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Lotte in Weimar: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Lotte in Weimar: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Lotte in Weimar: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann , Werner Frizen
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John!«
    – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –
    »Und so weiter. Euer Königlichen Hoheit unterthänigst treu gehorsamster. Das wär's erst einmal. Ist alles durchgestrichen, was ich notiert hab'. Schreib's vorderhand so ins Halb-Reine! Es ist nicht fertig, ist noch zu expressiv und auch noch nicht recht komponiert. Ich muß, wenn ich's vor mir habe, noch mildernd und ordnend darüber hingehen. Mach's leserlich; wenn du kannst, noch vor Tische. Jetzt will ich aufstehen. Kann jetzt weiter keine Briefe diktieren, nein. Das hat zuviel Zeit genommen, und ich hab' für den Morgen noch eine Menge anderes. Une mer à boire – und dann sind's täglich nur ein paar Schluck. Mittags brauch ich das Geschirr, verstehst du, sag' es im Stall. Zur Nimbus-Bildung wird es nicht kommen, wird heut nicht regnen. Ich will im Park die neuen Baulichkeiten besehen mit Herrn Oberbaurat Coudray; kann sein, daß er mit zum Essen kommt, kann sein auch Herr von Ziegesar. Was haben wir denn?«
    »Gansbraten und Pudding, Ew. Excellenz.«
    »Stopft tüchtig Maroni in die Gans, das sättigt.«
    »Will's ausrichten, Ew. Excellenz.«
    »Es kommt vielleicht auch von den Professoren der Zeichenschule noch einer oder der andere mit. Ein Teil der Schule zieht ja von der Esplanade ins Jägerhaus. Muß das inspizieren. Leg' mir den Schlafrock hier über den Stuhl. Ich schelle, wenn ich dich zum Haarmachen brauche. Geh. Und Carl? Laß mir die Collation schon etwas vor zehn Uhr anrichten oder doch keine Minute später! Ich will vom kalten Rebhuhn haben und ein {307} gutes Glas Madeira dazu. Man ist doch kein ganzer Mensch, ehe man nicht was Herzstärkendes im Leibe hat. Der Coffee in der Früh ist mehr für den Kopf, aber für's Herz ist erst der Madeira.«
    »Versteht sich, Ew. Excellenz, und für die Poesie ist beides benötigt.«
    »Mach dich aus dem Staube!«
    – – – Heiliges Wasser, kalt und rein, heilig nicht minder in deiner Nüchternheit, als die sonnenfeuerbindende Labe-Gabe des Weins! Heil dem Wasser! Heil dem Feuer! Heil dem starken und treuen Herzen, sagen wir doch: der Treuherzigkeit, die das Frühe, Reine und Erstgegebene, das Ursprüngliche, langweilig und gering vernutzter Verfeinerung, täglich wieder als seltenes Abenteuer erleben mag! Heil der Verfeinerung, welcher Treuherzigkeit froh-gewaltig integriert! – nur sie ist Kultur, nur sie ist Größe. Fische sie wimmeln da, Vögel sie himmeln da – – das war hübsch. Vögel sie himmeln da war ein recht feierlich hochräumiger Spaß. Sie sprechen wohl von himmelnden Augen – hab ich aus der dummen Schwärmerei, dem ins Frömmelnde verspöttelten Zeitwort im Handumdrehen ein luftig-heiter-großes Schau- und Daseinsbild gemacht. Könnte beiträgig sein zur Definition des Einfalls … Wasser es fließe nur! Erde sie steht so fest! Ströme du, Luft und Licht! Feuer nun flammt's heran – Feier des Elements auch in der Pandora schon, darum hieß ichs ein Festspiel. Wollen bestimmt das Fest gesteigert erneuern in der zweiten Walpurgisnacht – Leben ist Steigerung, das Gelebte ist schwach, geistverstärkt muß mans noch einmal leben. Hochgefeiert seid allhier – Element' ihr alle vier! Das steht fest, das soll den Schlußchor machen des mythologisch-biologischen Balletts, des satyrischen Natur-Mysteriums. Leichtigkeit, Leichtigkeit … höchste und letzte Wirkung der Kunst ist Gefühl der Anmut. Nur nicht die stirnrunzelnde Erhabenheit, die, sei's auch in Glanz und Schiller, tragisch erschöpft dasteht als Produkt der Moral! Tiefsinn soll lächeln … Er soll über {308} haupt nur mit unterlaufen, sich für den Eingeweihten heiter ergeben, – so wills die Esoterik der Kunst. Bunte Bilder dem Volk, dahinter für die Wissenden das Geheimnis. Sie waren ein Demokrat, mein Bester, der den Vielen so geradehin glaubte das Höchste bieten zu sollen – edel und platt. Aber Menge und Kultur, das reimt sich nicht. Kultur, das ist auserlesne Gesellschaft, die sich über das Höchste diskret verständigt mit einem Lächeln. Und das Augurenlächeln gilt der parodischen Schalkheit der Kunst, die das Frechste gibt, gebunden an würdigste Form, und das Schwere, gelöst in läßlichen Scherz …
    Den Badeschwamm hab ich lange schon, – handsames Exemplar festsitzender Tief-Tierheit in thaletischer Urfeuchte. Bis zum Menschen hat das Zeit. In

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