Lord Tedric 01 - Lord Tedric
zweijährigen harten Ausbildung an der Akademie, war der Eintritt in den aktiven Dienst etwas Besonderes, etwas lang Ersehntes. Tedric konnte sich vorstellen, was sie erwartet hatten: etwas Außergewöhnliches, Erregendes, Abenteuer und Ruhm. Der erste Eindruck mußte sie enttäuschen: enge Korridore, kleine Kabinen, schlechte Beleuchtung, verschlissene Möbel. Obwohl Tedric die hohen Erwartungen der anderen nicht geteilt hatte, verstand er doch die Enttäuschung seiner Kameraden. Er vermutete, daß auch Nolan ähnlich empfand, doch diesem gelang es wie gewöhnlich, seine wahren Gefühle hinter einem arroganten Gesichtsausdruck zu verbergen.
Spielerisch steckte Nolan einen Finger durch ein Loch in der Lehne seines Sessels und flüsterte Tedric zu: »Vielleicht können wir unseren neuen Freund, Keller III, dazu bewegen, diesen Sessel zu reparieren.«
»Glauben Sie, daß er uns persönlich zugeteilt ist?«
Nolan zuckte die Schultern. »Das bezweifle ich, doch er scheint so zu denken, und vielleicht ist es auch so. Mein Leben hat sich total geändert, seit sie mir den alten Traynor weggenommen haben.«
Schmunzelnd erinnerte sich Tedric daran, wie sehr sich Nolan in den letzten Tagen auf der Akademie darüber beklagt hatte, daß man die persönlichen Bediensteten der Kadetten nach Hause entlassen hatte.
Das Warten auf das Erscheinen des Kapitäns zog sich in die Länge. Nolan langte in die Tasche seiner silbernen Uniform, zog ein Päckchen mit streng verbotenem Tabak heraus und bot Tedric ein Stück davon an. Tedric lehnte dankend ab, Nolan biß ein kräftiges Stück davon ab und kaute genüßlich darauf herum. Tedric vertrieb sich die Zeit, indem er die Männer um sich herum beobachtete. Er spürte, wie sehr sich die Situation seit ihrer Entlassung aus der Akademie verändert hatte und wünschte, er könnte jetzt die Gedanken der Männer lesen.
Plötzlich, ohne Vorwarnung, öffnete sich in der rechten Wand des Raumes eine Tür und ein untersetzter, bleichgesichtiger Mann in einer zerknitterten silbernen Uniform trat ein. Er hatte den weit ausholenden Gang eines erfahrenen Raumfahrers, und Tedric benötigte eine ganze Weile, bis ihm klar wurde, daß dieser seltsame Mensch der Kapitän sein mußte.
Der Mann blieb dicht bei der Tür stehen. Hinter ihm betrat eine zweite Person den Raum, und Tedric sah, wie Nolans Augen sich vor Erstaunen weiteten. Bald schon verstand er, warum. Die zweite Person war Matthew Carey. Er beugte sich über die Schulter des Kapitäns und flüsterte ihm vertraulich etwas ins Ohr. Der Kapitän schüttelte den Kopf, wieder wisperte Carey etwas, und diesmal nickte der Kapitän bereitwillig.
»Gentlemen«, wandte er sich an die Versammlung, wobei er sich jedoch in seiner Haut nicht wohl zu fühlen schien und nach Worten suchte, »als Ihr Kapitän möchte ich der erste sein, um Sie an Bord des Flottenkreuzers Adlerauge Ihrer Majestät willkommen zu heißen. Wie die meisten von Ihnen wissen dürften, ist dieses Schiff in den Fabriken Ihres Korpskameraden Matthew Carey entworfen und gebaut worden. Während der letzten Tage war Leutnant Carey hier an Bord der Adlerauge mein Gast, und während dieser Zeit haben wir immer wieder die Einzelheiten der sehr schweren Aufgabe, die vor uns liegt, durchdiskutiert. Leutnant Carey hat sich freundlicherweise bereiterklärt, mit mir hierher zu kommen ...«
Nolan schnaubte entrüstet.
»... um mir dabei behilflich zu sein, Ihnen die Einzelheiten der vor uns liegenden Mission zu erläutern. Sobald ich Ihnen die Sachlage erklärt habe, stehen wir beide, Leutnant Carey und ich, Ihnen gern für weitere Fragen zur Verfügung.«
Tedric wußte, daß Nolan vor ohnmächtigem Zorn über diese öffentliche Respektbezeugung des Kapitäns Carey gegenüber mit den Zähnen knirschen mußte, doch hatte sich letzten Endes wenigstens das Geheimnis gelüftet, wo Carey geblieben war. Offensichtlich war er, nachdem er gemeinsam mit den anderen Kadetten den Planeten Nexus in der Fähre verlassen, hatte, unterwegs umgestiegen und mit einem schnelleren Schiff zur Adlerauge vorausgeflogen. Doch aus welchem Grund? Auf diese Frage wußte Tedric im Moment keine Antwort. Er würde seine Augen offenhalten, warten und die vielen Mysterien, die ihn umgaben, mit seiner Erfahrung zu lösen suchen.
»Ich darf euch John Maillard vorstellen«, hob Carey an, »und erwarte von euch, daß ihr ihm den seinem Dienstgrad, seiner Autorität und seiner Erfahrung entsprechenden Respekt entgegenbringt,
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