Lord Garrows widerspenstige Braut
Gälisch gesagt hatte.
James griff im Regal gegenüber nach einer zweiten Flasche Wein. Es war ihm zu diesem Zeitpunkt egal, was er trank – Hauptsache, es brachte ihn dem Vergessen näher. Während er den Korken aus der Flasche zog, sah er im Schein der Kerze am Rande des untersten Regalbretts goldene Funken aufblitzen. Er stellte die Flasche ab, bückte sich und fand eine vergoldete Kamee im Staub, die an einer dünnen, zerrissenen Kette hing.
Überrascht hob er das Schmuckstück auf. Wie mochte es wohl hierher gekommen sein? Es war eine hübsche Kamee – wohl italienischer Herkunft –, nicht sehr groß, aber von hoher handwerklicher Qualität. Das Profil der Frau auf der Kamee war entweder in Elfenbein oder Knochen geschnitten. Eine sehr gute Arbeit, dachte James anerkennend. Einen Moment lang bewunderte er das Schmuckstück und drehte es in seiner Hand.
Dann fühlte er an der Seite einen kleinen Verschluss. Er tippte mit dem Daumen dagegen, und die Kamee sprang auf wie ein kleines Buch. In jeder Hälfte der Kamee war eine Miniatur versteckt. James Blick fiel zunächst auf das Bild einer blassen schwarzhaarigen Frau mit blauen Augen.
Miranda!
Das andere Bild zeigte einen Mann.
James erstarrte. Das Männergesicht war ihm ebenfalls bekannt. Er hielt die Miniaturen näher an die Kerzenflamme. Plötzlich fügten sich in seinem Kopf die Fakten wie Mosaiksteinchen zu einem Bild zusammen.
Das Schmuckstück gehörte Miranda. Die Miniaturen in der Kamee zeigten sie und einen Mann, der ihr Vater sein musste. Mirandas Vater war der Mann, den James in Edinburgh im Hog und Truffle Inn gesehen hatte. Mirandas Vater war somit derjenige, der den Anschlag auf den Earl geplant hatte.
James nahm die Kerze, hastete aus dem Weinkeller nach oben in die Küche und dann in den ersten Stock, immer zwei Stufen auf einmal nehmend.
"Susanna!" rief er aufgeregt.
Da sie sein Bett bereits verlassen hatte, stürzte er durch sein Ankleidezimmer in ihr Schlafzimmer. Sie warf sich gerade ein Hauskleid über, während sich Bestürzung auf ihrem Gesicht abzeichnete. "Was ist los? Ist etwas passiert?"
"Sieh mal", sagte er und warf ihr das Schmuckstück zu, während er den Kerzenleuchter abstellte. "Das ist doch Miss Durstons Kamee, oder? Ich habe die Kette im Weinkeller gefunden. Sieh dir den Mann an, der auf der Miniatur abgebildet ist. Ist das Mr. Durston? Wenn er es ist, meine Liebe, dann haben wir endlich die Bestätigung für meine Vermutungen. Dieser Mann war es, der den Anschlag auf deinen Vater geplant hat. Ich bin mir ganz sicher!"
Susanna warf einen Blick auf die Miniaturen, die sie in der Hand hielt. Entsetzt blickte sie zu James auf. "Ja, das ist Mr. Durston! Was, wenn er schon …"
"Wenn Mr. Durston schon zugeschlagen hätte, wären wir davon in Kenntnis gesetzt worden", beschwichtigte James sie. "Es wäre ziemlich sinnlos, erst deinen Vater zu ermorden und dann dich. Die umgekehrte Reihenfolge ist wahrscheinlicher. Denk daran, Mr. Durston wollte auch dich loswerden bei dem Anschlag auf deinen Vater."
"Ja aber …"
James winkte ab. "Ich glaube, Mr. Durston hat uns seine Tochter und Mr. Fowler auf den Hals geschickt, um uns außer Gefecht zu setzen. Dann hätte der Earl keine Erben mehr, nicht wahr? Mr. Durston selbst hätte danach in aller Ruhe deinen Vater ermorden können. Da er der Geschäftspartner deines Vaters ist, wäre das Unternehmen an ihn gefallen." Er sah sie an. "Entschuldige. Ich wollte dich nicht schockieren."
Susanna nickte. "Ist schon gut", schluckte sie. "Aber, James, Mr. Fowler und Miranda haben ihre Pläne geändert", fügte sie nach kurzem Zögern hinzu. "Mr. Fowler war offensichtlich zu feige, um uns zu töten, und Miranda zu schwach oder zu unerfahren. Ich konnte durch die verschlossene Tür zur Bibliothek hören, wie Fowler sagte, dass das Risiko in keinem Verhältnis zu der Belohnung stehe. Jetzt verstehe ich endlich, was er meinte! Und ich dachte die ganze Zeit, sie sprächen von Verführung und Falschspiel!"
"Wie hättest du so etwas auch ahnen können?" Erregt schritt James im Zimmer auf und ab.
Tränen stiegen in Susannas Augen hoch, als sie ihn ansah. "James – was, wenn Mr. Durston über das fehlgeschlagene Attentat so verzweifelt ist, dass er Vater trotzdem töten lässt, sobald sich die Gelegenheit dazu bietet? Meinst du nicht, wir sollten diese Möglichkeit in Betracht ziehen? Uns kann er ja immer noch töten lassen. Bitte, James, wir müssen sofort aufbrechen. Wir müssen meinen
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