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Loreley

Titel: Loreley Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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ben. All das ist vorbei, und wenn Gott auf unserer Seite steht, wirklich auf unserer Seite steht, wird es auch für immer dabei bleiben.«
    War es nur ein Zufall, dass er Fees Geburt und das Gitter miteinander in Verbi n dung brachte?
    »Erland«, sagte sie beschwörend und blickte zu ihm auf, »das ist nicht gerecht! Du weißt das alles, und du sagst mir nichts davon. Wovor hast du Angst? Vor dem Gr a fen?«
    Er stieß ein abfälliges Schnauben aus. »Wenn es nur der Graf wäre! Er braucht mich. Es gibt weit und breit keinen Schmied, der so schnell und gut arbeitet wie ich. Wenigstens, s eit das da passiert ist!« Er zeigte wieder auf das Gitter, dann wandte er sich ab und ging zurück zum Feuer.
    Fee wusste, dass ihr jetzt nur noch eine Überraschung helfen würde. Etwas, womit er nicht rechnete. Vielleicht gelang es ihr, ihn zu überrumpeln.
    »Wer hat Fees Mutter getötet?«, fragte sie. Sie kam sich vor wie jemand, der einen Abgrund hinabstürzt und versucht, sich an leerer Luft festzuklammern. Wah r scheinlich war es nicht einmal den Versuch wert.
    »Wer schon?«, zischte er, ohne sich umzudrehen. »Der Bruder des Grafen. Fees Vater. Er hat ihr den Bauch aufgeschlitzt, mit dem Messer, das mein Meiste r stück sein sollte. Er verlangte die allerschärfste Klinge und ich gab sie ihm. Und was für eine Waffe das war! Wahrscheinlich ist mir danach keine mehr so gut gelu n gen wie jene. Sie wurde mit dem Leichnam begraben.«
    Ailis spürte, wie ihr das Blut vom Kopf hinab in die Beine sackte. Ihr war schwi n delig.
    »Eberhart hat seine Frau ermordet?«
    »Nicht ermordet«, erwiderte Erland kopfschüttelnd. »Sie wollte es so. Sie hat ihn angefleht, es zu tun. Hier, gleich vor der Tür der Schmiede, mitten auf dem Bur g hof.«
    Sie wagte nicht, sich zu bewegen, aus Furcht, jede R e gung könnte ihn in seinem Redefluss stören, ihn aufw e cken wie aus einem Traum. »Erland, was ist damals pa s siert?«
    »Es gab ein Unglück. Ein Feuer in den Stallungen, nur ein paar Flammen, die rasch gelöscht waren. Aber die Pferde gerieten in Panik. Sie preschten aus dem Tor in den Burghof. Hast du dich nie gewundert, warum das Burgtor heutzutage immer geöffnet ist, Tag und Nacht? Nun, damals war es geschlossen, die Tiere konnten ni r gendwo hin, sie galoppierten im Kreis durch den Hof, und sie trampelten mindestens ein Dutzend Menschen nieder, ehe sie sich beruhigten. Mehrere Männer und Frauen starben, andere wurden schwer verletzt, darunter Eberharts Frau. Sie stand kurz vor der Geburt. Man musste sie nur ansehen, um zu wi s sen, dass es mit ihr zu Ende ging. Inmitten all des Blutes, der schreienden Me n schen und der Toten, flehte sie Eberhart an, er solle das Kind retten. Gott hilf mir, ich will nicht wissen, was d a mals in ihm vorgega n gen ist! Kein Wunder, dass er gleich darauf verschwand. Aber zuerst ließ er sich das Messer geben, dann küsste er sein Weib ein letztes Mal und schnitt ihr den Bauch auf. Sie lebte noch, verstehst du? Es musste geschehen, bevor der Tod sie holte. Er schlitzte ihr den Bauch von einer Seite zur anderen auf und schnitt die Kinder aus ihrem Leib heraus!«
    »Du sagst – «
    »Die Kinder, ja. Deine Freundin und ihre Schwester. Es waren Zwillinge.«
    Ihr kam ein verrückter Einfall. Sie hörte wieder all das Gerede der Leute, über die Ähnlichkeit zwischen ihr selbst und Fee, über das hellblonde Haar, das ihnen be i den gemeinsam war, über ihre hübschen Gesichter, d a mals, als sie noch klein waren.
    »Bin ich Fees Schwester?«
    Erlands Augen weiteten sich. Einen Moment lang schien er sprachlos.
    Dann aber schüttelte er sich plötzlich vor Lachen.
    »Du, Ailis? Nein, so Leid es mir tut – wäre ja auch noch schöner, wenn edles Blut in deinen Adern flösse! Du meine Güte! Du könntest mir Befehle geben!« Er b e ruhigte sich und trat vor sie hin. »Fees Schwester ist schon lange tot. Sie starb als kleines Mädchen, an i r gendwelchen späten Folgen dieser unglücklichen G e burt.« Er zögerte. »Aber vielleicht hast du doch nicht ganz Unrecht.«
    »Nicht ganz?«
    »Als die Kleine starb, war Fee noch viel zu jung, als dass sie sich heute an den Tod ihrer Schwester erinnern könnte. Der Graf entschied – aus Gründen, die nur er und die Gräfin kennen –, dass Fee nie erfahren sollte, was mit ihrer Schwester geschehen ist. Ebenso, wie es unter Str a fe verboten ist, von ihrer Geburt zu sprechen.« Er trat unruhig von einem Fuß auf den anderen. »Du weißt ho f fentlich, was das

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