Lord Tedric 01 - Lord Tedric
eine Droge, doch Tedric war auf der Hut. Er wußte genau, daß er nicht sterben wollte, und hoffte das gleiche von den anderen.
Die Helligkeit über ihm blendete ihn wie ein greller Blitz. Er schrie vor Schmerz auf, doch dann dämmerte ihm langsam, was er gesehen hatte. Diese helle Scheibe über seinem Kopf war – es mußte so sein – die Sonne. Sie waren der ewigen Nacht entkommen, ein heller Morgen beglückwünschte sie zu ihrer Rückkehr ins Leben.
Tedric packte den nächsten Handgriff, hielt sich mit einer Hand daran fest und bedeckte mit der anderen seine Augen. Einen langen Augenblick hing er dort, während ihn das starke Gefühl der Freude und Erleichterung überwältigte. Vorsichtig entfernte er die Hand vor seinen Augen, schaute blinzelnd nach oben und untersuchte die Schachtwand über sich. Die Handgriffe schienen hier in regelmäßigeren Abständen angebracht zu sein. Er beschloß, sich nacheinander an ihnen emporzuarbeiten, bis er den Schachtausgang erreicht hatte. Er ließ seinen Halt los, ließ sich von der Luft zum nächsten Handgriff emportragen, stoppte wieder und stieg dann zum nächsten auf.
Der letzte Handgriff, etwa dreißig Meter unterhalb des Schachtausganges, war direkt neben einer Stahlleiter angebracht. Vorsichtig kletterte Tedric an ihr empor und rollte sich, als er die letzte Sprosse erreicht hatte, über den Schachtrand nach draußen. Dort blieb er eine Zeitlang auf dem Rücken liegen, er spürte dankbar den kalten, frischen Wind, der ihm ins Gesicht blies. Er lebte, er war frei.
Langsam kehrten seine Kräfte zurück. Tedric erhob sich und schaute sich um. Verrottete Loren und verlassene Schuppen umgaben ihn, überall lag vom Rost zerfressenes Arbeitsgerät herum, doch nirgendwo gab es ein Anzeichen von Leben. Er beschloß, auf die anderen zu warten und erst dann die Gegend näher zu untersuchen. Seine Sinne blieben wachsam, doch nichts rührte sich. Hoch über ihm schrie ein Vogel, Insekten zirpten, nichts störte den Frieden.
Als erster kam Keller. Im Gegensatz zu Tedric hatte er seinen Aufstieg während der letzten Meter nicht verlangsamt, er schoß wie eine Kugel aus einem antiken Gewehr aus der Schachtöffnung. Tedric fing ihn auf und hielt ihn fest, Keller lachte und schrie: »Wir haben es geschafft, Sir! Wir haben es geschafft! War ich nicht gut? Wir haben einen Ausweg gefunden!«
Zusammen warteten sie auf Nolan, der ebenso wie Keller aus dem Schacht flog. Keller fing ihn auf, und die beiden Männer schlugen sich auf die Schultern und vollführten einen Freudentanz. Nur Tedric stand am Schachtrand und wartete auf Jania. Besorgt spähte er in die nachtschwarze Tiefe, doch nichts tat sich da.
Ernüchtert trat Keller zu ihm und sagte mit besorgter Stimme: »Das ist wieder typisch für sie, Sir, sie brauchte schon immer ihre Zeit, riskiert nicht, wie Leutnant Nolan oder ich, sich den Hals zu brechen, nur weil wir es nicht abwarten konnten.«
Doch diese Erklärung erwies sich als unrichtig. Jania kam nicht, Keller blieb bei seiner Behauptung, daß sie ihm gefolgt war.
»Sie saß in der Türöffnung zum Schacht, als ich an ihr vorbeiflog. Ich habe ihr noch zugewinkt, dann habe ich sie nicht mehr gesehen.«
Bei seinem Aufstieg hatte er Nolan überholt, doch Jania war auch während der verschiedenen Etappen ihres Aufstieges nicht mehr aufgetaucht.
Keller wollte wieder hinunter, um sie zu suchen. Tedric verstand diesen Wunsch, hielt ihn aber zurück.
»Entweder lebt sie noch, dann wird sie auch kommen, oder sie ist tot, dann können wir auch nichts mehr ändern.«
Doch Keller war Vernunftgründen nicht mehr zugänglich. Mit aller Macht wollte er in den Schacht zurück, und Tedric mußte ihn mit Gewalt zurückhalten. Keller wehrte sich heftig, dann sackte er in sich zusammen und weinte haltlos.
Auch Tedric spürte, daß Jania tot war, und dieser Gedanke tat ihm weh. Zum ersten Mal in seinem Leben erlebte er den Tod eines guten Freundes. Es stimmte, daß sie sie gefangengenommen hatte, es stimmte, daß sie verbittert und voller Haß gewesen war. Doch er hatte sie gemocht und bewundert und, was das Ganze nur noch verschlimmerte, ihr Tod war vollkommen sinnlos.
Tedric verspürte den gleichen Ekel wie zu dem Zeitpunkt, als er den ersten Angreifer auf diesem Planeten niedergestreckt hatte. Es war wie ein physischer Schmerz, doch viel stärker diesmal. Er empfand nicht nur Entsetzen über Janias plötzlichen Tod, sondern auch Gram und Trauer.
Dieses Gefühl hatte Tedric noch nie
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