Lord Schmetterhemd im wilden Westen
daher rasch dahin.
Aber
dies waren sowieso flüchtige Gefühle, denn Mr. Coolwater ließ mich kaum zum
Nachdenken kommen. Er hüpfte munter aus seinem Wagen, warf Cookie Pott die
Zügel seines Pferdes zu, zog fast gleichzeitig die Reisetasche unter dem Sitz
hervor, in welchem sich wohl das Nachtzeug des Ehepaares befand — und ich
reichte Mrs. Coolwater die Hand, um ihr über die nachfedernde Trittstufe
hinabzuhelfen.
»Bring
das Roß in den Stall«, raunzte Coolwater Cookie Pott auf eine herrische Weise
an, die dieser nicht gewöhnt war. Und er fuhr fort: »Wir brauchen es ja nicht
vor morgen früh. Nicht vor morgen früh, wenn die Sonne hoch am Himmel steht,
Mylord, ob nun über oder hinter den Wolken. Trotzdem wollen wir unser neues
Heim so rechtzeitig verlassen, daß wir pünktlich in die Kirche kommen. Wir
versäumen am Sonntag niemals, in die Kirche zu gehen, Mylord. Ich würde es
Ihnen auch empfehlen... vielleicht verzieht sich dann der angebliche Spuk von
selbst! — Nun, aber ich bin nicht Ihr Beichtvater .«
Mrs.
Coolwater faltete gottesfürchtig die Hände und senkte ihre spitze Nase voll
Demut.
Zufällig
fiel mein Blick auf das Tor. Da war der graubraune, wolfsähnliche Hund, den ich
so oft schon bei Mr. Coolwater gesehen hatte, diesem wahrhaftig gefolgt. Er
verbarg sich zwar hinter der Mauer, steckte aber gerade jetzt seinen Kopf
herein, drehte den Hals um den Türpfosten und lugte nach einem Fleckchen aus,
wo er ungesehen bleiben konnte.
»Warum
bringen Sie diesen Hund mit, Mr. Coolwater ?« Ich war
unangenehmer berührt als notwendig.
Coolwater
polterte: »Scher dich weg, fort, husch! husch! — Wahrhaftig, ich weiß nicht,
warum uns dieses Biest auf Tritt und Schritt folgt. Es gelingt mir kaum, es zu
vertreiben...« Der Große Koyote hörte zwar nicht auf Mr. Coolwaters Zurufe, und
ich glaube, daß er auch gute Gründe dafür hatte. Um so heftiger reagierte er aber dann auf ein kurzes, bedrohliches Bellen — er
zuckte, verschwand hinter der Mauer und war nicht mehr zu sehen.
Das
war Onkel Berni, dachte ich, ein wenig besorgt. Und Coolwater schaute mich auch
gleich prüfend an und fragte mit einem verkniffenen Grinsen: »Sie haben Ihren
großen Hund immer noch, Mylord? Sollte er es etwa sein, der uns die Nacht auf
Bloodywood-Castle zur Hölle macht, so nehmen Sie zur Kenntnis, daß ich
bewaffnet bin und ohne Warnung auf jeden schieße, der mich angreift !« Er zeichnete mit seiner Pistole vor meiner Nase erregte
Zickzacklinien.
»Ich
würde meine Wette schon verloren geben, wenn ich sie nur auf einen Hund
gegründet hätte«, bemerkte ich, >einen< und >Hund< besonders
betonend. Mochte Mr. Coolwater davon halten, was er wollte.
Cookie
Pott führte das Ehepaar ins Gästezimmer, welches sich im gleichen Stockwerk wie
mein Schlafraum befand, also über dem Kamin- und Speisezimmer. Etwas später
kamen die beiden herab, um an meiner Tafel das Abendmahl einzunehmen.
Es
dämmerte bereits, und die Dunkelheit fiel schnell ein. Cookie hatte daher die
Kerzen entzündet.
Coolwaters
ließen sich am Tisch nieder, sie schlürften die Suppe, vertilgten den Braten
mit ebenso prächtigem Appetit wie schlechten Tischmanieren. Allerdings
schmatzte nur Mr. Coolwater wie ein Eber, während seine Gattin sich eher durch
ein übervornehmes, geziertes Benehmen lächerlich machte.
Übrigens
rührte Coolwater keinen Tropfen Alkohol an, denn er wollte, wie er rülpsend
bemerkte, klaren Kopf behalten. Schon überlegte ich, ob es zweckmäßig wäre, die
beiden durch Gespenstergeschichten nach und nach vorbereitend zum Gruseln zu
bringen, als plötzlich mit einem kräftigen Luftzug die Tür aufsprang. Die
Kerzen flackerten, und wir alle schraken auf. Durch die Öffnung bewegte sich,
ohne daß Füße, tragende Hände oder Gestalten zu sehen gewesen wären, ein
schwarzer Sarg in die Stube. Er schob sich langsam um die Ecke, scharrte und
schleifte über den Fußboden und rutschte mit der Langsamkeit einer Schnecke auf
unseren Tisch zu.
Mrs.
Coolwater erbleichte. Ich sprang auf, auch Mr. Coolwater hüpfte in die Höhe und
stieß seinen Stuhl um. Er bewahrte aber Fassung und schrie nur mich an: »Das
ist ein dummer Scherz, Mylord !«
Mrs.
Coolwater starrte auf den schwarzen Sarg, der genau auf sie zugeschliddert kam.
»Sag ihm, er soll weggehen«, stieß sie endlich unter heftigen, kurzen
Atemstößen hervor. Der Sarg scharrte über die Fliesen.
Mr. Coolwater brüllte:
»Cookie Pott !« Vermutete
er, daß dieser hinter
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