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Lords und Ladies

Lords und Ladies

Titel: Lords und Ladies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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eine Straße über den Hang nach Lancre, aber Esme kannte auch noch andere Wege, die zwischen den Bäumen verliefen und mehr Diskretion in Aussicht stellten.
    »Sie will also nicht, daß ich dorthin gehe, wie?« brummte sie im Selbstgespräch. »Nun, mal sehen…«
    »Dorthin?« wiederholte Ridcully. »Was meinst du damit?«
    »Keine Ahnung«, erwiderte Oma. »Ich weiß nur eins: Wenn sie nicht will, daß ich dorthin gehe, dann gehe ich dorthin. Allerdings… Ich habe nicht damit gerechnet, daß du hier auftauchst und plötzlich Frühlingsgefühle kriegst.«
    Ridcully wrang seinen Mantel aus, von dem sich einige Pailletten gelöst hatten. Er nahm den Hut vom Kopf und schraubte die Spitze ab.
    Hüte empfangen morphische Vibrationen. Der Hut eines früheren Erzkanzlers hatte für ziemliche Unruhe in der Unsichtbaren Universität gesorgt, weil er aufgrund der vielen magischen Schwingungen auf den Häuptern von Zauberern eine eigene Persönlichkeit entwickelte. Ridcully hatte Vorsorge getroffen, indem er seinen Hut nach bestimmten Angaben von einem vollkommen verrückten Hutmacher in Ankh-Morpork anfertigen ließ.
    Es war kein normaler Zaubererhut. Nur wenige Zauberer haben jemals Verwendung für die Spitzen ihrer Hüte gefunden; ihr Einfallsreichtum beschränkte sich höchstens darauf, ein Paar Socken darin zu verstauen.
    Ridcullys Hut hingegen verfügte über kleine Schränke. Er hatte eingebaute Überraschungen. Zu seiner Ausstattung gehörten zum Beispiel vier ausziehbare Beine, über die man eine Rolle Ölhaut aus der Krempe ziehen konnte, um so ein kleines Zelt zu bilden. Hinzu kamen ein kleiner Spirituskocher sowie Innentaschen mit diversen eisernen Rationen. Die abgeschraubte Spitze enthielt alkoholische Getränke für Notfälle. Mit anderen Worten: Sie wurden benötigt, wenn Ridcully Durst hatte.
    Die hohle Spitze selbst diente als Becher, und der Erzkanzler bot sie Oma an.
    »Brandy?« fragte er.
    »Was hast du da auf dem Kopf?«
    Ridcully tastete behutsam danach.
    »Äh…«
    »Riecht nach Honig und Pferdeäpfeln. Und was ist das für ein Ding?«
    Ridcully griff nach dem kleinen Käfig. Er enthielt eine Tretmühle und eine komplexe Vorrichtung aus Glasstäben. Außerdem waren nicht nur zwei Futternäpfe zu sehen, sondern auch eine haarige und derzeit recht nasse Maus.
    »Oh, eine, äh, Idee der jungen Zauberer«, sagte Ridcully verlegen. »Ich habe mich angeboten, die Sache… für sie auszuprobieren. Das Maushaar reibt an den Glasstäben, und dadurch gibt’s Funken, ja, und… und…«
    Oma Wetterwachs betrachtete das nicht mehr ganz saubere Haupt des Erzkanzlers und wölbte eine Braue.
    »Meine Güte«, kommentierte sie. »Was mag den Burschen als nächstes einfallen?«
    »Eigentlich weiß ich gar nicht, wie’s funktioniert, Stibbons ist für so was zuständig, und ich wollte ihm nur ein wenig behilflich sein und so…«
    »Welch ein Glück, daß du rein zufällig eine Glatze bekommst, wie?«
     
    In der Dunkelheit ihres Zimmers öffnete Diamanda die Augen – die sich verändert und einen perlmuttenen Glanz angenommen hatten.
    Ein Lied erklang, gerade an der Schwelle des Hörvermögens.
    Die Welt war anders. Ein Teil des erwachten Selbst blieb Diamanda, spähte durch den Dunst der Magie und sah eine Welt, die aus dünnen silbernen Linien bestand. Jene fadenartigen Gebilde bewegten sich ständig und vermittelten den Eindruck, daß alles eine Filigranpatina trug. Alles – bis auf Eisen beinhaltende Bereiche.
    Das Mädchen schlüpfte aus dem Bett und schützte seine Hand mit einem Zipfel des Lakens, als es nach der Klinke griff und die Tür öffnete.
     
    Shawn Ogg stand ziemlich stramm.
    Derzeit bewachte er das Schloß und fand heraus, wie lange er auf einem Bein stehen konnte.
    Dann fiel ihm ein, daß sich so etwas nicht für jemanden ziemte, der die Kampfkunst beherrschte. Daraufhin veränderte er die Position und ahmte Nummer 19 nach, »der doppelte Sprungtritt der fliegenden Chrysantheme«.
    Nach einer Weile hörte er etwas. Das Geräusch schien einen Rhythmus zu haben und erinnerte ihn vage an eine zirpende Heuschrecke. Es kam aus dem Schloß.
    Langsam drehte er sich um und blieb wachsam – für den Fall, daß feindliche Horden aus dem Ausland angriffen, während er ihnen den Rücken zukehrte.
    Shawn überlegte. War seine Pflicht, das Schloß vor Dingen zu schützen, die sich darin befanden? Nein, wohl kaum. Gefahr drohte meistens von außerhalb. Deshalb die Mauern und Zinnen und so. Er dachte an das

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