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Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße

Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße

Titel: Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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Munde; das verstanden sie vorzüglich; aber menschlich wollten sie mit ihnen nichts zu tun haben; eine schwarze Haut nur anzurühren, gewannen sie niemals über sich.
    Doch mochten sie tun, was sie wollten – Corrie May fragte nicht danach. Sie hatte sich darum zu kümmern, wie sie selbst im Leben vorwärtskam. Die Monate flossen dahin, und je weiter sie vorrückten, desto inniger fühlte Corrie May sich mit ihrem neuen Schicksal einig.
    Es ergab sich wie von selbst und ganz unmerklich, daß Corrie May und Mr. Gilday gewissermaßen Freundschaft miteinander schlossen. Sie machten sich gegenseitig wenig vor; sie war sich völlig darüber im klaren, worauf er hinauswollte; zwar schmeichelte ihr seine Ausdauer; zugleich aber fand sie es erheiternd, wie eingenommen er von sich selber war. Sie blieb dabei, Jed diesem Mr. Gilday vorzuziehen, denn Jeds Mutter hatte ihrem Sohn vor anständigen Mädchen Respekt beigebracht. So ließ sich Corrie May ihre Arbeit nicht verdrießen und vergaß nicht ein einziges Mal, die Fahne mit den Sternen und den Streifen durch einen ehrbaren Knicks zu grüßen.
    Die Agenten der Regierung hatten großen Spaß daran, an jeder zweiten Straßenecke eine Fahne zu entfalten; sie hatten ihren Spaß daran, wenn die Gesichter der Aristokraten sich vor kalter, stummer Wut verzerrten, weil sie alle hundert Schritt gezwungen waren, stillzustehen und den Fahnen ihre Ehrerbietung zu bezeigen. »Ein paar von diesen dummen Fahnen könnten doch wohl eingezogen werden!« meinte eines Morgens Corrie May zu Mr. Gilday. (Sie war nun länger als ein Jahr für Mr. Gilday tätig.) Während sie den Flur seines Zimmers scheuerte, fügte sie hinzu: »Es ist wirklich eine Plage damit; alle naselang müssen die Leute stehenbleiben und die Mütze ziehen!«
    Er klopfte seine Pfeife an der Tischkante aus, so daß die Asche auf den Boden fiel: »Oh, es schadet ihnen gar nichts! Man muß es ihnen noch eine ganze Weile unter die Nase reiben, daß sie den Krieg verloren haben.«
    Corrie May vermochte sich eines verstohlenen Lächelns nicht zu enthalten; sie ließ sich auf ihre Knie nieder, um die Asche aufzunehmen, und senkte ihren Kopf, damit er ihr Lächeln nicht bemerkte. Aber er nahm es wahr, beugte sich hernieder und fragte: »Was gibt es denn zu lachen?«
    Sie wischte am Flur herum, als gälte es ihr Leben, und brachte nach einigen Augenblicken der Verlegenheit heraus: »Mich geht das überhaupt nichts an!«
    »Ach was, zier dich nicht! Ich kann auch böse werden!«
    Sie hockte sich auf den Fußboden, hielt den Scheuerbesen in der einen und das Wischtuch in der anderen Hand: »Mr. Gilday, das können Sie mir glauben: ich hab' das Volk, das vor dem Krieg die vielen Sklaven besaß, weiß Gott, nicht in mein Herz geschlossen. Sie haben mich herumgestoßen, als wär' ich ein Holzklotz. Aber Sie können sie hundertmal am Tag vor der Fahne strammstehen lassen, Sie können sie meinetwegen bis zum Jüngsten Gericht durch die Nigger vom Bürgersteig boxen lassen – die ändern Sie nicht, die nicht! Wenn Sie wissen, was ich meine …!«
    »Nur weiter!« sagte Mr. Gilday, als sie innehielt. Er strich sich nachdenklich über sein Kinn.
    Corrie May zögerte, aber dann fiel ihr ein, daß es jetzt keine Unterschiede mehr zwischen den Leuten gäbe; jeder mochte sagen, was ihm in den Sinn kam; so fuhr sie fort: »Mr. Gilday, an die Leute kommen Sie nicht heran, solange Sie das Volk nicht an der Stelle treffen, wo sie mit dem lieben Gott die besondere Abmachung getroffen haben, daß sie etwas Besseres sind als andere Menschen. Sie haben Bildung und Manieren, und das sind sehr schöne Sachen. Ich wollte, ich hätte auch ein wenig davon abgekriegt. Aber die Larnes, die Sheramys und all die anderen von der gleichen Sorte, die glauben fest und treu daran, der liebe Gott hätt' sie aus einem andren Klumpen Erde gebacken als uns gewöhnliches Pack. Daß wir genauso vornehme Leute geworden wären wie sie, wenn wir in der gleichen Wiege gelegen hätten, auf den Gedanken sind sie noch nie verfallen.«
    Die kleinen schwarzen Augen Mr. Gildays verengten sich, während er sie betrachtete, als sähe er sie zum ersten Male; sein Mund streckte sich zu einem Lächeln, bei dem die Lippen geschlossen blieben. Nach einer Weile stellte er die Frage: »Hast du dir das alles selber ausgedacht, Corrie May?«
    »Daß ich auf den Kopf gefallen bin, hat mir bisher keiner nachgesagt, mein Herr!«
    Sie erhob sich.
    Mr. Gilday lächelte und nickte. Er ließ seine

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