Lotterie der Liebe
und mich nur des Geldes wegen zu heiraten.”
“Ich war mir nicht bewusst, dass Sie gedenken, eine Verbindung einzugehen.” Der Gedanke verursachte Amy ein eigenartiges Gefühl. “Ihr Benehmen lässt nichts davon erkennen. Immerhin geben Sie zu, ein Frauenheld zu sein.”
“Na und?” Er lachte. “Soweit ich weiß, ist das kein Hinderungsgrund.”
“Und Sie sind ein Zyniker! Mit einer solchen Einstellung eine Ehe zu schließen ist schade.”
“Ah! Wir moralisieren jetzt also, so wie vorhin, als wir über das Glücksspiel redeten! Wie animierend!”
“Nein, ich will mit Ihnen nicht über Moral reden, Mylord”, entgegnete Amy. “Es gibt genügend fromme Vereine, die Sie aufsuchen können, wenn Sie das möchten.”
Sie seufzte. Mit dem Earl zu debattieren war so, als würde man einen schlüpfrigen Fisch zu halten versuchen. Aber es war bei Weitem vergnüglicher. In den täglichen Gesprächen mit Richard und der Mutter wurden ihre geistigen Fähigkeiten selten in diesem Ausmaß gefordert. Das war aufregend, ganz so, als begäbe sie sich ins Meer. Ein Teil von ihr wollte sich mit der Flut treiben lassen, ein anderer, der vernünftigere, hielt sie zurück.
“Danke.” Jonathan neigte den Kopf. “Ich bin Ihnen verbunden, Miss Bainbridge, dass Sie mich darauf hingewiesen haben, wenngleich ich meine, dass ein Gespräch mit Ihnen erfreulicher gewesen wäre. Ein Schlagabtausch mit Ihnen ist höchst reizvoll.”
“Das ehrt mich”, erwiderte Amy knapp. “Wir scheinen uns sehr weit vom eigentlichen Thema entfernt zu haben, Mylord. Sie werden sich erinnern, dass ich Ihnen eine Frage stellen wollte, und zwar diese: Hatten Sie sich für die Lotterieziehung in der letzten Woche ein Los gekauft?”
Einen Moment lang herrschte Stille. Jonathan neigte leicht den Kopf. “Nein, Miss Bainbridge, das habe ich nicht. Warum wollen Sie das wissen?”
“Oh, nur so”, antwortete sie leichthin. Sie war gleichzeitig erleichtert und enttäuscht. “Ich war lediglich neugierig.”
“In Bezug auf meine Spielgewohnheiten? Ich befürchte, ich habe ein weitgestecktes Feld. Aber natürlich wissen Sie das und nehmen daran Anstoß. Ich glaube Ihnen jedoch kein Wort. Es muss einen anderen Grund für Ihre Frage geben als nur pure Neugier.”
Amy presste die Hände zusammen. Der Duke of Fleet hatte nicht darauf bestanden, ihr Fragen zu stellen. Von Anfang an hatte sie jedoch das Gefühl gehabt, der Earl of Tallant würde nicht so gefügig sein. Und nun hatte sie ein noch größeres Problem. Sie fragte sich, was sie tun solle, da das Los keinem von Richards Spielpartnern gehörte und auch nicht klar war, wer es sonst beanspruchen konnte. Sie runzelte nachdenklich die Stirn.
“Ich habe zu Hause im Empfangssalon ein Lotterielos gefunden und den Gewinn bekommen, Mylord. Ich habe versucht, den rechtmäßigen Besitzer ausfindig zu machen, um ihm das Geld zu geben, kann ihn jedoch nicht finden.”
Jonathan zog die Augenbrauen hoch. “Sie haben ein Lotterielos gefunden und möchten sich von dem Gewinn trennen?”, fragte er ungläubig. “Sie erstaunen mich, Miss Bainbridge!”
Amy warf ihm einen halb beschämten, halb herausfordernden Blick zu. “Wieso?”
“Ach, kommen Sie! Sie kennen den Grund. Erstens bin ich darüber verblüfft, dass Sie mir das erzählt haben, und zweitens kann ich nicht glauben, dass Sie das Geld weggeben wollen.”
Amy seufzte verärgert. “Wieso müssen alle Leute mir das Gefühl geben, ich täte etwas Falsches und nicht das Richtige? Ich versuche doch nur, dafür zu sorgen, dass der rechtmäßige Eigentümer des Loses seinen Gewinn erhält.”
Jonathan lachte. “Wer sind ‘alle Leute’?”
“Oh, Sie und Lady Amanda Spry, meine Mutter und Richard. Es ist so schockierend, Mylord. Alle Welt würde das Geld für sich behalten und kann nicht begreifen, warum ich mich davon trennen will.”
“Ich glaube, Ihre Ehrlichkeit verursacht den Leuten Unbehagen”, erwiderte Jonathan bedächtig. “Unter zehn Menschen gäbe es keinen, der so etwas täte, Miss Bainbridge. Und deshalb ist man gegen Sie eingenommen.”
Sie dachte nach. “Bestimmt gibt es viele Leute, die etwas nicht behalten würden, das ihnen nicht rechtmäßig gehört. Ich kann nicht glauben, dass die Welt so schlecht ist, wie Sie sie hinstellen, Mylord.”
“Sie ist es, Miss Bainbridge. Ich befürchte, Sie sind naiv.”
“Es besteht kein Grund, so herablassend mit mir zu reden, nur weil Sie sich anders verhalten würden”, entgegnete
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