Lord Tedric 02 - Raumpiraten
eine solche Fähre bot die einzige Möglichkeit, schneller als die Linienschiffe zwischen den Sternen hin und her zu reisen. Der Flug von Milrod zur Erde dauerte bei dieser Geschwindigkeit nur fünfzehn Normal-Tage, doch auch das war Melor Carey noch zu langsam. »Verdammt«, dachte er, wie kann ich ein Problem lösen, wenn ich nicht einmal dabei bin? Sein Problem lag auf der Erde, doch Melor Carey befand sich noch im Raum. Und warten müssen war eins der Dinge im Leben, die er am meisten haßte.
Matthew, sein Sohn, befand sich zwar auf der Erde, doch Melor hatte kein Vertrauen zu ihm. Matthew war ein Produkt seiner eigenen Gene, und Melor glaubte inbrünstig an die unerbittliche Verschlechterung der Gene in der Vererbungslehre. In seinen Augen war es unmöglich, daß ein Sohn, der einen berühmten Vater hatte, die gleichen guten Anlagen besaß wie dieser. Seine Meinung entbehrte zwar jeglicher wissenschaftlichen Grundlage, war deshalb aber nicht weniger starr. Und sie bedeutete für Melor Carey fortwährenden Streß: Seine Lebensdauer setzte der Verwirklichung seiner Ziele Grenzen. Zeit seines Lebens war er sich darüber klar, daß er sich beeilen mußte. Deswegen dauerte ihm die Reise zu lange, war ihm die Fähre zu langsam. Sie krebste hier zwischen den Sternen herum, während die Lage auf der Erde sich dramatisch zuspitzte.
Schon einmal war Melor seinen Grundsätzen untreu geworden, als er Matthew Carey nach Evron 11 geschickt hatte, anstatt selbst dorthin zu reisen und die Sache in die Hand zu nehmen. Aus irgendwelchen Gründen, die er nie begriff, hatten dort zwei Männer, Tedric und Philipp Nolan, seine Pläne durchkreuzen können, und er gab die Schuld dafür seinem Sohn Matthew. Wäre er selbst dort gewesen, wäre es nie zu einem Eingreifen von Außenseitern gekommen, und keine revolutionäre Kraft würde jetzt seine mühsam errichtete Kontrolle über das Empire bedrohen.
Er fürchtete Tedric und Nolan nicht. Wo immer sie jetzt sein mochten, nachdem sie auf unerklärliche Weise aus dem kaiserlichen Gefängnis entflohen waren, bedeuteten sie für ihn im Moment keine Gefahr. Dagegen störte es ihn sehr, daß sich die Situation nicht gemäß seinen lange vorbereiteten Plänen und Vorstellungen entwickelte. Matthew war nur zum Teil in diese Pläne eingeweiht, kannte nicht ihre volle Tragweite. Die übersah nur ein einziger Mann im Empire: Melor selbst. Er war nicht der Typ Mann, der einem so geistlosen und unbedarften Partner wie seinem einzigen Sohn vertraute.
Die Fähre war die kleinste – und trotzdem schnellste – die je gebaut worden war. Zusammen mit Melor Carey saß nur ein einziger Begleiter in dem engen Cockpit: ein Robot-Pilot, geistig beweglich konstruiert und programmiert, der die Kontrollen des Schiffes überwachte. Das Gute an Robotern war, daß sie niemals redeten, solange man sie nicht ansprach. Und Melor Carey hatte kein einziges Wort während der bisher siebentägigen Reise an ihn gerichtet. Im Augenblick saß er in einem bequemen Sessel im hinteren Teil des Cockpits und beobachtete den Roboter desinteressiert bei seiner Arbeit.
Im stillen verfluchte er den Imperator. Den früheren Imperator, den verstorbenen Kane IV, dem Melor zweimal in seinem Leben begegnet war. Er versuchte, sich den Mann vorzustellen. Halt – dieses Wort drängte sich ihm automatisch auf, so oft er an Imperator Kane dachte: Ein alter Mann, obwohl er in Wirklichkeit sogar zwei Normaljahre jünger war als Melor. Der Imperator war ein klassisches Beispiel für die genetische Wertminderung und wachsende Dekadenz. Mehr als tausend Jahre hatte seine Familie die absolute Herrschaft über das Imperium ausgeübt. Melor kannte die Geschichte des Hauses Kane besser als sonst jemand. Er wußte, daß Shorter II. das imperiale Gesetzbuch geschrieben hatte, daß Terran der Große eine Flotte von Kriegsschiffen in das Wykzlterritorium geführt hatte und, nachdem er fünf Planeten ausgelöscht hatte, siegreich zurückgekehrt war. Er hatte die Stärke der früheren Imperatoren nie in Frage gestellt, doch er kannte Kane IV. und den Kronprinzen und er hielt diese beiden für das beste Beispiel, wie die Verschlechterung der Gene innerhalb von tausend Jahren große Klugheit in Dummheit umwandeln konnte.
Kane IV. hatte den Thron bestiegen, nachdem sein Großvater gegen Ende des Wykzlkrieges abgedankt hatte. Carey war ihm damals zum ersten Mal begegnet, und als Kane – schon damals sah er alt aus –, den letzten großen Helden des
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