Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden
zerdrückter Jasminblüten.«
»Und was ist in dem Paket?«
»Ein paar französische Romane.«
»Ach so. Die kann ich aber nicht lesen.«
»Ich werde sie dir vorlesen. Und hier – ein Gürtel aus pflaumenfarbenem Samt.«
»Der ist wunderschön, aber ich kann ihn jetzt wirklich nicht umbinden.«
»Verwahre ihn für später! In diesen Flaschen ist Burgunderwein. Aber nun kommt das schönste Geschenk von allem. Genau das, was du dir gewünscht hast.«
Er trug einen großen, eingepackten Gegenstand ins Haus, der mehr Platz einnahm als ein Spinnrad.
»Was ist es denn, Philip?«
»Pack es nur aus und betrachte es!«
Judith streckte die Hand aus und zog das Leinentuch herunter. Sie erschrak, senkte den Kopf und trat unwillkürlich einen Schritt zurück. Einen Augenblick schwieg sie, dann begann sie zu weinen.
»Aber Judith, Liebste, was hast du denn?«
Sie wandte sich um und bedeckte die Augen mit den Händen, um die Tränen zurückzuhalten. »Ach, um Himmels willen, Philip, sehe ich so aus?«
Er blieb stehen, warf Angelique einen Blick zu und schüttelte den Kopf. Dann sah er zu Judith hinüber, die dem Spiegel den Rücken zukehrte und schluchzte.
»Häng ihn zu!« sagte sie heftig.
Langsam nahm er das Tuch auf und breitete es wieder über das Glas. »Vielleicht hast du recht«, sagte er nach einer Weile. »Es tut mir leid, daß ich ihn gerade jetzt gekauft habe.«
Judith trocknete die Augen mit einem Ende ihres Schultertuches, eilte stürmisch zu ihm und legte die Arme um seinen Hals.
»Ach, Philip, verzeih mir. Es war so lieb von dir, daß du ihn mir mitgebracht hast. Er gefällt mir doch so gut. Ich habe nur – einen großen Schrecken vor mir selbst bekommen!«
Philip lächelte sie zärtlich an. »Schon gut. Wir wollen ihn verhängt lassen, bis du wieder schlank und schön bist.«
»Nein, das wollen wir nicht tun. Ich benehme mich wie ein kleines Kind. Ich weiß nicht, wie du es überhaupt mit mir aushältst.« Judith zog das Tuch von dem Spiegel. »Es ist so lieb von dir, daß du mir so schöne Sachen schenkst.«
»Gefallen sie dir wirklich?«
»Aber natürlich, Philip, sie sind entzückend. Den herrlichen Seidenstoff müssen wir in die Kiste legen, damit er nicht naß wird, wenn es heute nacht regnet. Und rufe doch Josh, damit er schnell die Ritzen zuschmiert. Die Wolken dort drüben sehen sehr drohend aus.«
Er ließ die Arme sinken. »Ach, Judith, den Kitt habe ich ganz vergessen.«
»Was, du hast ihn wieder vergessen?«
Er nickte. »Den ganzen Weg zur Stadt habe ich mich daran erinnert, aber als ich dann auf die Werft kam, machte es mir so viel Spaß, für dich einzukaufen, daß ich an nichts anderes mehr dachte.«
Judith holte tief Atem und trat von ihm fort. Plötzlich drehte sie sich wieder um.
»Du bist doch ein törichter Narr!« rief sie außer sich. »Ich kann nicht zur Stadt fahren, weil mich das Rattern und Rütteln umbringen würde, und ich habe außer dir niemand, auf den ich mich verlassen könnte, und alles, was du bringst, sind Kleider, die ich nicht tragen kann, und französische Bücher, die ich nicht verstehe, und ein Spiegel, der mir zeigt, wie häßlich ich aussehe! Ich habe dich doch nur um das eine gebeten, mir etwas mitzubringen, um die Wände und das Dach auszubessern, damit es nicht hereinregnet. Aber nicht einmal in solchen Kleinigkeiten bist du zuverlässig! Ich mag nicht länger in einem Hühnerstall leben!«
Philip drehte sich um und ging hinaus.
Judith eilte zur Tür und sah, daß er wieder in den Wagen stieg.
»Wohin fährst du?« rief sie.
»Zur Stadt, um Kitt zu holen!« rief er zurück, ohne sich umzusehen.
»Aber doch nicht jetzt, Philip! Es wird Nacht, bevor du zurückkommen kannst!«
»Josh wird inzwischen schon für dich sorgen. Es ist leichter in der Nacht zu fahren, als mit dir im Haus zu bleiben, wenn du so schlechter Laune bist.«
Er schlug mit der Peitsche auf die Maultiere ein, und mit einem Ruck fuhr der Wagen an. Philip stand auf und schlug aufs neue auf die Tiere ein. Judith wußte sehr wohl, daß er nicht die Maulesel treffen wollte, sondern am liebsten sie selbst verprügelt hätte.
Josh, der auf der Stufe der Tür stand, schaute auf.
»Ich besser in Nähe bleiben, junge Miß?«
»Ja«, erwiderte sie und ging hinein.
Furchtsam trat Angelique zu ihr. »Der Spiegel?« fragte sie und hielt das Tuch in der Hand.
»Ach, laß ihn stehen«, entgegnete Judith kurz, trat zum Fenster und setzte sich dort nieder. Die Wolken waren schwarz
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