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Lords und Ladies

Lords und Ladies

Titel: Lords und Ladies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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trinken«, sagte Ridcully.
    Er zog den Postsack vom Dach.
    »Was machen wir hiermit?« fragte er.
    Das Geräusch von Schritten erklang, und als sich der Erzkanzler um-
    drehte, sah er einen jungen, eher kleinen Mann mit fast purpurrotem
    Gesicht. Er trug ein schlechtsitzendes, mehrere Nummern zu großes
    Kettenhemd, wirkte dadurch wie eine Eidechse, die innerhalb kurzer
    Zeit stark abgenommen hatte.
    »Wo ist der Kutscher?« fragte Shawn Ogg.
    »Krank geworden«, erklärte Ridcul y knapp. »Hatte einen akuten Anfal
    von Räubern. Was soll mit der Post geschehen?«
    »Ich nehme die Sachen fürs Schloß mit«, sagte Shawn. »Anschließend
    hängen wir den Sack an den Nagel neben der Taverne, damit sich die
    Leute selbst bedienen können.«
    »Ist das nicht gefährlich?« fragte der Erzkanzler.
    »Ich glaube nicht.« Shawn kramte im Sack. »Der Nagel hält eine Menge
    aus.«

    »Ich meine… Es könnte doch jemand die Briefe stehlen oder so.«
    »O nein, das fiele den Leuten nie ein, nein, ganz bestimmt nicht. In ei-
    nem solchen Fal müßten sie damit rechnen, von den Hexen angestarrt
    zu werden.« Shawn stopfte sich einige Päckchen unter den Arm und
    vertraute den Sack dann dem bereits erwähnten Nagel an.
    »Ja, genau, die gab’s hier früher auch schon«, sagte Ridcully. »Hexen!
    Ich will euch was über sie erzählen…«
    »Meine Mutter ist eine Hexe«, meinte Shawn im Plauderton und griff
    noch einmal in den Sack.
    »Man kann kaum charakterlich besseren Frauen begegnen«, behauptete
    Ridcully, dem es ohne zu große Schwierigkeiten gelang, gedanklich um-
    zuschalten. »Es sind keineswegs machthungrige alte Vetteln mit dem
    Bestreben, sich in al es einzumischen.«
    »Seid ihr wegen der Hochzeit gekommen?«
    »Ja, genau. Ich bin der Erzkanzler der Unsichtbaren Universität, und
    dies ist Ponder Stibbons, ein Zauberer, und das… He, wo steckst du?
    Ah, da bist du ja. Das ist Herr Casanunda…«
    »Graf«, sagte Casanunda. »Ich bin ein Graf.«
    »Im Ernst? Hast du vorher nie erwähnt.«
    »Nun, und wenn schon. Ich meine, man spricht ja nicht mit jedem so-
    fort über alles, oder?«
    Ridcully kniff die Augen zusammen.
    »Ich dachte, bei Zwergen gäbe es keine derartigen Titel«, sagte er.
    »Ich habe der Königin Agantia von Skund einen kleinen Dienst gelei-
    stet«, erwiderte Casanunda.
    »Ach? Wie klein?«
    »So klein nun auch wieder nicht.«
    »Aha. Und das ist der Quästor, und das ist der Bibliothekar.« Ridcully wich einen Schritt zurück und ruderte mit den Armen, während seine
    Lippen folgende stumme Botschaft formten: Sag bloß nicht »Tier«.
    »Freut mich, euch kennenzulernen«, sagte Shawn höflich.
    Ridcullys Neugier erwachte.

    »Der Bibliothekar«, wiederholte er.
    »Ja. Das hast du bereits gesagt.« Shawn nickte dem Orang-Utan zu.
    »Wie geht’s?«
    »Ugh.«
    »Vielleicht wunderst du dich über sein Aussehen«, vermutete Ridcully.
    »Nein.«
    »Nein?«
    »Meine Mutter sagt immer: Niemand von uns kann was für sein äuße-
    res Erscheinungsbild.«
    »Muß eine bemerkenswerte Frau sein«, kommentierte Ridcully. »Wie
    heißt sie?«
    »Frau Ogg, Herr.«
    »Ogg? Ogg? Kommt mir irgendwie bekannt vor. Ist sie viel eicht mit
    Besonnenheit Ogg verwandt?«
    »Der war mein Vater.«
    »Meine Güte! Du bist der Sohn des alten Besonnenheit! Wie geht’s
    dem Schlingel?«
    »Keine Ahnung, Herr. Er ist tot.«
    »Oh. Wie lange schon?«
    »Seit dreißig Jahren«, sagte Shawn.
    »Aber du siehst nicht älter aus als zwan…«, begann Ponder. Ridcul ys
    El enbogen bohrte sich ihm in die Seite.
    »Wir sind hier auf dem Land«, zischte er. »Hier geht man anders an die
    Dinge heran. Und öfter.«
    Er wandte sich wieder Shawn zu, blickte in ein rosarotes und hilfsbe-
    reites Gesicht.
    »Offenbar werden die Leute al mählich wach«, stellte er fest, als hier
    und dort Fensterläden geöffnet wurden. »Wir frühstücken in der Taver-
    ne. Früher gab’s dort ein ausgezeichnetes Frühstück.« Er schnüffelte und
    strahlte.
    »Nun, das nenne ich frische Luft!«
    Shawn blickte sich aufmerksam um.

    »Ja, Herr«, bestätigte er. »So nennen wir’s ebenfal s.«
    Die hastigen Schritte eines verzweifelten Sprinters näherten sich, und
    abrupte Stille folgte. Wenige Sekunden später kam König Verence II. um
    die Ecke. Er ging betont langsam und hatte ein erstaunlich rotes Gesicht.
    »Tja, die frische Landluft sorgt für eine gesunde Gesichtsfarbe«, meinte
    Ridcully.
    »Der König!« hauchte Shawn. »Und ich habe nicht die

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