Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden
Anlegestellen für die Boote in Ordnung zu halten.« Philip grinste. »Das hat Spaß gemacht!«
Judith schüttelte den Kopf und seufzte. Philip betrachtete alles von der scherzhaften Seite, besonders wenn es mit einer Gefahr verbunden war. Keinen Augenblick dachte er daran, daß dieses Abenteuer böse Folgen für sie und David hätte haben können, wenn er abgefaßt und wegen Schmuggelns gehängt worden wäre. Immerhin war sie dankbar, daß Philips rücksichtsloses Vorgehen ihm genug Geld eingebracht hatte, um das Land zu bezahlen, das er von Walter Purcell gekauft hatte. Sie bestand darauf, daß diese Schuld abgetragen wurde, obwohl Philip warten und die Summe zum Ankauf neuer Haussklaven für sie verwenden wollte. Aber Judith hatte von Jugend auf gelernt, daß Schulden beschämend seien und nicht anstehen durften.
Philip hatte recht gehabt mit seiner Voraussage. Bevor der Frühling zu Ende war, schmuggelten alle Leute, die am Fluß wohnten, und Gouverneur Unzaga war verzweifelt. Philip unternahm drei weitere Fahrten nach Neuorleans und schmuggelte vergnügt seine ganze Ernte. Judith blieb äußerlich ruhig, obwohl sie besorgt war. Sie sagte sich ingrimmig, daß sie ja einen so steifen und biederen Mann, wie es ihr Vater und ihr Bruder waren, hätte haben können, wenn sie gewollt hätte. Aber diese unerschrockene Sorglosigkeit, die ihr soviel Sorgen bereitete, liebte sie ja gerade an Philip.
Ob nun die Hasenpfote wirkte oder nicht, die zweite Entbindung verlief überraschend leicht. Judith fragte Philip, ob er etwas dagegen hätte, wenn sie dem Kind den Namen ›Christoph Columbus‹ geben würde.
»Ich fühle mich wie Columbus«, fügte sie hinzu. »Ich habe viele neue Dinge in einer neuen Welt entdeckt.«
Aber Philip erklärte, daß keiner seiner Söhne Columbus heißen würde. Christoph könnte sie ihn nennen, wenn sie es wünschte. Sie sagte, ihre Heirat mit ihm wäre wie eine Reise in eine neue Welt. Er wußte nicht sicher, was sie damit ausdrücken wollte. Aber als sie ihn fragte, ob sie den Namen des Kindes aussuchen dürfte, fürchtete er, daß sie den Jungen Melchisedek nennen oder ihm einen anderen dieser grauenvollen biblischen Namen geben würde, wie es in ihrer Familie üblich war. So atmete er auf, daß es zu diesem Kompromiß kam.
Der Gewinn aus der nach Neuorleans geschmuggelten Indigoernte hatte seine kühnsten Hoffnungen übertroffen, und er war so zufrieden über seine Klugheit, mit der er die spanischen Zollbeamten hinters Licht geführt hatte, daß er Judith in beinahe allen Fragen nachgegeben hätte.
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M ark Sheramy sagte, daß Schmuggel nicht ehrenhaft sei, und weigerte sich, daran teilzunehmen. Aber er kalkulierte seine Kosten so geschickt, daß er trotz der erhöhten Hafenzölle einen geringen Verdienst herauswirtschaftete und ein kleines, aber sehr gemütliches Fachwerkhaus aus Moos und Lehm in Silberwald bauen konnte.
Im zweiten Frühling der Revolution, als Christoph nahezu ein Jahr alt war, sagte Caleb zu Judith, daß er nach Neuorleans fahren wollte, um mehr Sklaven zu kaufen. Philip besorgte ihm darauf einen Platz auf einem Boot, das seinem Freund Alan Durham gehörte. Dieser war ein amerikanischer Siedler, der, anstatt sein Land zu bebauen, eine Werft gegründet hatte, Boote baute und diese an die Händler auf dem Strom verkaufte. Er stellte die verschiedensten Arten von Fahrzeugen her und benützte dazu das Holz, das er in seinen großen Wäldern fällte. Durch die Vermittlung seines wohlwollenden französischen Schwiegervaters konnte er seinen Handel bis nach Neuorleans ausdehnen.
Erstaunt und bezaubert wanderte Caleb durch die Straßen von Neuorleans. Eine berückend schöne Stadt! Der Strom zog in Windungen an ihr vorüber, und hinter ihren Häusern erhob sich ein Palisadenzaun, um die Indianer abzuhalten. In diesen Tagen hatte er zwar kaum noch Zweck, da die meisten benachbarten Stämme entweder mit Geld bestochen waren oder keine Bedeutung mehr besaßen. Die große Palisade war vor sechzig Jahren dort errichtet worden, als Neuorleans nur aus einem Haufen kleiner Hütten bestand, in denen die Bewohner furchtsame Tage zubrachten.
Caleb gefielen diese etwas schlammigen Straßen, die niemals trocken zu werden schienen, weil der weiche Schlamm zwischen den Pflastersteinen durchdrang. Es machte ihm auch Freude, die Damen mit ihren Spitzenmantillen zu bewundern, die am Fuß der Treppe zur Kathedrale aus ihren Tragestühlen stiegen, damit sie die schönen Schuhe nicht
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