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Lord Peter 03 - Keines natürlichen Todes

Lord Peter 03 - Keines natürlichen Todes

Titel: Lord Peter 03 - Keines natürlichen Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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Schinkenbrot.«
    »Was ist verkehrt daran?« erkundigte sich Parker.
    »Nichts. Es scheint sogar erstaunlich gut erhalten zu sein, dank diesem bewunderungswürdigen Eichenstamm. Die knorrige Eiche, in so vielen Jahrhunderten Britanniens Bollwerk gegen Invasoren! Aus Eichenkern ist unser Schiff – übrigens nicht aus Eichenkernen, wie es gewöhnlich falsch gesungen wird. Was mich stört, ist das Mißverhältnis zwischen dieser Stulle und dem übrigen Zeug.«
    »Es ist doch ein ganz gewöhnliches Schinkenbrot, oder?«
    »O Gott des Weines und der Tafelfreuden, wie lange noch, wie lange! Ein Schinkenbrot schon – aber weiß Gott kein gewöhnliches. Das ist nie über die Theke eines Selbstbedienungsrestaurants oder einer Würstchenbude gewandert. Das Schwein, das sich für diesen köstlichen Leckerbissen opfern mußte, ward in keinem düsteren Koben gemästet und hat die zweifelhaften Genüsse aus dem häuslichen Abfalleimer nie gekannt. Sieh dir die feste Maserung an, das tiefbraune Magere und saftige Fette, wie eine Chinesenwange so gelb; und hier der dunkle Fleck, wo die schwarze Beize eingedrungen ist, auf daß dieser Leckerbissen Zeus persönlich vom Olymp hätte locken können! Und dann sage mir, du Ungebildeter, der du das ganze Jahr lang nur von Kochfisch leben dürftest, sage mir, wie deine kleine Kellnerin und ihr Eisenbahner dazu kommen, sich hier im Eppingforst an kohlschwarz gebeiztem Bradenham zu laben, der einst als junger Keiler durch die Wälder streifte, bis ihn der Tod in diese haltbare und ruhmvolle Köstlichkeit verwandelte? Ich darf anfügen, daß ein Pfund von diesem Zeug ungekocht drei Shilling kostet – was du gütigerweise als ein gewichtiges Argument ansehen mögest.«
    »Das ist allerdings merkwürdig«, sagte Parker. »Ich könnte mir vorstellen, daß nur reiche Leute –«
    »Reiche oder solche, für die das Essen zu den schönen Künsten zählt«, sagte Wimsey. »Diese beiden Gruppen sind keineswegs identisch, wenn sie sich auch hier und da überlappen.«
    »Könnte wichtig sein«, meinte Parker, der die Beweisstücke sorgfältig wieder einwickelte. »Aber jetzt sollten wir uns mal die Leiche ansehen gehen.«
    Die Leichenschau war keine erfreuliche Angelegenheit, denn das Wetter war feucht und warm gewesen, und daß es dort Wiesel gab, sah man auch. Wimsey ließ schon nach einem kurzen Blick die beiden Polizisten allein weitermachen und widmete sich lieber der Handtasche der Toten. Er las den Brief von Evelyn Gotobed (jetzt Evelyn Cropper) rasch durch und notierte sich ihre kanadische Adresse. In einer Innentasche fand er einen Zeitungsausschnitt mit seinem Inserat, und dann machte er sich Gedanken über die Fünfpfundnote, die zusammengefaltet zwischen einer Zehnshillingnote, ein paar Silber- und Kupfermünzen im Werte von sieben Shilling und acht Pence sowie einem Hausschlüssel und einer Puderdose gesteckt hatte.
    »Sie haben sicher die Herkunft des Geldscheins schon prüfen lassen, Walmisley?«
    »O ja, Mylord, gewiß.«
    »Und der Schlüssel gehört sicher zur Unterkunft des Mädchens.«
    »Zweifellos. Wir haben die Zimmerwirtin gebeten, hierherzukommen und die Leiche zu identifizieren. Nicht daß es Zweifel an der Identität gäbe, aber Vorschrift ist Vorschrift. Vielleicht kann sie uns auch weiterhelfen. Ah!« – der Kriminalrat sah zur Tür hinaus – »das muß sie wohl schon sein.«
    Die pummelige, mütterliche Frau, die in Begleitung eines sehr jugendlichen Polizisten einem Taxi entstieg, identifizierte die Tote unter Schluchzen, doch ohne Schwierigkeiten als Bertha Gotobed. »So ein nettes junges Mädchen!« jammerte sie. »Nein, wie schrecklich, wie schrecklich! Wer kann denn so etwas nur tun? Ich habe mir ja die ganze Zeit solche Sorgen gemacht, seit sie vorigen Mittwoch nicht nach Hause gekommen ist. Und wie manches Mal habe ich mir schon gesagt, hätte ich mir doch lieber die Zunge abgebissen, als ihr dieses gemeine Inserat zu zeigen. Ah, ich sehe, Sie haben es da, Sir. Ist es nicht furchtbar, daß es Leute gibt, die junge Mädchen mit solch verlogenen Versprechungen weglocken? So ein niederträchtiger Lump – und nennt sich auch noch Rechtsanwalt! Und als sie nicht kam und nicht kam, da habe ich diesem Halunken geschrieben, daß ich ihm auf der Spur bin und ihm die Polizei auf den Hals hetzen werde, so wahr ich Dorcas Gulliver heiße! Mich hätte er nicht hereingelegt – ich bin ja wohl auch nicht das, worauf er’s abgesehen hat, wo ich nächsten Johanni schon

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