ich hielt mir die Hände vors Gesicht, schützte meine Augen vor dem grellen Licht und spürte, wie meine Beine kraftlos unter mir nachgaben. Hände streckten sich mir entgegen, fingen meinen drohenden Sturz auf, ließen mich jedoch genauso plötzlich wieder los, als hätten sie einen Aussätzigen berührt. Ich taumelte, sackte zu Boden. Der Stahl der Browning stach mir schmerzhaft in die Rippen. Aufgeregtes Stimmengewirr umgab mich, eine unverständliche Mischung aus Überraschung, Anerkennung und Verlegenheit.
    »Stan?!« sagte jemand, als könne er nicht fassen, was er sah. Ich meinte, die Stimme zu erkennen und sah benommen auf. Der anfängliche Schwindel legte sich. Clemens stand vor mir und schien nicht recht zu wissen, ob er mir auf die Füße helfen oder es lieber seinen Nachbarn überlassen sollte. In meiner Nähe erklang ein weiterer vielstimmiger Ausruf der Überraschung. Ich sah mich um, entdeckte Sebastian. Er lag, in einen sandfarbenen Baumwollanzug gekleidet, ausgestreckt auf dem Nachbarpodest, mit dem Gesicht nach oben. Müde blinzelte er ins Licht und die Gesichter über ihm, als wäre er aus einem wochenlangen Schlaf erwacht.
    Er drehte den Kopf zur Seite, so daß sich unsere Blicke trafen. Ein siegesgewisses Grinsen umspielte seine Lippen. Er hob eine schlaffe Hand, hielt den Daumen nach oben. Seine Lippen bewegten sich, aber ich verstand nicht, was er sagte. Vorsichtig setzte ich mich auf. Dreihundert Augenpaare hingen an uns. Niemand sprach, alle starrten nur, wie eine Horde Insektenforscher, die zwei seltene Schmetterlinge beobachteten, die sich aus ihren Kokons schälten. Ich warf einen Blick auf die protzige Wanduhr. Es waren noch nicht einmal zwei Stunden vergangen!
     
    Es behagte Frederick offensichtlich nicht besonders, daß Sebastian aus Babalon aufgetaucht war. Sicher war es das erste Mal, daß ein Spieler aus einer zurückliegenden Runde zu den Gewinnern eines laufenden Spieles zählte. Ebenso zähneknirschend wurde mein unerwartetes Erscheinen quittiert. Da es für solche Fälle scheinbar (noch) keine Klausel im Reglement gab, schluckten Frederick und viele der Versammelten die bittere Pille mit grimmig-finsteren Mienen. Um die Siegerehrung nicht zu verzögern, wurden alle Rechtfertigungen unsererseits verschoben. Ich war sicher, daß wir eine ganze Reihe unangenehmer Fragen würden beantworten müssen, sobald diese Veranstaltung vorbei war. Und das nicht nur Frederick, sondern mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch Nikobal gegenüber. Ein Grund mehr, die ›Auszahlung‹ der Siegesprämie voranzutreiben und mit Prill schleunigst das Weite zu suchen.
    Ein schmieriger Kerl namens Leyton versalzte mir jedoch zur Befriedigung aller Anwesenden die Suppe. Wahrscheinlich war sein Herzchen in der zweiten Ebene auf der Strecke geblieben. Die hysterische Zicke, die mich am Strand mit Steinen beworfen hatte, würde zu ihm passen. Oder er hatte durch meinen Sieg seine Wette verloren. Oder er war einfach nur ein Arschloch. Wahrscheinlich traf alles auf einmal zu. Arschloch Leyton drängte sich während der Siegeszeremonie vor und rief: »Wie kann Stan von den Monitoren verschwinden, und plötzlich steht er hier? Und Sebastian? Ihr habt es doch gesehen, die beiden waren nicht mehr im Spiel. Ich sage euch, Stan bescheißt uns!« Und dann der verhängnisvolle Satz: »Untersucht ihn nach versteckten Hilfsmitteln!«
    Ich hätte ihn am liebsten vom Podium herab angesprungen und erwürgt.
    Sebastian, ich und die restlichen Gewinner (drei Männer und eine Frau) waren von

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