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Loretta Chase

Loretta Chase

Titel: Loretta Chase Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein skandalös perfekter Lord
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sehen sein – es sei denn, der
Beobachter befand sich genau an der richtigen Stelle, die ihm einen Blick auf
das Grabmal gewährte.
    Allerdings
durfte man nicht vergessen, dass die umliegenden Bäume vor hundert Jahren noch
nicht so hoch waren und ihr Laub nicht so dicht gewesen dürfte. Mag sein, dass
die Anhöhe damals noch gar nicht bepflanzt gewesen war.
    Doch Olivia
interessierte es gewiss herzlich wenig, was vor hundert Jahren gewesen war. Sie
wollte nur wissen, wo sie Spaten und Schaufeln herbekommen konnten. Und
vielleicht auch noch Spitzhacken.
    Als
Peregrine sich bückte, um den Boden am Fuße der Balustrade zu begutachten,
bekam er die ersten kalten Regentropfen ab.
    Er richtete
sich wieder auf. »Wir sollten uns lieber ... Was ist das für ein Lärm?«
Olivia und er drehten sich gleichzeitig um.
    Ein Mann
kam den Pfad auf dem gegenüberliegenden Hang hinabgerannt, winkte ihnen zu und
rief etwas. Er war keine hundert Meter mehr entfernt.
    Peregrine
schaute Olivia an. Sie schaute zurück, die blauen Puppenaugen weit aufgerissen.
    »Nein«,
sagte sie. »Nein.«
    Und NEIN!
hätte er am liebsten geschrien.
    Er wollte nicht
gefunden werden.
    Noch nicht.
Er war noch nicht so weit.
    Binnen
eines Bruchteils von Sekunden entschied er, was zu tun war.
    Seine
Strafe würde sowieso schrecklich werden.
    Da könnte
er sie sich ruhig redlich verdienen.
    Er packte
Olivia beim Arm und zog sie von der Treppe fort zu einer nahen Lichtung, die sich
zwischen den Bäumen auftat. »Lauf!«, schrie er. »Los, lauf schon!«
    Thomas rannte den Pfad hinab. Benedict war
ihm dicht auf den Fersen und sah gerade noch, wie Peregrine sich Olivia
schnappte und mit ihr rechter Hand im Wald verschwand – in der zum See
gelegenen Seite des Hangs. Der steil abfallenden Seite. Benedict traute seinen
Augen kaum. »Halt!«, brüllte er. »Seid ihr verrückt?«
    Die Kinder
blieben natürlich nicht stehen.
    Rasch
kalkulierte er den besten Winkel, um ihnen den Weg abzuschneiden, und preschte
kurzerhand in einen schmalen Pfad nahebei ... Mit ein bisschen Glück würde er
die beiden eingeholt haben, noch che sie an den See gelangt waren. Er hörte das
Posaunen der Jagdhörner.
    Das Signal
für die Männer, aus allen Teilen des Anwesens herbeizueilen.
    Benedict
blieb nicht stehen.
    »Olivia!«,
hörte er jemand schreien.
    Bathsheba,
die nach ihrer Tochter rief.
    Benedict
warf weder einen Blick zurück, noch verschwendete er
seinen Atem darauf, ihr zu sagen, dass sie bleiben solle, wo sie war. Sie würde
es sowieso nicht tun. Er schlug niedrige Zweige aus dem Weg und sprang über
Wurzeln.
    Der Boden
war schlüpfrig von feuchten Blättern und Kiefernnadeln. Er rannte und rannte,
und es wollte ihm gar nicht gefallen, dass auch sie durchs Unterholz rannte.
Bitte stürze nicht. Bitte brich dir nicht den Hals.
    Als
Benedict den Hang zum See hinunterrannte, wurde der Pfad noch schmaler, und der
Wald wich Gebüsch, welches aber fast ebenso hoch und noch viel dichter stand.
»Peregrine!«, rief er. »Olivia!«
    Keine
Antwort.
    Böse
Kinder. Wenn er die beiden erwischte ...
    »Olivia!«,
ertönte abermals Bathshebas Stimme irgendwo hinter ihm.
    Er rannte
weiter. Mittlerweile goss es in Strömen, und der verdammte Pfad erging sich in
unendlichen Kehren und Windungen, dürfte bei der Nässe den Füßen aber noch
immer besseren Halt bieten, als ihn die Kinder im Unterholz des Waldes hatten,
wo nasse Blätter und Kiefernnadeln den steil abfallenden Boden bedeckten. Zum
Teufel mit den Gören! Wenn ich die beiden in die Finger bekomme, werde ich ihnen den
Hals umdrehen.
    Das war
sein letzter klarer Gedanke, ehe seine Schuhspitze sich in einem Wurzelstrunk
verfing und Benedict in hohem Bogen vornüber flog.
    Peregrine hörte die Schreie hinter sich. Er
hörte auch Olivia, die dicht hinter ihm rannte und atemlos keuchte.
    Einerseits
hätte er am liebsten kehrtgemacht, doch andererseits wollte er nicht. Er konnte
nicht. Und so lief er weiter, obwohl er nass war bis auf die Flaut und längst
vom Pfad abgekommen, den er vorhin eingeschlagen hatte. Das Durchkommen war
nun schwieriger, da weniger Bäume dastanden, dafür aber umso mehr Gebüsch. Die
Zweige verfingen sich in seinen Kleidern und schlugen ihm ins Gesicht. Er
rannte weiter.
    Und dann
sah er es: Eine Lichtung tat sich vor ihm auf. Endlich. Er preschte hindurch
... und sah zu spät die kurze steile Böschung und das wirbelnde Wasser
darunter. Er griff nach einem Zweig, versuchte, sich festzuhalten, doch

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