Lost Princesses 01 - Der Lord Und Die Rebellin
er ihre Verführung geplant hatte, war er überzeugt gewesen, dass sie nicht unerfahren war. Sie hatte ihn mit ihrer Selbstsicherheit und ihren Geschichten von ihren weiten Reisen in die Irre geführt. Er hatte sich falsch verhalten und sie damit ruiniert.
Schlimmer war noch, dass er es trotz seiner Zerknirschung nicht bedauerte. Es gefiel ihm, dass er ihr erster Mann gewesen war. Und er würde auch sehr gern ihr Letzter sein. Aber er hatte sie entehrt, und sie... sie hatte nur gesagt …
Weil Ihr mich brauchtet.
Er brauchte sie nicht. Er, der Earl von Hepburn, brauchte niemanden!
Clarice war einfach nur die richtige Frau zur richtigen Zeit am rechten Ort gewesen. Das musste er ihr klarmachen.
Aber die Gentlemen würden bald eintreffen, dreckstarrend von ihrer Jagd. Sie würden baden wollen und hatten gewiss Hunger. Wann sollte er Zeit oder Gelegenheit finden, unter vier Augen mit Clarice zu sprechen?
Er betrat das Herrenhaus durch einen Nebeneingang und schaute sich gereizt um.
Wo steckten sie denn alle? Wieso waren die Männer noch nicht eingetroffen? Und saßen die Ladys etwa schmollend in ihren Zimmern?
Zum ersten Mal, seit er nach Hause zurückgekehrt war, sehnte er sich nach Gesellschaft. Er wollte mit jemandem reden, wollte Stimmen hören... weil er nicht über Clarice’ Worte nachdenken wollte.
Weil Ihr mich brauchtet.
Verdammt sollte sie sein!
Er würde mit Clarice sprechen und ihr sagen …
Nein, er musste Clarice sehen. Er brauchte sie, aber nicht so, wie sie es meinte. Sondern weil Colonel Ogley auf dem Weg hierher war. Wenn Hepburns Informant zuverlässig war, und das war er zweifellos, würde Ogley noch vor dem Nachmittagstee in MacKenzie Manor ankommen.
Hepburn holte tief Luft. Die Zeit wurde knapp. Er musste Clarice auf die Aufgabe vorbereiten, die ihr bevorstand.
Er schlich durch die Korridore, lauschte und sah sich überall um. Sie war nirgendwo zu finden.
Hepburn winkte einen jungen, schlaksigen Lakaien zu sich. »Wo ist die Prinzessin?«
Der Lakai zuckte zusammen und errötete. »Mylord, Ihre Hoheit ist im Wintergarten.«
»Schon wieder?«, fuhr Hepburn den Mann an.
Dem traten vor Angst fast die Augen aus den Höhlen. »My... Mylord?«
»Vergiss es!« Hepburn setzte sich ungeduldig in Bewegung. »Ich werde es noch früh genug herausfinden.« Sie demonstrierte schon wieder ihre Salben, oder? Er wollte verdammt sein, wenn er sich noch einmal für eine Vorführung zur Verfügung stellte. Er wusste nicht, ob er es ertragen konnte, wenn sie ihn berührte, denn allein der Gedanke an sie brachte sein
Blut in Wallung und machte sich bedauerlicherweise auch in anderen Teilen seiner Anatomie bemerkbar.
Als er sich dem Wintergarten näherte, drang ihm als Erstes ihr Duft in die Nase. Es roch nach Muskat und frischen Blumen. Das Aroma erinnerte ihn an die vergangene Nacht, als er auf ihr gelegen hatte und in sie eingedrungen war. Er wollte nicht daran denken, wie sie sich unter ihm bewegt und sich ihm mit unbeirrbarer Großzügigkeit hingegeben hatte. Aber er atmete den Duft tief ein, und sein Herz schlug schneller.
Dann hörte er ihre Stimme.
Ihr braucht mich.
Nein, halt. Das hatte sie gar nicht gesagt. Sondern: »Ihr braucht das, um glatte Brauen zu bekommen. Seht Ihr, wie die Creme sie formt?«
Sie sprach wieder über Kosmetika, verkaufte ihre Salben und Cremes. Sie war genauso getrieben wie er, nur aus vollkommen anderen Gründen. Sie wollte Geld, um nach Beaumontagne zurückkehren und ihren Rang in der königlichen Familie wieder einnehmen zu können. Das würde sie jedenfalls behaupten. Aber er wusste nicht genau, was sie antrieb. Er durchschaute sie nicht gänzlich. Und er wünschte sich, es wäre ihm gleichgültig.
Er blieb im Schatten stehen und spähte vorsichtig in den Wintergarten auf die Schar junger Ladys, die fasziniert nach vorn starrten. Millicent saß an einem kleinen Tisch, hatte eine Tasse Tee neben sich stehen und stützte ihr Kinn in die Hand. Sie wirkte schlicht und, ja, einsam, so wie Clarice es ihm gestern noch zugeschrien hatte. Millicent war tatsächlich noch nie wertgeschätzt worden, weder von seinem Vater noch von Prudence oder von ihm selbst. Aber er empfand deswegen keine Schuldgefühle. Gewissensbisse nützten niemandem.
Stattdessen überlegte er, wie er die Situation ändern konnte. Er würde gewisse Entscheidungen treffen, und bevor der Ball vorüber war, würde auch Millicent bekommen, was sie wollte, was es auch sein mochte. Er würde alles tun,
Weitere Kostenlose Bücher