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Loretta Chase

Loretta Chase

Titel: Loretta Chase Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eine verführerisch unnahbare Lady
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im Kreis zu drehen. »Beim Zeus!«,
meinte er schließlich. »Was haben Sie denn hier angestellt?«
    Mit allem
hatte er gerechnet, aber damit nicht. Hätten sich Einhörner in der Meierei
getummelt, wäre er weniger überrascht gewesen.
    Er stand in
einem hellen, lichtdurchfluteten Raum. Ein gelb und grün geblümtes Fries säumte
die strahlend weiß gekachelten Wände. Auf dem Boden bildeten schwarze
und weiße
Marmorfliesen ein Schachbrettmuster. Buntglasfenster, die Farbe und Muster des
Wandfrieses aufnahmen, ließen reichlich Licht herein. Entlang der Wände lief
ringsum ein breites Marmorbord. Ein quadratischer Tisch mit Marmorplatte stand
in der Mitte des Raums.
    Auf dem
Tisch lag ein Hut, achtlos hingeworfen, wie er sah, denn er lag auf der Seite,
und die Bänder baumelten über die Tischkante hinab.
    Nirgends
mehr ein Stäubchen oder Schimmelfleck. Von der Decke bis zum Boden war alles
war blitzblank poliert und in neuem Glanz erstrahlt.
    »Was haben
Sie mit meiner Meierei gemacht?«, fragte er. »Was ist aus dem schwarzen
Loch von Kalkutta geworden, das ich als Kulisse für eines meiner Schauerdramen
verwenden wollte, die ich demnächst zu schreiben gedenke? Wo sind meine schönen
Spinnen geblieben? Wo die düsteren Ecken, in denen Tod und Verderben lauern?
Was haben Sie mit der dicken Schmutzschicht auf dem Boden gemacht? Das war
schöner Schmutz. Den wollte ich aufheben.«
    Ihre Lippen
bebten, und ein leiser Laut entfuhr ihr. Rasch setzte sie ihre ausdrucksloseste
Miene auf, doch nicht rasch genug.
    Was sie so
sorgsam zu verbergen suchte, war die helle Freude. Er hatte sie zum Lachen
gebracht.
    Und
glücklich war sie zudem, dachte er mit Genugtuung. Dies war nicht das
süffisante Grinsen, mit dem sie ihn bedacht hatte, als sie ihn der plapperigen
Mrs. Steepleton oder der zeternden Mrs. Badgeley ausgeliefert oder seine
Bibliothek in Chaos gestürzt hatte. Diesmal freute sie sich tatsächlich.
    Eine
zutiefst erfreute Lady Charlotte war äußerst sehenswert. Sie schien von innen
zu erstrahlen. In diesem Augenblick war sie so schön – fast überirdisch schön
–, dass es geradezu schmerzte, sie anzusehen.
    Es stellte
sich noch eine andere Pein ein, an die er indes nicht zu viele Gedanken
verschwenden wollte. Er versuchte sich einzureden, dass er einfach ...
überrascht war, und dass der überwältigende Gesamteindruck – die strahlende Meierei, die
strahlende Lady Charlotte – ihm so sehr zusetzte.
    Heute sah
Lady Charlotte auch längst nicht so derangiert aus wie beim letzten Mal, da er
sie gesehen hatte.
    Sie geküsst
hatte.
    Nicht dran
denken.
    Was
allerdings nahezu unmöglich war, wenn sie ebenso gut ein Nachthemd hätte tragen
können. Ja, es war ein tadelloses, makellos weißes Kleid mit Spitzenbesatz und
vielen Rüschen und ähnelte keineswegs den schlichten Hemden, die respektable Frauen
im Bett zu tragen pflegten. Dennoch ließ der bloße Anblick ihn an Betten
denken, und der Gedanke wiederum weckte den Wunsch, sie zu zerzausen, bis sie
wieder ganz derangiert aussähe.
    Was für ein
Hornochse er gewesen war, hierherzukommen!
    »Ich weiß,
was Sie gerade denken«, sagte sie.
    »Das wage
ich zu bezweifeln«, sagte er.
    »Sie
denken, dass Sie eigentlich gar keine Meierei brauchen«, fuhr sie unbeirrt
fort. »Dass Sie nur sich selbst und ein paar Dienstboten versorgen
müssen.«
    »Sie haben
recht seltsame Vorstellungen, was ,ein paar' genau meint«, sagte er. »Als
ich das letzte Mal durchgezählt habe, hatte ich – Lady Lithby sei es gedankt –
sechzehntausend Dienstboten.«
    »Von denen
15.998 nur vorübergehend hier sind«, erwiderte sie, ohne mit der Wimper zu
zucken.
    »Ja, ist
das denn zu fassen?«, sagt er. »Sie können addieren und subtrahieren. Ohne
mit den Fingern abzuzählen.« Er griff sich an die Stirn. »Mir wird ganz
leicht im Kopf zumute. Vielleicht sollte ich mich einen Moment setzen.«
    Er sah
etwas in ihren blauen Augen aufscheinen ... war es Enttäuschung? Dann wurde
ihre Miene kalt und hart, das Strahlen verschwand, und er hätte sich am
liebsten die Zunge herausgeschnitten.
    »Vielleicht
sollten Sie das«, meinte sie kühl. »Ich möchte nämlich einige wirtschaftliche
Aspekte mit Ihnen erörtern. Es könnte Sie leicht überanstrengen.« Halt den
Mund, wies er sich an.
    »Wirtschaftliche
Aspekte erörtern?«, wiederholte er. »Sie wissen aber schon, wovon Sie da
reden, Lady Charlotte?«
    Sie sah
beiseite. »Spott und Sarkasmus – sehr geistreich. Was ist eigentlich in

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