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Lotta Wundertüte: Unser Leben mit Bobbycar und Rollstuhl (German Edition)

Lotta Wundertüte: Unser Leben mit Bobbycar und Rollstuhl (German Edition)

Titel: Lotta Wundertüte: Unser Leben mit Bobbycar und Rollstuhl (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Roth
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stehen. Wieder ins Wohnzimmer. Ich setze mich mit Lotta auf den Boden. Zwei Wagen fahren vor, Rettungsdienst, Notarzt. Vier Männer kommen vom Flur herein. »Hier sind wir«, rufe ich. Sie schleppen schweres Gerät herein, ich lege Lotta auf den Teppich vor mir. »Epilepsie ist bekannt?«, fragt einer. Ich nicke. »Anfall seit 6.10 Uhr. Mindestens. Sie hat mich geweckt. Ich weiß nicht, wie lange sie schon ... Ich habe ihr eine Rektiole Diazepam gegeben, sie hat nicht gewirkt.« Der Arzt schließt einen Sauerstoffsensor an Lottas Finger an.
    Ich höre Schritte auf der Treppe. Ben. Ich schaue zu Lotta, der Notarzt leuchtet gerade mit einer Taschenlampe in ihre Augen. Ich lasse sie liegen und gehe Ben entgegen, der Flur flackert im Schein des Blaulichts. Ich nehme ihn auf den Arm und gebe ihm einen Kuss auf die Haare. »Hallo, Schlafmütze, guten Morgen!« Er reißt die verschlafenen Augen auf. »Schau mal, ein Krankenwagen.« Ich zeige nach draußen. »Mit Blaulicht. Spannend, oder?« Er legt den Kopf an meine Schulter. »Der Lotta ging es nicht gut und da sind die gekommen, um ihr zu helfen. Jetzt geht es ihr schon viel besser, willst du mal sehen?« Ich trage ihn ins Wohnzimmer. Die Rettungssanitäter stehen um Lotta herum, der Notarzt kniet neben ihr. Ihr Atem geht rasselnd, doch sie sieht ganz ruhig aus. »Guck mal, der Mann hat ein Funkgerät. Willst du mal sehen?«
    Wo ist Jodi? Ich schaue auf die Uhr. 6.40 Uhr. Das dauert zu lange. Lotta muss ins Krankenhaus. Jodi wohnt in einem anderen Stadtteil, aber mit einem Taxi sollte sie schon längst da sein. Ich will Ben nicht mitnehmen, ich will nicht, dass er auf der Intensivstation sieht, was ich gesehen habe. Er hat schon zu viel gesehen. Er ist gerade erst vier geworden. Ich trage ihn zum Fenster. »Schau mal, sogar zwei Krankenwagen.«
    »Wir müssen«, sagt der Notarzt.
    »Soll ich hierbleiben?«, fragt ein junger Rettungssanitäter.
    Ich mustere ihn. Soll ich ihm Ben anvertrauen?
    »Jodi müsste gleich da sein. Die Mama muss mit der Lotta mit dem Krankenwagen mitfahren, wir bringen sie ins Krankenhaus. Schau mal aus dem Fenster, ob du Jodi sehen kannst.«
    Jodi wird später erzählen, dass sie beim Taxiruf keinen erreicht hat, sie auf die Straße gerannt ist und keines gesehen hat. Sie ist zurückgerannt, um ihr Fahrrad zu holen. Sie strampelt durch das dunkle Köln. »Ich kann wirklich hierbleiben«, sagt der Mann noch mal.
    »Mama«, sagt Ben und hält sich fest.
    Da kommt jemand zur offenen Tür hereingerannt. Es ist nicht Jodi. Frau Girschke im Bademantel: »Brauchen Sie Hilfe?«
    Jetzt geht es schnell. Ich ziehe mir eine Jacke über Harrys T-Shirt, das ich zum Schlafen getragen habe, nehme Lotta und wickele sie in unsere graue Wolldecke. Ich gebe Ben einen Kuss und sage: »Ich hab dich lieb, bis später. Die Jodi ist gleich da.« Frau Girschke höre ich fragen: »Sollen wir uns erst mal einen Kakao machen? Und soll ich dir was vorlesen?«
    »Bullerbü«, höre ich Bens Stimme hinter mir, als ich zum Krankenwagen gehe.
    »Oh«, lautet die Antwort. »Das war auch immer mein Lieblingsbuch.«
    Als ich mich anschnalle, sage ich: »Gleich nicht rechts abbiegen, das ist eine Sackgasse.« Dann: »Lotta Roth, geboren 23.11.2009, Epilepsie bekannt. Patientin bei Dr. Waltz. Medikation: Keppra, heute Morgen einmalig Diazepam 5 mg. Vena Galeni Malformation, bislang viermal embolisiert, in Duisburg.«
    Ich halte mich an der Routine fest. Ich kenne das. Das geht schon. Das muss. Lotta hat das schon mal überstanden. Ich halte ihre Hand. Mama ist da. Alles ist gut.

    Nichts hilft. Lotta krampft seit einer Stunde. Sie muss wieder ins MRT, wieder Vollnarkose. Verdacht auf Hirnblutung. Klein und blass liegt sie in dem Gitterbett, ihr Körper bebt, ich laufe neben dem Bett her und halte ihre Hand. »Mama ist ja da!«
    »Warten Sie bitte hier«, sagt die Schwester und zieht das Bett alleine weiter. Die Türen schließen sich hinter ihr. Den Rücken an der Wand sinke ich in die Hocke. Ich darf hier nicht telefonieren. Ich kann Harry nicht anrufen. Ich muss warten. Allein. Ich sinke auf den Boden und der Damm bricht.
    Ich konnte mich nicht rüsten. Mich nicht vorbereiten wie vor den Embos. Ich konnte Lotta nicht rechtzeitig von mir schieben oder es wenigstens versuchen. Ich weiß zu viel. An welcher Stelle ich ihren Rücken kraulen muss, damit sie die Augen aufreißt und den Atem anhält vor Genuss. Wie sie morgens früh immer noch nach Baby riecht. Wie sie den Mund verzieht,

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