Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Loretta Chase

Loretta Chase

Titel: Loretta Chase Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein verlockend beherrschter Earl
Vom Netzwerk:
stellte
die Kerze ab, beugte sich über Olivia und hob sie hoch. Sie war nass bis auf
die Knochen und zitterte erbärmlich. Was hatte sie nur wieder angestellt? Er
wollte sich Luft machen, wollte toben und schreien, und vielleicht hätte er
genau das tun sollen. Jemand würde es gehört haben – ihr Mädchen oder sein
Kammerdiener – und wäre herbeigeeilt, um ihnen behilflich zu sein.
    Doch weder
schrie noch tobte er. Nicht ein Wort kam ihm über die Lippen. Schweigend trug
er sie auf sein Zimmer.

Kapitel 15
    Lisle setzte sie auf dem Teppich vor dem
Kaminfeuer ab. Ihre Hände waren eiskalt, und sie zitterte so heftig, dass ihr
die Zähne klapperten.
    Das Herz
raste ihm, als er an ihren nassen Kleidern zerrte. Der schwere Umhang war bis
aufs Futter durchnässt. Vor lauter Angst, dass sie sich den Tod holen könne,
stellte er sich furchtbar ungeschickt an und fummelte unbeholfen an dem Knopf
herum. Er bekam ihn einfach nicht auf. Ungeduldig riss er ihn ab, zog ihr den
Umhang von den Schultern und warf ihn beiseite.
    Darunter
trug sie Männerkleider. Die auch völlig durchnässt waren. Er mühte sich, sie
aus dem Rock zu schälen, zog ihre Arme aus den Ärmeln, warf den Rock beiseite
und fluchte. Anders als in York hatte sie diesmal auch eine Weste angezogen,
die ebenfalls pitschnass war und eine lange Reihe Knöpfe hatte, die sich seinen
Fingern beharrlich widersetzten.
    Er rannte
hinüber zu seiner Schreibbank, schnappte sich das Federmesser, eilte zurück und
schnitt die Knöpfe kurzerhand ab. Nachdem auch die Weste geschafft war, machte
er sich an die Hose aus schwerem Wolltuch. Dank der zahlreichen Schichten an
Überkleidung war sie weniger nass als die anderen Sachen, und die Knopflöcher
gaben leicht nach. Er streifte ihr die Hose ab – und fluchte abermals. Darunter
trug sie einst wohl wärmende Flanellwäsche, die ihr nun kalt und klamm am
Körper klebte. So viel Kleidung und doch nass bis auf die Haut. Das Herz pochte
ihm wild in der Brust, getrieben von Wut und Furcht. Wie lange hatte sie dort
draußen im Regen zugebracht? Was war nur los mit ihr, dass sie solche
Dummheiten machte? Sie würde sich erkälten, Fieber bekommen. Und das hier, in
dieser Wildnis! Jenseits von Gut und Böse, meilenweit von einem Arzt entfernt,
der diesen Namen verdient hätte.
    Er
versuchte gar nicht erst, ihre Unterhose aufzuschnüren, sondern schnitt das
Band beherzt durch und zerrte sie ihr von den Beinen.
    »N...nicht«,
sagte sie. »W...warte.«
    »Das kann
nicht warten.«
    »Ich
m...mache das schon.«
    »Du
zitterst am ganzen Leib.«
    »M...mir
ist k...kalt.« Er warf die Unterhose beiseite, zog ihr auch die restliche
Wäsche aus und verhüllte sie dabei mit einer Decke, wobei er sich vage eines
guten Grundes bewusst war, sie zu verhüllen, sich seiner aber beim besten
Willen nicht entsinnen konnte.
    Sie
schluchzte derweil leise und brabbelte Unsinn, stammelte Sätze, die sie nicht
zu Ende brachte, wirres Zeug, das keinen Sinn ergab: von einer Wette und dass
nie genügend Briefe kämen und warum sie das überhaupt aufhebe, aber Bailey
würde sie schon verstehen, nicht wahr?
    Sie
delirierte.
    Delirium
könnte Fieber bedeuten. Fieber ließ auf eine Infektion der Lungen schließen.
    Nur nicht
dran denken.
    Er holte
noch eine zweite Decke und wickelte sie darin ein. Dann fachte er das Feuer
kräftig an. Sie zitterte noch immer wie Espenlaub.
    »Ich
k...kann g...gar n...nicht d...damit aufhören«, sagte sie. »Mir ist s...so
k...kalt.«
    Er rieb mit
der Decke über ihre Haut, um das Blut wieder in Fluss zu bringen, aber sie
verzog nur das Gesicht, weil die Wolle zu sehr kratzte.
    Also ließ
er es sein und sah sich verzweifelt im Zimmer um. Er sprang auf und holte die
Handtücher, die Nichols für die Morgentoilette bereitgelegt hatte. Lisle zog
die Decke beiseite, entblößte einen ihrer Arme und rieb ihn warm. Dann den
anderen. Ihre Hände waren noch immer eiskalt und zitterten in den seinen.
    Als
Nächstes massierte er ihr die Füße, die auch eiskalt waren. Verzweifelt rieb er
weiter, gestattete sich nicht einen Gedanken, versuchte nur, ihr Blut zu
wärmen, sodass es ihr wieder gleichmäßig durch die Adern floss.
    Er hätte
nicht sagen können, wie lange er sich so mühte. Panik hatte ihm den Verstand
vernebelt und jeden Gedanken ausgelöscht.
    Er
massierte ihr Schultern und Arme, Beine und Füße, immer wieder. Die Hände
schmerzten ihm, doch er machte beharrlich weiter.
    So fiebrig
war er bei der Sache, dass ihm

Weitere Kostenlose Bücher