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Lotterie der Liebe

Lotterie der Liebe

Titel: Lotterie der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Cornick
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hatte, war es kein Wunder, dass er, was ihre Behauptung anging, skeptisch war.
    “Amy! Amy Bainbridge!”
    Nicht die Stimme des Bruders war an ihr Ohr gedrungen, sondern die einer aufgeregten Frau. Mit einiger Mühe drehte Amy sich zur Seite und versuchte an dem massigen Gentleman vorbei etwas zu sehen.
    “Entschuldigen Sie bitte!” Charmant mit den Wimpern klimpernd, erreichte die junge Dame, dass der Mann neben Amy zur Seite trat. Dann fielen sie und Amy sich in die Arme, während die Menschenmenge sich um sie schloss.
    “Amy!”
    “Amanda!”
    “Du meine Güte! Wo warst du im vergangenen Jahr?”
    “Ich habe mich gefragt, was aus dir geworden sein mag.”
    “Was machst du hier?”
    “Ich bin bei meiner Tante zu Besuch.”
    Amy und Lady Amanda Spry hatten gleichzeitig geredet und sich dabei aneinander geklammert. Amy hatte Amanda zuletzt vor drei Jahren während ihrer ersten Saison gesehen. Damals war die junge Dame verlobt gewesen, und Amy hatte ihr gesellschaftliches Debüt gegeben. Dann hatte der Vater sein ganzes Geld verloren, und Amys Familie hatte sich aufs Land zurückziehen müssen. Sir Frank Spry war mit seiner Gattin nach Irland gereist. Man war brieflich in Kontakt geblieben, wenngleich Amanda eine schlechte Briefschreiberin war. Nachdem sie Witwe geworden war, hatten sie überhaupt nicht mehr korrespondiert.
    “Ich kann es kaum glauben!”, sagte sie, und ihre Augen glänzten. “Amy! Es ist fast zu schön, um wahr zu sein! Ich habe vor einiger Zeit deine Londoner Adresse verloren und gedacht, ich würde dich nie wiedersehen. Ich hätte mir denken können, dass ich dich hier antreffe. Gott und die Welt nehmen an Lotterien teil.”
    “Ich bin zum ersten Mal dabei”, erwiderte Amy schüchtern. “Ich hatte keine Ahnung, dass so viele Leute da sein würden. Oh, Amanda! Es ist schön, dich zu treffen. Du siehst gut aus. Wo wohnt deine Tante? Du musst zu mir zum Tee kommen, damit wir ausgiebig plaudern können.”
    Die Umstehenden drehten sich um und forderten Amy und Amanda mit bösen Blicken auf, still zu sein.
    “Die Ziehung fängt gleich an!”, flüsterte Amanda der Freundin ins Ohr. “Wir werden uns später unterhalten. Jetzt dürfen wir nicht verpassen, welche Losnummern gezogen werden. Oh, ich finde das alles so aufregend!” Sie holte ihr Los aus dem Ridikül. “Ich spiele jedes Mal, wenn ich in der Stadt bin, mit. Natürlich ist das nicht oft der Fall. In der übrigen Zeit male ich mir aus, was ich mit dem Geld machen würde, wenn ich etwas gewinne. Ich bin zwar gut situiert und habe genug, um bequem auf dem Land zu leben, aber wer würde dreißigtausend Pfund ausschlagen? Dreißigtausend, Amy! Mein Gott, das ist ein Vermögen!”
    Amy verspürte einen leichten Schwindel. Sie hatte keine Ahnung gehabt, dass der Hauptgewinn so groß war. Aber Richard würde zweifellos auch eine solche Summe an einem Abend bei White’s verspielen. Das Wort “Vermögen” war ein relativer Begriff.
    Die beiden Lostrommeln wurden jetzt in Bewegung gesetzt, und die Menschenmenge fing an zu jubeln. Amy verrenkte sich den Hals, um zu sehen, was passierte. Auf dem Podest standen zwei Jungen, die die Lose zogen.
    “Waisenjungen”, flüsterte Amanda. “Der eine zieht die Nummern der Lose aus der linken Trommel und der andere die Höhe der Gewinne aus der rechten. Welche Nummer war das eben? Nummer 2588? Was? Zwanzigtausend Pfund?”
    “Dreißigtausend”, sagte der korpulente Gentleman neben ihnen und zerknüllte verärgert sein Los. Dabei sah er aus, als würde er nur aus Rücksicht auf die Anwesenheit von Damen nicht auf den Fußboden spucken. “Heute hat ein Gewinner alles eingestrichen, Madam. Dreißigtausend Pfund.”
    “Nun, ich nicht”, sagte Amanda bedauernd und zuckte die Achseln. “Jetzt muss ich bis zum nächsten Mal warten, um wieder die Möglichkeit zu haben, ein Vermögen zu gewinnen. Amy! Amy!”
    Amy hörte das aufgeregte Geraune der Leute kaum, da auf dem kleinen, zerknitterten Stück Papier, das sie in der Hand hielt, die Nummer 2588 zu lesen war. Sie starrte die Zahl an, bis sie ihr vor den Augen verschwamm.
    “Ich glaube, da muss ein Irrtum vorliegen”, äußerte sie schwach.
    Amanda sah das Los an und ergriff sie am Arm. “Amy!”, rief sie leise aus. “Du hast dreißigtausend Pfund gewonnen!” Sie warf einen schnellen Blick in die Runde. Die Menge hatte begonnen, sich zum Ausgang zu drängen. Die Leute zerrissen ihre Lose und redeten fröhlich oder auch verdrossen

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