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Lotterie der Liebe

Lotterie der Liebe

Titel: Lotterie der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Cornick
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einen prächtigen Ballsaal zu setzen, und bis zu diesem Abend hatte sie auch nie den Wunsch verspürt, ihre Meinung zu ändern. Es erschien ihr bemerkenswert, dass sie Richard sein Vergnügen missgönnte. Aber es war tatsächlich so. Sie dachte gründlich über ihre Gefühle nach. Ja, sie war neidisch auf das gute Aussehen des Bruders, seine elegante Erscheinung und noch mehr auf die Einladung, die er zu Lady Astons Ball erhalten hatte.
    Sie schaute ihn an. Hoch gewachsen und blond, gab er in dem Galafrack ein beeindruckendes Bild ab und erinnerte sie so stark an den Vater, dass sie einen Moment lang tiefe Beklommenheit verspürte. Die Mutter machte viel Aufhebens um Richard, und gerechterweise fand Amy, das sei nicht überraschend. Wenn schon sie im Bruder den Vater sah, wie viel quälender musste das für die Mutter sein?
    “Du musst unbedingt mit Miss Loring tanzen”, sagte Lady Bainbridge. “Man erzählt sich, ihre Mitgift betrüge fünfzigtausend Pfund.”
    “Ich nehme nicht an, dass er viel vom Ballsaal sehen wird, Mama”, meinte Amy. “Bestimmt interessiert er sich mehr für den Spielsalon.”
    Sowohl Lady Bainbridge als auch Richard hörten zu reden auf und sahen sie an. Amy wurde sich bewusst, dass sie die Bemerkung in ziemlich spitzem Ton gemacht hatte. Glücklicherweise war Richard so gutmütig, dass er sich nie gekränkt fühlte.
    Er grinste. “Das klingt, als seist du neidisch, Amy. Ich dachte, du fändest kein Gefallen an gesellschaftlichen Vergnügungen.”
    “Es tut mir leid, Richard. Ich bin schlecht gelaunt. Bestimmt legt sich das bald.”
    “Beim Nähen oder bei der Lektüre einiger Kapitel eines lehrreichen Buchs?” Richard hatte nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass seine Interessen und die seiner Schwester sich gravierend unterschieden. “Du tätest besser daran, heute Abend mit mir zu kommen! Spiel Whist oder tanze.”
    “Sie kann nicht ohne Anstandsdame ausgehen, und schon gar nicht zu Lady Aston. Ihr Haus ist ein Sündenpfuhl!”
    “Das hoffe ich”, erwiderte Richard grinsend.
    “Und von all den Verfehlungen ist das Whistspiel die verwerflichste”, sagte Amy. “Es ist noch gefährlicher als tanzen, weil es sehr teuer sein kann.”
    Richard lehnte sich an einen Sessel und schaute die Schwester an. “Ich sage dir etwas, Amy. Du hast zu viel Obst gegessen. Dadurch bist du so sauer geworden.”
    “Pah!” äußerte sie verächtlich.
    “Ich habe eine Idee. Ich werde dich nächste Woche zum Ball bei Lady Moon begleiten. Das ist doch sehr großzügig von mir, nicht wahr? Schließlich ist es eine öde Angelegenheit, die eigene Schwester auszuführen. Aber das tue ich nur, wenn du einwilligst, eine Partie Whist zu spielen. Du beschwerst dich dauernd über meine Spielleidenschaft. Jetzt wird es Zeit, dass du begreifst, worüber du dich beklagst.”
    “Lady Moons Ball”, äußerte Lady Bainbridge nachdenklich. “Ich bin nicht ganz sicher, ob wir daran teilnehmen sollten, Richard. Wir können uns keine neuen Roben leisten.”
    “Eine Woche dürfte reichen, um alte Kleider aufzumöbeln”, meinte Richard.
    “Gewiss”, stimmte Lady Bainbridge zu. “Es wäre angenehm, andere Gesellschaft zu haben. Außerdem kann man sich bei einem solchen Fest so gut verköstigen, dass es für eine Woche reicht. Was meinst du, Amy?”
    “Warum nicht?” Amy zuckte die Schultern.
    “Du könntest etwas begeisterter klingen, mein Schatz”, brummte Lady Bainbridge. “Es ist fast ein Jahr her, seit wir bei einem richtigen Ball waren. Das wird eine schöne Abwechslung für dich sein. Wer weiß? Vielleicht erregst du das Interesse eines Mannes.”
    “Das glaube ich nicht, Mama”, sagte Richard. “Sie steht ja schon fast mit einem Fuß im Grab.”
    “Ich dachte, du wolltest zu einem Ball”, äußerte Amy frostig. Der Bruder straffte sich. Wenn sie doch bloß einen Hauch seines guten Aussehens hätte! Dann würde sie ihm und der Mutter zeigen, dass sie noch keine alte Jungfer war.
    Achtlos drückte er ihr einen Kuss auf die Wange und einen zweiten auf die der Mutter und verließ pfeifend den Raum. Die Haustür krachte hinter ihm ins Schloss. Lady Bainbridge stand auf und ging ebenfalls aus dem Zimmer.
    Auch Amy erhob sich. Vielleicht würde sie den Abend damit verbringen, Prudence beim Silberputzen zu helfen. Das würde sie davon abhalten, noch misslauniger zu werden. Beschäftigung, nicht Muße, war das Zauberwort. Armut war zwar hart zu ertragen, die Situation der Familie indes längst nicht so

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