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Lords und Ladies

Lords und Ladies

Titel: Lords und Ladies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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ein.

    »Meinst du den Burschen, der al es in Gold verwandelte, was er be-
    rührte?« fragte Fuhrmann.
    »Nee, das war jemand anders. Irgend’n König oder so. Tja, so was pas-
    siert im Ausland. Im einen Augenblick sind die Dinge in bester Ord-
    nung, und im nächsten verwandelt sich alles in Gold, was man anfaßt.
    Dieser Bursche hat ziemlich darunter gelitten.«
    Fuhrmann wirkte recht nachdenklich.
    »Und wenn er mal mußte? Wie…«
    »Laß dir das eine Lehre sein, junger Fuhrmann«, sagte Bäcker. »Bleib in
    der Heimat, wo die Leute vernünftig sind. Treib dich nicht in der Frem-
    de herum, wo du plötzlich ein Vermögen in den Händen halten könntest
    – ohne es für irgendwas ausgeben zu können.«
    »Wir haben hier die ganze Nacht geschlafen«, stel te Jason beunruhigt
    fest. »Das ist gefährlich.«
    »Da hast du recht, Schmied«, pflichtete ihm Fuhrmann bei. »Ich glau-
    be, etwas hat mein Ohr als Toilette benutzt.«
    »Ich meine, hier schleichen sich einem seltsame Dinge in den Kopf.«
    »Genau das habe ich auch gemeint.«
    Jason blinzelte. Er war ganz sicher, geträumt zu haben. Er erinnerte sich daran. Aber die Einzelheiten des Traums blieben verschwommen. Nach
    wie vor glaubte er zu spüren, wie zwischen seinen Schläfen Stimmen
    erklangen, doch zu weit entfernt, um sie verstehen zu können.
    »Na schön.« Beim dritten Versuch gelang es ihm, auf die Beine zu
    kommen. »Wahrscheinlich ist nichts weiter passiert. Gehen wir nach
    Hause, um herauszufinden, in welchem Jahrhundert wir uns befinden.«
    »Äh, in welchem Jahrhundert sind wir eingeschlafen?« fragte Dachdek-
    ker.
    »In dem des Flughunds, nicht wahr?« entgegnete Bäcker.
    »Aber viel eicht sind wir in einem anderen erwacht«, sagte Fuhrmann
    hoffnungsvol .
    Er mußte eine Enttäuschung hinnehmen. Die Stadt lieferte ihnen die
    Bestätigung dafür, daß sie sich noch im heimischen Jahrhundert befan-
    den. In Lancre konnte man kaum etwas mit Zeiteinheiten anfangen, die

    kleiner waren als eine Stunde und größer als ein Jahr, doch es gab un-
    übersehbare Hinweise, die jeden Zweifel ausräumten: Man schmückte
    den Platz mit bunten Fähnchen, und einige Männer stel ten gerade eine
    Art Maibaum auf. Jemand nagelte ziemlich schlecht gemalte Bilder an die
    Wände. Sie zeigten Verence und Magrat, darunter den Slogan: »Möge
    Gott dasse köhnigliche Paar segnigen«.
    Die Moriskentänzer verabschiedeten sich mit einigen knappen Worten,
    und anschließend ging jeder seines Wegs.

    Ein Hase hoppelte durch den zerrissenen Morgennebel bis zur alten
    schiefen Hütte auf der Waldlichtung.
    An einem Baumstumpf zwischen Abort und Kräutergarten verharrte
    er. Die meisten Tiere des Waldes mieden die Nähe der Kräuter, und
    zwar aus gutem Grund: Wer sie während der vergangenen fünfzig Jahre
    nicht gemieden hatte, bekam keine Gelegenheit, Nachkommen zu zeu-
    gen. Einige Ranken bewegten sich, und das war seltsam, denn es wehte
    gar kein Wind.
    Der Hase hockte sich auf den Stumpf.
    Ein Beobachter hätte jetzt viel eicht den Eindruck von Bewegung ge-
    wonnen. Etwas verließ den Hasen und schwebte zu einem geöffneten
    Fenster empor. Das Etwas war natürlich unsichtbar, zumindest für nor-
    male Augen.
    Das Tier auf dem Baumstumpf veränderte sich. Vorher hatte es ziel-
    strebig gewirkt, doch nun sprang es zu Boden und begann damit, sich die
    Ohren zu putzen.
    Nach einer Weile öffnete sich die Hintertür, und Oma Wetterwachs
    trat steifbeinig nach draußen. Sie stel te einen Napf mit Brot und Milch
    auf die Straße, kehrte dann ins Innere der Hütte zurück und schloß die
    Tür.
    Der Hase hoppelte näher.
    Niemand weiß, ob Tiere verstehen, was es mit Verpflichtungen und
    Transaktionen auf sich hat. Eigentlich spielt es für sie auch gar keine
    Rolle. Das ist eher integraler Bestandteil der Hexerei. Wenn man eine
    Hexe wirklich verärgern möchte, so erweise man ihr einen Gefal en, oh-

    ne daß sie die Möglichkeit hat, sich dafür in irgendeiner Form erkennt-
    lich zu zeigen. In einem solchen Fall läßt ihr die unerfüllte Verpflichtung
    keine Ruhe.
    Oma Wetterwachs hatte sich die ganze Nacht über das Selbst des Ha-
    sen geborgt. Dafür schuldete sie dem Tier etwas, und das bedeutet: Wäh-
    rend der nächsten Tage warteten an der Hintertür mindestens einmal am
    Tag Brot und Milch auf das Langohr.
    Man mußte al es vergelten, so oder so. Es gab mehr als nur eine Art
    von Verpflichtung. Manche Leute begriffen das nie, dachte Oma, wäh-
    rend sie in

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