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Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden

Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden

Titel: Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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zu dem Feuer, wo die Frauen das Essen kochten. Sie taten ruhig ihre Arbeit und schienen gar nicht zu hören, daß in den Zelten jemand zu Tode gefoltert wurde.
    »Was geschieht dort?« rief sie atemlos.
    Die Frau, die ihr am nächsten war, hob den Kopf ein wenig.
    »Mäm?«
    »Kannst du nicht hören, was ich sage?« fuhr Judith sie wild an. »Was geschieht dort?«
    Die Frau schaute nach der Richtung, zuckte die Schultern und schüttelte den Kopf. »Ach, nicht kümmern, Miß. Sie nur bekommen Kind.«
    Judith hielt sich die Ohren zu und taumelte nach dem Blockhaus zurück. Als sie es erreichte, warf sie sich auf das Bett, ohne die Hände von den Ohren zu nehmen. Trotzdem konnte sie das Schreien noch hören. Es war zwar schwach, aber unverkennbar. Entsetzt lauschte sie darauf, als Angelique ins Haus trat.
    Die Dienerin eilte ängstlich zu ihr. In ihrer Aufregung redete sie teils französisch, teils englisch. Sie setzte sich auf den Bettrand, nahm Judith in die Arme und sprach auf sie ein. Aber es dauerte einige Zeit, bis Judith verstand, was sie ihr sagen wollte. Da sie es immer wiederholte, konnte Judith es schließlich verstehen.
    »Ich einmal haben Kind, Miß. Ich werden helfen, wenn Ihre Zeit kommen.«
    Judith hob den Kopf.
    »Ich helfen Miß«, sagte Angelique wieder.
    »Ach, du hast ein Kind gehabt?«
    Die Dienerin nickte.
    »Was ist aus deinem Kind geworden?«
    »Kind tot, Miß. Aber wir nicht lassen sterben Ihr Baby.«
    »Du willst für mich sorgen?«
    Angelique lächelte und nickte.
    Judith legte die Arme um sie und verbarg ihr Gesicht. Angelique drückte sie an sich und streichelte das Haar ihrer Herrin zärtlich. Dann begann sie ein Lied zu singen, als ob sie ein Kind in Schlaf wiegen wollte.
    Yé halé li la cyprier
So bras yé 'tassé par derrier,
Yé 'tassé so la main divant …
    Judith konnte die Worte nicht verstehen, und auch Philip gelang es nicht, als er hereinkam und Angelique immer noch sang. Später erzählte er Judith, daß es das Französisch sei, das die Kongosklaven sprachen. Aber Angeliques Stimme klang so zart und einschmeichelnd, ihre Liebkosungen waren so behutsam, daß es keiner Worte dazu bedurfte. Judith fühlte sich nicht mehr allein.
    Trotz des großen Feuers war es in diesen Tagen im Blockhaus ziemlich kalt. Judith hatte nicht gedacht, daß es in Louisiana jemals kalt werden könnte. Aber der Winter war mit feuchter Kälte hereingebrochen, und draußen herrschte ein so kühler Nebel, daß man nicht warm werden konnte.
    Philip hatte den Negern den Auftrag gegeben, das Dach auszubessern, aber es schützte nicht genug gegen die schweren Winterregen, und die Feuchtigkeit drang durch die Ritzen zwischen den Baumstämmen. Philip versprach, noch mehr Kitt zu beschaffen, wenn er zur Stadt fuhr. Aber er vergaß es wieder, denn der Indigo wurde jetzt ausgepflanzt, und er hatte nur Sinn für die prachtvollen Felder.
    Im Januar lichtete sich der Nebel, und die Tage wurden kalt, aber hell und sonnig. Judith fühlte sich bedeutend wohler. Unerwartet schnell kam der Februar.
    Niemand hatte ihr gesagt, was sie im Februar zu erwarten hatte. Sie hatte nur den Namen des Monats gehört. Aber als sie eines Morgens aufwachte, war der Tag so herrlich, der Himmel klar, das Sonnenlicht golden, daß sie aus dem Bett sprang und sich auf das Fensterbrett stützte. Sie wünschte nur, daß ihr Körper nicht so schwer wäre, denn sie hätte am liebsten getanzt. Strahlender Sonnenschein lag über den Eichen und Magnolien, und es war hell und schön wie im Sommer, obwohl es noch kalt war.
    Die Tage vergingen, aber das Wetter blieb herrlich. Obwohl Judith manchmal glaubte, ihre Beine wären so schwer, daß sie kaum von einer Seite des Blockhauses zur anderen gehen könnte, fühlte sie sich doch seltsam beschwingt. Was war dies doch für ein sonderbares, wundervolles Land, in dem der Februar so unvergleichlich schön sein konnte! Der Name des Monats klang nach Schnee und Eis, aber hier sproßte und grünte alles. Die neu hervordrängenden Blätter der immergrünen Eichen stießen die alten ab, so daß sie auf die Erde niederfielen, und an den Magnoliensträuchern bildeten sich lange, dunkle Knospen. Das Spanische Moos, das von den Bäumen herabhing, war im Winter grau gewesen. Jetzt bekam es einen grünlichen Schein. Überall regte sich frisches Leben, beglückend und wundersam.
    Warum hatte ihr im letzten Sommer, als die Hitze sie beinahe umbrachte, niemand gesagt, daß es im Februar derart schön sein würde?

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