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Lords und Ladies

Lords und Ladies

Titel: Lords und Ladies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Galerie
    war… lang. Sie teilte gewisse Eigenschaften mit dem Großen Saal und
    den Tiefen Kerkern. Diese Namen kamen exakten Beschreibungen
    gleich.
    Magrat fragte sich, wie viele Tonnen Stoff nötig waren, um die Galerie
    mit einem Teppich auszustatten.
    »Warum?« Sie richtete diese Frage an die eigene Adresse – in Millies
    Gesel schaft hatte sie ohnehin das Gefühl, dauernd Selbstgespräche zu
    führen. »Warum ein Schloß in Lancre? Wenn es hier jemals zum Kampf
    kommt, so am Samstagabend vor der Taverne.«
    »Weiß nicht, Gnäfrau«, sagte Millie.
    Magrat seufzte einmal mehr.
    »Wo ist der König heute?«
    »Eröffnet das Parlament, Gnäfrau.«
    »Das Parlament! Ha!«

    Dabei handelte es sich um eine weitere Idee des jungen Verence. Er
    versuchte, die ephebianische Demokratie in Lancre einzuführen, indem
    er jedem Bürger eine Stimme gab. Nun, nicht jedem, nur jenen, »die einen guten Rufe genießigen, männlichen Geschlechts sowie mindestens vierzig Jahre alt sind und ein Hauß* besitzen, das mindestens dreieinhalb Ziegen pro Jahr wert isset«. Der König sah keinen Sinn darin, das Stimmrecht Leuten zu geben, die dazu
    neigten, Verbrechen zu verüben und dumm oder gar weiblichen Ge-
    schlechts zu sein. Solche Personen würden nur unverantwortlich damit
    umgehen. Das neue System funktionierte, mehr oder weniger, folgen-
    dermaßen: Die Mitglieder des Parlaments erschienen nur dann im Ver-
    sammlungssaal, wenn sie Lust dazu verspürten; niemand führte Proto-
    kolle; und nie wurde Kritik an Verence laut, denn immerhin war er der
    König. Wenn man einen König hat, so braucht man nicht selbst zu re-
    gieren – so lautete das Motto der Mitglieder des Parlaments. Sol te er
    ruhig seine Pflichten erfül en, trotz seiner orthographischen Probleme.
    Niemand forderte ihn auf, Dächer zu decken oder Kühe zu melken, nicht wahr?
    »Ich langweile mich, Millie«, sagte Magrat. »Ich langweile mich. Vielleicht sollte ich draußen im Garten spazierengehen.«
    »Möchtest du, daß ich Shawn Bescheid gebe, Gnäfrau? Damit er die
    Trompete holt?«
    »Das läßt du besser, wenn dir was an deinem Leben liegt.«
    Nicht alle Gärten waren für landwirtschaftliche Experimente umgestal-
    tet worden. Zum Beispiel: Der Kräutergarten existierte nach wie vor.
    Magrat kannte sich mit solchen Dingen aus und wußte daher, daß es sich
    um einen eher armseligen Kräutergarten handelte: Er enthielt nur Pflan-
    zen, die dazu dienten, Speisen Geschmack zu verleihen. Unglücklicher-
    weise begann Frau Scorbics Repertoire bei Minze und Salbei – und ende-
    te dort auch. Es fehlten Eisenkraut, Schafgarbe oder Des Alten Mannes
    Hose.
    Und dann das berühmte Labyrinth. Beziehungsweise das Irgend-wann-
    wird’s-berühmt-sein-Labyrinth. Verence hatte es gepflanzt, weil er den
    Standpunkt vertrat, daß ein richtiges Schloß ein ordentliches Labyrinth

    * Auch mit der königlichen Rechtschreibung haperte es ein wenig.

    brauchte. Und tatsächlich: Wenn die Hecken erst höher waren als die
    derzeitigen dreißig Zentimeter, mochten sie ein prächtiges Labyrinth
    bilden, in dem man die Orientierung verlieren konnte, ohne sich vorher
    zu bücken und die Augen zu schließen.
    Magrat schritt niedergeschlagen über den Kiespfad, während das lange
    Kleid hinter ihr den Boden fegte.
    In der Nähe schrie jemand, doch Magrat blieb gelassen. Sie hatte sich
    inzwischen an gewisse Gepflogenheiten im Schloß gewöhnt.
    »Guten Morgen, Festgreifaah«, sagte sie.
    Der Falkner des Schlosses spähte um die Ecke und betupfte sich das
    Gesicht mit einem Taschentuch. Auf seinem anderen Arm hockte ein
    Vogel mit Krallen wie Folterinstrumente. Boshaft blickende rote Augen
    starrten über einen messerscharfen Schnabel hinweg zur Fast-Königin.
    »Ich habe einen neuen Falken«, verkündete Festgreifaah stolz. »Ein
    echter Krähenfalke von Lancre. Sind bisher noch nie gezähmt worden.
    Ich habe bereits dafür gesorgt, daß er nicht mehr versucht, mir die Kral-
    len in die Kehle zu bohr – aah…«
    Er schmetterte den Falken mehrmals an die nächste Wand, bis das
    Biest den Schnabel von seiner Nase löste.
    Eigentlich hieß Festgreifaah gar nicht Festgreifaah. Andererseits: Wenn
    Namen dazu hätten dienen sol en, eine Vorstel ung von der betreffenden
    Person zu vermitteln, so wäre »Festgreifaah« durchaus angemessen ge-
    wesen.
    Der Grund dafür: Die Falken in den Käfigen des Schlosses stammten
    al e aus Lancre und zeichneten sich durch eine sehr unabhängige

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