Lotterie der Liebe
lachte. “Das ist eine sehr interessante Frage, die ich jedoch nicht beantworten kann. Hat Ihnen nie jemand erzählt, dass ich nie verliere?”
Amy starrte ihn an. “Wirklich? Sie scherzen! Es erscheint mir unmöglich, ständig zu gewinnen.”
Jonathan lachte wieder. “Ich stelle fest, dass Sie viel über Glücksspiele wissen, Miss Bainbridge. Wie würden Sie die Möglichkeiten beurteilen, bei einer Lotterie zu gewinnen?”
Nachdenklich verengte Amy die Augen. Die Mutter hatte ihr einmal gesagt, Männer hätten nichts übrig für Frauen mit einem Hang zur Mathematik. Sie war jedoch der Ansicht, nie im Leben etwas Dümmeres gehört zu haben.
“Ich würde schätzen, ungefähr eins zu vierzigtausend.”
“Sehr gut. Angeblich ist das Verhältnis eins zu fünfunddreißigtausend. Sie müssen eine große rechnerische Begabung oder ein angeborenes Talent dafür haben, die Risiken richtig einzuschätzen. Vielleicht würde Ihre Familie mehr Geld einnehmen, wenn Ihr Bruder mit dem Spielen aufhörte und Sie an seine Stelle träten. Es tut mir leid, das sagen zu müssen, aber er zeigt die Tendenz, dauernd zu verlieren.”
Amy kräuselte die Lippen. “Das habe ich bemerkt. Vielleicht sollte ich dann ihm meine Frage stellen statt Ihnen.”
Jonathan neigte den Kopf. “Ich glaube, was das betrifft, so kann ich Ihnen eine Antwort geben. Das Spielen selbst ist das Faszinierende, Miss Bainbridge, die Aufregung dabei. Es ist überhaupt nicht wichtig, ob man gewinnt oder verliert, Hauptsache, man spielt.”
Sie schüttelte den Kopf. “Es tut mir leid. Aber das ergibt keinen Sinn.”
Jonathan grinste. “Vielleicht nicht für jemanden, der so praktisch denkt wie Sie. Können Sie sich vorstellen, Miss Bainbridge, wie spannend es ist, auf die gewürfelte Zahl zu warten? Beim Hazard hängt es von einem einzigen Wurf ab. Man kann alles verlieren oder alles gewinnen, genau so, wie bei einer Lotterie Ihr Los gezogen werden könnte und Sie dann um … oh, dreißigtausend Pfund reicher wären.” Der Blick des Earl wurde durchdringend, und Amy bemerkte ein inneres Frösteln. “Sie spüren es! Niemand ist gegen diese Aufregung gefeit. Hatten Sie heute ein Los, Miss Bainbridge?”
Die Frage war ganz unerwartet gekommen. Errötend zuckte Amy zusammen. Aus irgendeinem Grund wollte sie dem Earl nicht eingestehen, dass sie das Gewinnlos hatte. Das wäre ihr nach allem, was sie zuvor geäußert hatte, zu viel der Heuchelei gewesen. Aber es war doch nicht im Mindesten von Bedeutung, was Lord Tallant von ihr dachte.
“Ich … ja … nein … bestimmt nicht. Ich würde mir nie ein Los kaufen. Ich bin nur ins Rathaus gegangen, um meinen Bruder zu treffen.”
“Ich verstehe. Ja, ich entsinne mich, dass Sie gesagt haben, Sie wollten ihm sein Los bringen. Aber angenommen, Sie hätten eines gefunden, Miss Bainbridge. Was hätten Sie dann getan?”, fragte Jonathan, weil er vermutete, dass es sich genau so verhielt. Es war ihm erst bei der Gewinnziehung aufgefallen, dass er das Los verloren hatte, wahrscheinlich im Empfangssalon des Hauses Nummer drei in der Curzon Street.
Amy wurde puterrot. “Ich habe keine Ahnung, Sir. Die Frage stellt sich nicht.”
Sie hielt inne, ein wenig bestürzt darüber, dass sie Lord Tallant nicht die ganze Wahrheit gesagt hatte. Es kam ihr absurd vor, so vorsichtig zu sein, denn wenn sie Richard das Los ausgehändigt und ihm die gute Nachricht von seinem Gewinn mitgeteilt hatte, würde er sein Glück gewiss mit seinen Freunden teilen. Zweifellos würde er das ganze Geld beim Spiel mit ihnen verlieren. Es gab wirklich keinen Grund, warum sie dem Earl nicht erzählen sollte, dass Richard mit seinem Los die dreißigtausend Pfund gewonnen hatte, abgesehen davon … abgesehen davon, dass sie sich für das Geld verantwortlich fühlte. Gott helfe ihr! In Gedanken hielt sie es wohl doch für ihren Gewinn.
Sie verzog das Gesicht. Sie musste sich von diesem Trugschluss befreien, ehe sie dadurch noch weiter auf Abwege geriet. Gleich würde sie sich fragen, ob sie Richard die gute Nachricht überhaupt mitteilen solle. Sie konnte dafür sorgen, dass Mr. Churchward das Geld abholte. Er war sehr diskret und würde niemandem etwas erzählen, wenn sie ihn darum bat. Dann konnte sie den Betrag für verschiedene gute Zwecke verwenden, natürlich in kleinen Raten, damit sie keinen Verdacht erregte. Der Gedanke war sehr verlockend, aber dann hätte sie natürlich einen Diebstahl begangen. Und soeben hatte sie geäußert, es sei
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