Lord Garrows widerspenstige Braut
sie. Neben der Wanne lag ein Stück Kamillenseife. In wenigen Augenblicken hatte sich Susanna vom Kopf bis zu den Zehen damit eingerieben.
Sie hörte, dass James noch immer nach ihr rief. Er klang richtiggehend aufgebracht. Aber jemand, der noch so schreien konnte, war sicher nicht im Begriff zu sterben.
"Undankbares Scheusal", murmelte sie, während sie den Schaum beiseite wischte, um ihre Haare im Wasser auszuwaschen. Erst als sie sich wieder sauber fühlte, verließ sie die Wanne. Wie schön wäre jetzt ein vorgewärmtes Handtuch gewesen … Eine Zofe, die einem beim Anziehen half … Aber das war wohl für immer vorbei. Ihr Vater hatte sich geweigert, eine Kammerzofe für sie einzustellen, als sie hierher gekommen waren. Und Susanna bezweifelte, dass sie dort, wo sie leben würde, eine geeignete Zofe finden würde.
"Du willst eine unabhängige Frau sein?" hatte ihr Vater vor der Abreise nach Edinburgh spöttisch gefragt. "Dann wollen wir doch mal sehen, ob du wirklich allein zurechtkommst." Natürlich hatte er auch seinen eigenen Kammerdiener nicht mitgebracht, wohl, um ihr zu beweisen, dass Männer von Natur aus stärker und selbstgenügsamer waren. Nun, der arme alte Barnes wäre gesundheitlich nicht in der Lage gewesen, ihren Vater zu begleiten. Minette, ihre Zofe, dagegen hatte gleich nachdem Susanna gesellschaftlich in Ungnade gefallen war, eine Stelle bei Lady Bloom angenommen.
"Als ob mir das etwas ausmacht", murmelte sie. "Es ist hundert Mal einfacher, für sich selbst zu sorgen, als sich um diesen Schotten zu kümmern."
"Wirklich?"
Susanna schreckte zusammen. Sie drehte ihren Kopf so schnell herum, dass eine Wasserkaskade von den Spitzen ihrer langen nassen Haare durch das Zimmer schoss. "Was machst du hier?" fragte sie peinlich berührt und griff nach einem Handtuch, das sie vor ihren Körper hielt. "Verschwinde!"
James stand auf einem Bein und stützte sich gegen den Türrahmen. "Entschuldige die Störung!" meinte er, während er sie von oben bis unten musterte. Es klang so unaufrichtig, wie es gemeint war.
"Verschwinde sofort aus diesem Zimmer."
Mit einer Schulter machte der Highlander eine nonchalante Bewegung. "Du hast mich doch auch gesehen, wie Gott mich schuf, oder? Ich finde, das ist nur fair." Er hielt inne und starrte sie an.
Susanna war so empört, dass es ihr die Sprache verschlug. Sie wickelte sich in das Handtuch und wandte sich von ihm ab.
Er verlagerte vorsichtig sein Gewicht und versuchte, das verwundete Bein zu entlasten. "Ich hatte Angst", meinte er in ernsthafterem Ton. "Du hast aufgebracht gewirkt."
"Ich? Ich habe aufgebracht gewirkt?" Sie drehte sich zur Tür hin um.
"Ich dachte es zumindest. So wie du den Whisky hinuntergekippt hast …"
Nur mühsam gelang es Susanna, sich zu beherrschen. In eisigem Tonfall meinte sie: "Bitte geh zurück ins Bett. Ich komme nach, sobald ich mich angezogen habe."
Garrow nickte, atmete hörbar ein und drehte sich auf dem gesunden Bein um.
Susanna sah, dass er beim Gehen Schmerzen hatte. Einige Zeit stand sie regungslos da und versuchte zu ergründen, warum der Schotte diesen schmerzhaften Gang auf sich genommen hatte. Dass er sie unbekleidet vorfinden würde, hatte er nicht wissen können. Hatte er sich wirklich Sorgen gemacht, nur weil sie ein paar Schluck Whisky getrunken hatte? Hatte er Angst, dass sie dem Trunk ergeben war?
Nachdenklich schlüpfte Susanna in ein frisches Abendkleid. Wieder einmal hatte sie darauf verzichtet, ihr Korsett eng zu schüren. Warum sollte sie sich damit quälen, wenn sie vermutlich nur seine Beinmuskeln kneten und massieren sollte? Nach dieser Überbeanspruchung des verwundeten Beins mussten die Muskeln ja verspannt sein. Hoffentlich war er nicht schon wieder ohnmächtig, hoffentlich platzten die Wundnähte nicht auf, ging es ihr plötzlich durch den Kopf. Mit hastigen, fast schon ungeschickten Bewegungen schloss sie die Knöpfe und warf ihre feuchten Locken zurück.
Bedenke, dass du deine Pflicht zu erfüllen hast. James ist dein Gatte, ermahnte sie sich. Sie war für sein Wohlergehen verantwortlich, und bis jetzt hatte sie gut für ihn gesorgt.
Der Schotte hatte nicht leiden müssen. Dafür hatte der Whisky gesorgt. Aber sie fürchtete, dass der Arzt Recht gehabt hatte: Es war höchste Zeit gewesen, die Alkoholdosis zu senken. Susanna hatte es nur nicht ertragen können, ihn vor Schmerz stöhnen oder sich schlaflos im Bett herumwälzen zu hören. Seine Schmerzen hatten sie fast körperlich
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