Lotterie der Liebe
werden.”
“Sie beruhigen mich. Wenn ich jedoch meinen schlechten Ruf verlieren will, dann werde ich zu Ihnen zu Besuch kommen. Ich bin überzeugt, in Anbetracht Ihres gesunden Menschenverstands wird er sich schnell in Luft auflösen.”
Amy bemerkte wieder das missbilligende Stirnrunzeln der Mutter. Das war eigenartig, denn es wirkte ganz so, als rechnete Lady Bainbrigde damit, dass der Earl of Tallant ihre Tochter gleich auf dem Parkett verführen würde. Amy dachte über diese törichte Befürchtung nach und seufzte ein wenig bedauernd.
“Was ist der zweite Grund, Mylord?”
“Zum anderen wird es jedermann aufgefallen sein, dass ich Ihre Gesellschaft genieße, Miss Bainbridge.” Flüchtig erschien ein undeutbarer Ausdruck in Lord Tallants Gesicht. “Ich bezweifle, dass irgendjemand hier sich an eine ähnliche Situation erinnert.”
Amy spürte, wie eine Welle der Wärme sie durchflutete. Es war unmöglich, nicht geschmeichelt zu sein, obwohl sie Zweifel an der Ehrlichkeit der Äußerung hatte. “Dann fühle ich mich geehrt, Mylord.”
Ein Lächeln erschien um seine Lippen. “Seien Sie still, Miss Bainbridge! Ich bezweifle, dass das stimmt. Was denken Sie von mir? Halten Sie mich für einen Spieler und Taugenichts?”
“Ja, und natürlich für einen Frauenhelden.”
“Ich bin Ihnen sehr verbunden, dass Sie mich daran erinnert haben. Da Sie eine so schlechte Meinung von mir haben, können Sie sich nicht geehrt fühlen, wenn ich Ihnen Aufmerksamkeit schenke.”
Amy erwiderte das Lächeln. “Ich habe nur versucht, nett zu sein.”
“Das ist zweifellos etwas Neues für mich.” Jonathan neigte den Kopf. “Lassen Sie uns das Thema wechseln, ehe mein Stolz noch mehr Schläge hinnehmen muss. Es ist erfreulich, Sie wieder in Gesellschaft zu sehen, Miss Bainbridge. Ich glaube, in der letzten Zeit haben Sie sehr zurückgezogen gelebt.”
“Im Allgemeinen tue ich das, Mylord”, erwiderte sie. “Lady Amanda ist jedoch nur für eine kurze Zeit in der Stadt und hat auf mich eingewirkt, es würde mir beim Ball gefallen. Ich gestehe, dass ich ihn sehr unterhaltsam finde.”
“Haben Sie mit dem Gegenteil gerechnet?”
“Oh nein, das nicht.” Amy zögerte. “Ich habe keine guten Erinnerungen an mein gesellschaftliches Debüt, Mylord. Damals war ich sehr schüchtern und hatte keinen Erfolg.”
“Ich erinnere mich.” Jonathan bedachte Amy mit einem prüfenden Blick. “Sie haben kaum ein Wort geredet. Was ist in der Zwischenzeit mit Ihnen geschehen, Miss Bainbridge?”
Überrascht schaute sie ihn an. “Was? Nichts. Wie meinen Sie das, Mylord?”
“Nun, jetzt sind Sie nicht schüchtern. Was ist passiert, dass sich das geändert hat?”
Amy war befremdet. Es stimmte, dass sie sich mühelos mit dem Earl of Tallant unterhielt, nachdem der erste Schreck darüber, mit ihm zu tanzen, sich gelegt hatte. Die Plauderei war unbeschwert und amüsant gewesen und somit ganz anders als die mühsamen Gespräche, die sie erfahrungsgemäß mit anderen Partnern führte. Die Wahrheit war, dass sie sich nur in Gegenwart Seiner Lordschaft so unbeschwert fühlte. Bei ihm war sie imstande, offen ihre Meinung zu sagen und ihre Ansichten zu vertreten. Es war interessant, mit ihm zu reden. Aber dieser Tatsache wollte sie nicht zu weit auf den Grund gehen.
“Ich bin immer noch zurückhaltend, Mylord.”
“Ach, Unsinn, Madam. Wie können Sie so etwas sagen? Seit wir uns kennen, hatten Sie keine Schwierigkeiten, Ihre Meinung zum Ausdruck zu bringen.”
“Das liegt daran, dass …” Jäh hielt sie inne. Beinahe hätte sie gesagt: “Das liegt daran, dass ich nicht den Wunsch hatte, Sie für mich einzunehmen.” Als sie den Earl kennenlernte, war sie so gegen ihn eingestellt gewesen, dass es ihr ausgeschlossen erschienen war, in ihm einen möglichen Verehrer zu sehen. Sie hatte das nicht einmal versucht, und daher war es ihr möglich gewesen, ganz normal mit ihm zu reden. Aber wenn sie jetzt darüber nachdachte, konnte sie über den unerhörten Einfall, er werde ihr vielleicht den Hof machen, kaum das Lachen zurückhalten.
Er betrachtete sie und zog fragend die Augenbrauen hoch.
“Wirklich, Miss Bainbridge? Wollen Sie sich nicht näher erklären? Das liegt nur daran, dass …?”
“Oh, ich bitte um Entschuldigung.” Amy lächelte ihn an. “Sie haben ganz recht, Mylord. Ihnen gegenüber habe ich meine Ansichten sehr freimütig geäußert.”
“Ich dachte, darüber seien wir bereits einer Meinung. Ich möchte
Weitere Kostenlose Bücher