Lord Stonevilles Geheimnis
Perlenkette, die er dir geschenkt hat, sei ein Vermögen wert.«
Mr Pinter horchte auf.
Maria sah Freddy verärgert an. »Sei nicht albern! Seine Lordschaft meinte selbst, er hätte sie längst verkauft, wenn sie so viel wert wäre.«
»Lady Celia sagte, er habe sich all die Jahre nicht von der Kette trennen können. Nur den Schmuck, den sein Vater gekauft hat, hat er veräußert. Diese Perlenkette jedoch hat Mrs Plumtree seiner Mutter anlässlich ihrer Einführung in die Gesellschaft geschenkt, und das ist der Grund, weshalb sie ihm so viel bedeutet.«
Maria bekam eine ganz trockene Kehle. »Celia muss sich irren«, sagte sie leise. »Du musst da etwas missverstanden haben.«
Aber tief in ihrem Herzen wusste sie, dass Freddy die Wahrheit sagte, und sie bekam immer stärkere Gewissensbisse wegen ihrer überstürzten Abreise. Sie war feige gewesen. Sie hätte es Oliver ins Gesicht sagen müssen, dass sie ihn nicht heiraten wollte.
Doch im Grunde hatte sie seinen Antrag bereits in der vergangenen Nacht abgelehnt. Er hatte es nur nicht wahrhaben wollen und war einfach darüber hinweggegangen. War es tatsächlich feige, die Flucht anzutreten, wenn man nicht die nötige Stärke besaß, um an seinen Grundsätzen festzuhalten?
Leider veranlasste Freddys Enthüllung Mr Pinter dazu, sie abermals nach der Sondergenehmigung zu fragen. Als sie ihm unmissverständlich klargemacht hatte, dass sie nicht mehr über Oliver sprechen wollte, verstummte das Gespräch schließlich.
Mr Pinter hielt es wahrscheinlich für töricht, dass sie versuchte, einen Mann von hohem Stand wie Oliver zu schützen, doch das kümmerte sie nicht. Es brach ihr jedes Mal aufs Neue das Herz, wenn sie daran dachte, wie Oliver jahrelang wegen der tragischen Umstände des Todes seiner Eltern gelitten hatte.
Als sie in Southampton eintrafen, war es zwei Uhr in der Nacht. Maria hätte Nathan am liebsten sofort in seinem Quartier aufgesucht, doch Mr Pinter riet ihr davon ab. Sie müsse sich erst einmal ausruhen, bevor sie ihren Verlobten zur Rede stellte, sagte er, und Maria musste sich eingestehen, dass er recht hatte. Sie war in ihrem ganzen Leben noch nie so müde gewesen.
Zum Glück gab es in einem der Gasthäuser noch freie Zimmer, und Mr Pinter konnte eins für Maria und eins für sich und Freddy mieten. Bevor sie sich von den beiden trennte, nahm sie Mr Pinter kurz zur Seite und wies ihn an, sie früh am Morgen zu wecken und Freddy schlafen zu lassen. Sie wollte nicht, dass er sie mitsamt seinem Schwert zu Nathan begleitete.
Dann ging Maria auf ihr Zimmer, wo sie ohne ihre Kleider abzulegen aufs Bett sank und alsbald in einen traumlosen Schlaf fiel.
Als sie von einem lauten Klopfen an der massiven Eichentür geweckt wurde, kam es ihr vor, als wären nur wenige Minuten vergangen. Doch das trübe Grau des anbrechenden Tages, das verloschene Feuer und die Eiseskälte im Zimmer belehrten sie eines Besseren.
»Miss Butterfield?«, rief Mr Pinter von draußen. »Sie wollten um sieben geweckt werden. Ich habe das Zimmermädchen mitgebracht, damit es Ihnen behilflich ist.«
»Danke!«, entgegnete sie, kroch unter der Decke hervor und tappte auf Strümpfen zur Tür, um ein griesgrämig dreinblickendes Mädchen einzulassen. Dann streckte sie den Kopf aus der Tür und sagte zu Mr Pinter: »Ich bin gleich unten!«
Das Zimmermädchen, das es offensichtlich gewohnt war, sich um Reisende zu kümmern, die es eilig hatten, half Maria rasch, ihre Garderobe zu wechseln und in ihr schwarzes Kleid zu schlüpfen. Augenblicklich sehnte sie sich nach ihren hübschen neuen Kleidern – ganz zu schweigen von Betty und ihrer unterhaltsamen, liebenswürdigen Art.
Hör auf damit! , tadelte sie sich. Wenigstens lebst du jetzt keine Lüge mehr. Du bist wieder du selbst!
Aber war sie tatsächlich sie selbst, wenn es ihr Herz an einen anderen Ort zog? Auf Halstead Hall wäre sie in ihrem prächtigen Prinzessinnenbett aufgewacht und würde darauf warten, dass Betty ihr eine heiße Schokolade und ein paar Scheiben Toast brachte, bevor sie zum Frühstück mit der Familie hinunterging. Sie würden über das Gut plaudern, während Betty ihr half, sich vor dem prasselnden Kaminfeuer anzukleiden. Sie würde sich darauf freuen, Oliver zu sehen …
Ach, es war zwecklos. Sie konnte nicht aufhören, an ihn zu denken. Dabei musste sie sich jetzt dringend auf das konzentrieren, was sie Nathan, diesem Verräter, sagen wollte, wenn
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