Lost Princesses 01 - Der Lord Und Die Rebellin
Anger herum, während er weiter leise und beruhigend zu ihm sprach, auf die Art, wie er für gewöhnlich solch ungezähmte Kreaturen bändigte. »Gott im Himmel, ich habe wahrhaft genügend Lügen gehört. Meine Männer haben
großartige Heldengeschichten zum Besten gegeben, die sich je nach den Umständen recht... unterschiedlich abgespielt haben.«
Blaize hatte einen wundervollen Gang und war gutmütig, obwohl er viel Feuer hatte. Aber wo auch immer Blaize ging, behielten die Leute seine tanzenden Hufe im Auge und wichen sorgsam aus. Denn der Hengst beäugte alle Männer argwöhnisch, als erwartete er einen Schlag. Robert überlegte, was dieses Geschöpf wohl so misstrauisch und damit zu einem perfekten Vertrauten für ihn gemacht hatte. »Aber meine Untergebenen waren Kriminelle, denen man die Wahl zwischen dem Galgen und der Armee gelassen hatte. Welche Entschuldigung hat deine Herrin wohl dafür, dass sie uns eine Lüge aufgetischt hat, neben der alle anderen Unwahrheiten unbedeutend erscheinen, hm?« Robert streichelte Blaize’ weiche Nüstern. »Allerdings«, gestand er dem Hengst, »macht sie das geradezu ideal für meine Pläne.«
Blaize betrachtete Robert mit seinen braunen Augen, als schätzte das Pferd seinen Charakter ab. Der Hengst hätte vielleicht ein wenig Unbehagen empfinden sollen, doch letztlich hatte Robert in seinem Leben schon Schlimmeres getan, als eine falsche Prinzessin zu erpressen, und das auch aus weit mieseren Gründen.
»Mylord!«, rief Tomas MacTavish, als sie sich der Bierschänke näherten, »bringt das Vieh hierher, damit wir es begutachten können.«
Robert verzog das Gesicht. Sie wollten sich das Pferd ansehen? Sicher, das würde den Alten gefallen. Aber vermutlich wollten sie vor allem über die Frau reden, denn als er zu ihnen ging, grinsten sie und rutschten auf ihren Stühlen hin und her wie eine Schar von alten Kupplerinnen.
»Entzückender Hengst«, bemerkte Gilbert Wilson.
»Und ein noch entzückenderes Weibsbild«, kam Hamish MacQueen auch prompt zur Sache. »Wir sind mächtig stolz auf Euch, Mylord, dass Ihr sie so rasch erobert habt.«
»Ich habe sie nicht erobert.« Nicht auf die Art, wie sie meinten. »Ich bringe Sie nur dorthin, wo ich sie im Auge behalten kann.« Und benutzen konnte.
»Häh?« Henry MacCulloch hielt sich die Hand hinters Ohr und drehte sich zu Tomas herum.
»ER SAGTE, ER BRINGT SIE IRGENDWO HIN, WO ER SIE BETRACHTEN KANN!«, brüllte Tomas.
»Ah, sie betrachten, jawohl!« Henry rammte Hamish seinen Ellbogen in die Seite. »Ich würde sagen, er soll sie ganz genau betrachten. Da habt Ihr Euch wirklich eine Schönheit eingefangen, Mylord.«
»Ich habe kein Interesse...« Robert zögerte.
»Ihren Busch zu bürsten?«, schlug Benneit MacTavish hilfreich vor.
Das keckernde Gelächter der alten Männer machte das Pferd nervös, und Robert führte den Hengst über den Anger und wieder zurück. Er wusste selbst nicht genau, warum er zu den Alten zurückging. Vielleicht weil sie sich im Gegensatz zu den anderen Einwohnern dieser Ortschaft nicht verstellten. Alter, Armut und Einsamkeit hatte ihnen die Masken schon lange vom Gesicht gerissen. Sie sagten, was sie dachten, und meinten, was sie sagten. Nach so vielen mit Lügen angefüllten Jahren war das höchst erfrischend.
Als er näher kam, trat Hughina Gray aus der Schänke und trocknete sich die Hände an der Schürze ab. »Gebt nichts auf sie, Mylord. Sie hocken hier den ganzen Tag herum und tratschen wie die Waschweiber, besetzen die besten Plätze und nuckeln den ganzen Tag an einem Krug Bier herum.«
Das taten sie wohl, aber deshalb, weil sie bei ihren Verwandten
nur geduldet wurden, die zudem viel zu beschäftigt waren, um sich lange mit ihnen abzugeben. Außerdem besa ßen sie nicht genug Geld, um sich Bier zu kaufen und damit ihre trockenen Kehlen zu befeuchten. Hughinas Anschuldigung trieb den Alten die Schamröte ins Gesicht. Sie scharrten mit den Füßen und spielten verlegen mit ihren Krückstöcken. Alte Bauern, alte Seeleute, alte Händler... Alle waren froh, wenn die Alten endlich starben, alle, bis auf Robert. Er kam gern zu ihnen und hörte ihnen zu, wie sie über vergangene Zeiten und Ereignisse schnatterten, musste nie über sich selbst sprechen oder so tun, als wäre er fröhlich. Vor ihnen brauchte er auch die tiefe Finsternis in seiner Seele nicht zu verbergen.
»Dann bringt jedem von ihnen täglich einen Krug Bier, Hughina, und setzt es auf meine Rechnung.«
Hughina
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