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Lord Gamma

Lord Gamma

Titel: Lord Gamma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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zählte die Sekunden, wußte genau, was in wenigen Augenblicken geschehen würde. »Legt euch auf den Boden«, zischte ich, in der Hoffnung, den Verlauf der Ereignisse ändern zu können. Aber ob das Boot mit dem Bug oder mit dem Heck voraus sank …
    »Halt die Klappe, Gringo!« schnauzte Dixon. Seine Nerven lagen ebenso blank wie die der anderen – abgesehen von denen Sebastians, der gelassen-interessiert zusah, als sitze er in einem Reisebus und gondle durch einen Safaripark. Langsam kam er mir vor wie ein Automat, der sich für unzerstörbar hielt und unbeirrt Informationen aufnahm. Draußen war alles ruhig.
    »Je weniger Angriffsfläche wir ihnen bieten, desto größer sind unsere Chancen zu überleben«, wagte ich einen zweiten Appell an die Vernunft des Anführers. Sein Profil wurde vom Licht der noch brennenden, aber mit den getöteten Lasttieren zu Boden gegangenen Magnesiumfackeln erhellt. Er, der wie eine spähende Harpye in die Wipfel starrte, bedachte mich mit einem Blick, in dem Wut, Stolz und Angst eine explosive Mischung bildeten. »Al diablo!« knurrte er schließlich. »Du kommst dir wohl sehr klug vor, Americano, was …?«
    Es waren seine letzten Worte. Plötzlich ragte der Schaft eines Pfeils aus seinem Hals. Er war einfach durch die morsche Baumrinde gedrungen. Dixon riß die Augen auf, machte eine Gebärde, als wolle er den Pfeil fortreißen, und kippte – die rechte Hand um den Pfeilschaft gekrallt – mit dem Gesicht vornüber in den Dreck. Zwei, drei Schüsse lösten sich aus seiner Waffe, um deren Abzug seine andere Hand geklammert war, und gruben sich ins Erdreich. Dixon zuckte noch einmal und lag still. Der Pfeil hatte sein Genick durchbohrt.
    Die Überlebenden legten sich nach einer Schrecksekunde tatsächlich auf den Boden. Allerdings gab es im Inneren des Baumes nicht genug Platz, so daß man eher auf- anstatt nebeneinander lag. Einer von Dixons Männern hob sein Gewehr und feuerte das halbe Magazin durch die Rinde, irgendwohin. Von draußen prasselte ein Pfeilhagel auf den morschen Stamm nieder. Dutzende von Pfeilspitzen spickten die Innenwand unseres Unterschlupfs, und ein schwerer Körper schlug auf dem Waldboden auf. Der Verrückte neben mir hatte tatsächlich einen der Angreifer von den Bäumen geholt. Dafür klaffte nun über uns ein dreißig Zentimeter breites und fast einen Meter langes Loch in der Rinde. Jeder von uns war bemüht, sich nicht an einer der durchs Holz ragenden Pfeilspitzen zu verletzen. Wir kauerten zu fünft in der äußerst exquisiten Variante einer Eisernen Jungfrau. Der Held, der über meinen Füßen lag, rührte sich nicht mehr. Ich sparte mir den Blick in sein Gesicht. Ich hatte es schon einmal gesehen. Die anderen beiden beteten irgendwelches Zeug auf spanisch. Fromm klang es nicht, aber inbrünstig.
    »Sie werden sie alle abschlachten«, murmelte ich.
    Sebastian fragte nur: »Wer?« und spähte weiter in die Dunkelheit.
    »Die Cabaitre. Wir hocken mitten in ihrem Gebiet …« Der Rest meiner Worte blieb mir im Hals stecken. Drei humanoide Schatten waren vor dem Baum aufgetaucht. Die beiden Betenden verstummten für immer. Ich war mir sicher, die Indios hatten drei Pfeile abgeschossen, doch Sebastian machte nicht den Eindruck, als sei er getroffen worden. Ich sah ihn blinzeln.
    »Esperad!« rief ich, kam in Zeitlupe aus dem hohlen Baum gekrochen und kniete mit erhobenen Händen vor den Indios. Ich konnte ihre Gesichter nicht sehen, was vielleicht an ihrer Bemalung lag. Als ich mich umsah, erkannte ich im ersterbenden Magnesiumleuchten eine ganze Armee von Cabaitre, die uns umzingelte. Sie schienen aus manifestierter Dunkelheit zu bestehen. Keiner von ihnen sprach ein Wort. »No tenemos que vernada con ésto«, erklärte ich den dreien, die zuerst aufgetaucht waren. »Solo somos viajantes …«
    Ein Blitzen in der Hand des vordersten Indios. Ich fühlte einen stechenden Schmerz an der rechten Schulter, schrie auf und sackte zusammen. Sebastian kroch herbei, stützte mich. »Was hast du zu ihnen gesagt?« wollte er wissen.
    »Das Falsche, fürchte ich …«, stöhnte ich mit zusammengepreßten Zähnen.
    Finger krallten sich in mein Haar, rissen mich von Sebastian fort und meinen Kopf wieder nach oben. Zwei der Cabaitre hielten mich an den Armen fest und schleiften mich zu einem Baum (nicht zu dem Baum, mein Gott!) und drückten mich mit dem Rücken dagegen. Einige der Indios, die im Hintergrund verharrt hatten, packten Sebastian und schleppten ihn

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