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Lord Peter 03 - Keines natürlichen Todes

Lord Peter 03 - Keines natürlichen Todes

Titel: Lord Peter 03 - Keines natürlichen Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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einundsechzig werde – und das hab ich ihm geschrieben.«
    Lord Peter hatte Mühe, bei dieser Schmährede gegen den ehrenwerten Mr. Murbles aus Staple Inn ernst zu bleiben, dessen Wiedergabe des Briefes von Mrs. Gulliver an ihn schamhaft gesäubert gewesen war. »Es muß ein Schock für den alten Knaben gewesen sein«, flüsterte er Parker zu.
    »Wenn ich ihn das nächstemal sehe, bin ich dran.«
    Mrs. Gullivers Stimme jammerte und jammerte.
    »So anständige Mädchen, alle beide, und Miss Evelyn verheiratet mit diesem netten jungen Mann aus Kanada. Mein Gott, wird das ein furchtbarer Schlag für sie sein! Und der arme John Ironsides, diese Pfingsten noch hatte er Miss Bertha heiraten wollen, das arme Schäfchen. Ein solider anständiger Mann – bei der Southern ist er, und er hat doch immer so im Scherz gesagt: ›Ich bin wie die Southern, Mrs. Gulliver – langsam, aber sicher.‹ Ogottogott, wer hätte das geglaubt! Und dabei war sie gar keine von der flatterhaften Sorte. Ich hab ihr gern einen Hausschlüssel gegeben, denn manchmal hatte sie Spätschicht, aber ausgeblieben nach der Arbeit ist sie nie. Darum hab ich mir ja so Sorgen gemacht, weil sie nicht wiederkam. So manche gibt’s ja heutzutage, die man lieber gehen als kommen sieht, die kennt man schon. Nein. Als es immer später wurde, und sie nicht wiederkam, hab ich gesagt, denkt an meine Worte, hab ich gesagt, das Kind ist entführt worden, sag ich, und zwar von diesem Murbles.«
    »Hat sie lange bei Ihnen gewohnt, Mrs. Gulliver?« fragte Parker.
    »Noch nicht länger als fünfzehn Monate, aber das können Sie annehmen, daß ich ein junges Mädchen keine fünfzehn Tage zu kennen brauche, um zu wissen, ob es ein braves Mädchen ist oder nicht. Das sieht man schon so gut wie auf den ersten Blick, wenn man meine Erfahrung hat.«
    »Waren beide Schwestern zusammen zu Ihnen gekommen?«
    »Ja. Als sie nach einer Stelle in London suchten, da sind sie zu mir gekommen. Und sie hätten in manch schlechtere Hände fallen können, sage ich Ihnen, zwei so junge Dinger vom Land, wo sie auch noch so frisch und hübsch sind.«
    »Ich muß sagen, die Mädchen hatten ausgesprochenes Glück, Mrs. Gulliver«, sagte Lord Peter. »Es muß ein großer Trost für sie gewesen sein, daß sie sich Ihnen anvertrauen und Sie um Rat fragen konnten.«
    »Ja, das glaube ich auch«, sagte Mrs. Gulliver. »Obwohl die jungen Leute heutzutage sich ja nicht viel von uns älteren raten lassen wollen. Zieh ein Kind groß, und es geht fort, wie schon in der Bibel steht. Aber Miss Evelyn – das heißt, die jetzige Mrs. Cropper – hatte sich nun mal dieses London in den Kopf gesetzt, und schon kommen sie her und bilden sich ein, hier würden Damen aus ihnen gemacht, wo sie doch immer nur in Stellung waren, obwohl ich ja keinen Unterschied sehen kann, ob man in einem Schnellimbiß bedient und dem ganzen Pöbel nach der Pfeife tanzt oder ob man bei einer Dame in Stellung ist, außer daß man schwerer arbeiten muß und sein Essen nicht so bequem vorgesetzt kriegt. Aber Miss Evelyn, die war ja die hellere von den beiden und hat auch gleich ihr Glück gemacht, ich meine, daß sie diesen Mr. Cropper kennengelernt hat, der jeden Morgen zum Frühstück ins Corner House gegangen ist und ein Auge auf das Mädchen geworfen hat, in allen Ehren, versteht sich.«
    »Da kann man von Glück reden. Aber haben Sie vielleicht eine Ahnung, wie die beiden auf die Idee gekommen sind, in die Stadt zu kommen?«
    »Tja, wissen Sie, Sir, es ist komisch, daß Sie das fragen, denn das hab ich auch nie verstanden. Die Dame, bei der sie vorher in Stellung waren, da auf dem Land, die hat Miss Evelyn diesen Floh ins Ohr gesetzt. Und meinen Sie nicht auch, Sir, daß sie doch eigentlich alles hätte tun müssen, um die beiden zu halten, wo man gutes Personal heutzutage so schwer bekommt? Aber nein! Es scheint ja, als ob’s mal Krach gegeben hätte, weil Bertha – das arme Ding, das arme Lämmchen; bricht es einem nicht das Herz, wenn man sie so sieht, Sir? – weil Bertha eine alte Teekanne zerbrochen hat – sie soll auch noch sehr wertvoll gewesen sein, und da hat die gnädige Frau gemeint, sie kann es nicht mit ansehen, wie ihre guten Sachen alle zerschlagen werden. Und da hat sie also gesagt: ›Du gehst‹, sagt sie, ›aber‹, sagt sie, ›ich gebe dir ein gutes Zeugnis mit, dann findest du sicher bald eine schöne Stelle. Und Evelyn wird ja sicher mit dir gehen wollen‹, sagt sie, ›so daß ich mir nun wohl jemand

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