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Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden

Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden

Titel: Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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setzten jetzt schneller und schwerer ein. Judith biß sich auf die Finger und packte den Pfosten noch fester, um nicht aufzuschreien.
    Angelique schaute vom Herd auf und sagte: »Tapfere, gute Lady, junge Miß.«
    Judith erkannte, daß sie doch sehr große Schmerzen aushalten mußte. Draußen war es jetzt stockdunkel, und es mußten seit dem ersten Anfall bereits mehrere Stunden vergangen sein. Die sonderbarsten Dinge gingen in ihrem Körper vor, die sie niemals erwartet hätte. Angelique schien jedoch nicht überrascht zu sein. Aber das Kind hätte eigentlich jetzt schon geboren sein müssen.
    »Wie lange dauert das noch, Angelique?« fragte Judith unsicher.
    Die Dienerin sah wieder vom Feuer auf: »Madame?«
    »Ich sagte –« Judith brach plötzlich ab, denn die Wehen setzten wieder heftig ein. Sie legte beide Arme um den Pfosten und biß mit den Zähnen in das Holz. Als es vorüber war, stieß sie hervor: »Ich sagte – wie lange – geht das noch so weiter?«
    Angelique erhob sich. »Pauvre petite«, sagte sie leise, ging zu Judith, nahm sie in die Arme und küßte sie auf die Stirn. Sonst sagte sie nichts, aber Judith verstand, daß dies noch lange nicht das Ende war. Wieder zerrten die Schmerzen furchtbar an ihr. Judith dachte, wenn dies noch länger anhalten sollte, würde sie lieber sterben als ein Kind bekommen. Aber es geschah nichts. Angelique bat Judith, wieder umherzugehen, als die Wehen nachließen. Aber Judith sank beim ersten Schritt zu Boden, und als Angelique sich über sie beugte, um ihr aufzuhelfen, stieß sie hervor:
    »Bitte, laß mich liegen – bitte!«
    Angelique brachte sie darauf zu Bett. Immer neue Krämpfe schüttelten Judith. Sie glaubte, sie würde entzweibrechen, und biß sich in die Arme, bis das Blut kam. Sie erinnerte sich daran, wie die Frau in den Zelten geschrien hatte. Jetzt verstand sie das. Angelique saß neben ihr und wischte ihr den Schweiß von der Stirn.
    Judith konnte alles deutlich sehen, die Ritzen in den Wänden und das schiefe Dach, die Kleider an den Haken, die Kisten, die umherstanden, weil es keinen Platz in dem Raum gab, um die Sachen unterzubringen. Ihr Blick fiel auf den großen Sack Maismehl, über den eben eine Schabe krabbelte. Ein Zug von Ameisen kroch über den Boden, und das Feuer auf dem Herd tauchte alles in einen rötlichen Schein. Sie hatte die Decke in Todesangst beiseite gestoßen, und obwohl sie das schwache Gefühl hatte, Stiche an den Fußgelenken zu spüren, hatte sie sich noch nicht darum gekümmert. Aber als sie jetzt nach unten sah, schrie sie auf.
    »Ich habe Ameisen am ganzen Körper, Angelique!«
    Ihre Stimme versagte, Angelique bemerkte die Tiere und gab sich sofort alle Mühe, sie wegzufegen, aber es waren Hunderte und Hunderte, und einen Augenblick später wußte Judith, warum sie in solchen Scharen ins Bett kamen.
    Ein Regentropfen fiel auf ihren Arm, und sie fühlte den feinen Sprühregen, der durch die Ritzen in den Wänden drang, auf ihrer Stirn. Nun kam ihr zum Bewußtsein, daß sie den Regen schon seit einiger Zeit gehört, aber während der wilden Schmerzen nicht darauf geachtet hatte. In den kurzen Ruhepausen zwischen den Wehen wurde ihr klar, daß es in Strömen goß und der Kitt zwischen den Balken und auch der Lehm zwischen den Blockwänden fortgewaschen wurde. Die Ameisen auf dem Boden krochen um die Pfützen herum, und die Ameisen im Bett bissen und stachen Judith in Arme und Beine. Tropfen fielen auf sie nieder, und um diese Jahreszeit war nicht einmal ein Moskitonetz über das Bett gespannt, das den Regen etwas hätte abhalten können. Sie wand sich in verzweifelter Qual, und Philip war draußen im Walde. Eine geflügelte Schabe kroch durch eine Ritze in der Wand, erschrak über den plötzlichen Feuerschein und flog Judith ins Gesicht.
    Entsetzt schrie Judith auf. Sie rief nach Philip und bat Angelique, ihr zu helfen. Die Dienerin rückte an der Bettstelle, um sie an einen Platz zu bringen, an dem es nicht durchregnete. Sie brachte feuchte Tücher und versuchte, die Ameisen von Judiths Beinen abzureiben. Entschlossen zog sie die Bettücher unter ihrer Herrin fort und schüttelte sie über dem Herdfeuer aus. Aber es kamen immer neue Tiere, und sie konnte sie nicht abwehren. Der Regen drang durch das Dach herein und versickerte durch die Risse im Fußboden. Immer mehr Schaben flogen um das Bett. Manche stießen sich an der Wand und fielen zu Boden. Judith schrie nach Philip, aber erst als der Morgen dämmerte, kam er

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