Lost Land, Der Aufbruch

für ihre Verbrechen verantworten. Der Himmel selbst entscheidet, was die Wahrheit ist. Wenn der Angeklagte unschuldig ist oder in seinem Herzen wahre Reue zeigt, wird er die Grube unversehrt verlassen. Wenn nicht …«
    Gespannt wartete die Menge auf das, was jetzt kam.
    Â»â€¦ werden die Kinder Lazarus’ sein Fleisch als Sakrament empfangen.«
    Die Zuschauer gerieten außer sich vor Begeisterung. Benny schaute sich ungläubig um. Vermutlich glaubten manche diesen Unsinn ja tatsächlich, vielleicht sahen sie es ja auch nur als ein neues Spiel an – so oder so, sie waren ganz versessen darauf.
    White Bear, der ein ebenso großer Showman war wie sein Vater, reckte einen Arm in die Luft, sodass das Publikum den Atem anhielt, und zeigte mit der anderen Hand auf Benny undNix. »Der Tag ist gekommen!«, verkündete er. »Werft sie in die Grube der Gerechtigkeit.«
    Bevor Digger und Heap ihn über den Rand stießen, dachte Benny nur noch: Oh verdammt.
    Dann stürzten er und Nix auch schon in die Dunkelheit.

Chong versuchte, die Hände abzuwehren, die ihn aus der Grube zogen, aber sein Angreifer beugte sich zu ihm herab und flüsterte: »Chong – ich bin’s!«
    Sofort hielt Chong inne. Die Gestalt gab ihn frei und trat ins Licht.
    Â»Tom!«, rief Chong aus, aber Tom presste ihm sofort wieder eine Hand auf den Mund.
    Â»Pssst!«
    Chong nickte. »Wie hast du mich gefunden?«, fragte er leise.
    Rasch erzählte Tom, wie er Benny, Nix und Lilah bei der Raststätte zurückgelassen hatte und berichtete von seiner Begegnung mit Sally Two-Knives.
    Â»Ich … es … Tom, es tut mir so leid …«
    Â»Lass gut sein. Das Ganze ist viel mehr meine Schuld als deine, Junge. Trotzdem …«, Tom tippte ihm fest gegen die Brust, »das darf nicht wieder passieren. Von jetzt an folgst du meinen Anweisungen aufs Wort, verstanden?«
    Â»Laut und deutlich.«
    Das Gelächter, der Beifall, die Pfiffe und Jubelrufe wurdenlauter. Die Geräusche kamen von der anderen Seite des Platzes, jenseits der Reihe dicht geparkter Wagen. Hier draußen gab es ein paar kleine Zombiegruben, aber Tom vermutete, dass die wahre Attraktion dort drüben zu finden war.
    Â»Benny und Nix sind hier irgendwo«, sagte er, »und ich fürchte, ich weiß auch, wo.«
    Wie um seine Worte zu unterstreichen, brach die Menge in frenetischen Beifall aus.
    Â»Was sollen wir tun?«, fragte Chong.
    Â»Eins nach dem anderen. Du siehst ziemlich mitgenommen aus. Ist alles in Ordnung?«
    Als Chongs Antwort zu lange auf sich warten ließ, zog Tom ihn an eine Stelle ins Licht, die von einer Hecke abgeschirmt war.
    Â»Was ist los?«, hakte er nach.
    Chong drehte sich zur Seite und zeigte ihm seine Schulter. »Ich bin gebissen worden.«
    Tom schloss einen Moment die Augen und lehnte sich kraftlos an den Rand der Veranda. »Oh … Junge … verdammt …«
    Â»In der Grube. Sie haben mich zum Kampf gezwungen. Ich habe gewonnen … beide Male, aber ich wurde gebissen.«
    Â»Wie lange ist das her?«
    Â»Ich weiß es nicht. Fünf oder sechs Stunden. Ich kann es wirklich nicht sagen.«
    Tom musterte ihn verwirrt. »Wie fühlst du dich? Hast du dich übergeben? Siehst du doppelt? Tun dir die Gelenke weh?«
    Â»Mir ist nur ein bisschen schwindlig und übel.«
    Ein weiteres Mal inspizierte Tom die Bisswunde. »Inzwischen müsstest du eigentlich die ersten Symptome zeigen.«
    Â»W…was glaubst du, wie lange habe ich noch?«
    Â»Ich weiß es nicht«, gab Tom zu. »Es ist bei jedem anders.«
    Chong wusste, dass das stimmte. Manche Opfer wurden sofort krank, während es bei anderen einen ganzen Tag dauerte, bis sie etwas merkten. Aber am Ende war es für alle gleich. Die Seuche hatte eine 100-prozentige Infektionsrate – niemand überlebte sie.
    In der darauf folgenden Stille hörten sie, wie Preacher Jack hinter dem Gebäude eine Ansprache hielt.
    Â»Hast du andere Gefangene gesehen?«, erkundigte sich Tom.
    Chong schüttelte den Kopf. »Nein, aber ich habe gehört, wie die Leute sich über sie unterhielten. Es sollen noch mehr Kinder hier sein. Im Hotel, glaube ich.«
    Â»Dann sind Benny und Nix auch dort. Preacher Jack hat sie gefangen genommen.«
    Chong berührte Toms Arm. »Es gibt ein paar Dinge, die du wissen musst. Als ich in der