Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße
Woche. So gut war ihr die Arbeit noch nie bezahlt worden. Aber ehe sie noch antworten konnte, mischte sich Mr. Gilday ins Gespräch. »Du bist ein Geizkragen, Dawson. Wir wollen uns auf zehn Dollar die Woche einigen.«
»Zehn?« echote Corrie May ganz außer Fassung. Hier war ja allerhand gefällig im Gerichtsgebäude, seit die Männer aus dem Norden ihren Einzug gehalten hatten. Vielleicht waren solche Löhne im Norden üblich; dort gab es auch keine Neger, die umsonst arbeiten mußten. Sie spürte, wie Mr. Gildays Hand sich's wieder auf ihrem Oberschenkel wohl sein ließ.
»Zehn also!« versicherte er ihr.
Corrie May lächelte; sie hob die allzu vertrauliche Hand wieder fort und blickte dem Mann geradenwegs in die Augen: »Mir genügen fünf; dann können Sie die Hände in der Tasche behalten!« Ein lautes Gelächter war die Antwort, an dem sich auch Gilday kräftig beteiligte; die Männer hatten sich schon in jenen Zustand hineingetrunken, in dem man nett und mürbe wird und die ganze Welt vergnüglich findet. »Ach was, bleiben wir bei zehn!« beharrte Mr. Gilday aufgeräumt und schlug ein mächtiges Kontobuch auf, das vor ihm auf dem Tisch lag. Die Seiten waren in Kolonnen und in Zeilen eingeteilt, und am Kopfe jeder Seite schwebte das bunte Bild eines Adlers! Er tauchte die Feder ins Tintenfaß: »Wie heißen Sie?«
»Corrie May Upjohn.«
»Wie alt?«
»Zwanzig.«
Er murmelte die Antworten vor sich hin, während er sie niederschrieb: »Dritten Oktober achtzehnhundertfünfundsechzig. Corrie May Upjohn, zwanzig, für Reinigen des Gerichtsgebäudes, zehn Dollar die Woche.« Er holte eine Bibel aus einem Schubfach und hielt sie ihr hin: »Leg deine Hand darauf. Bist du also willens, feierlich zu schwören, die Verfassung der Vereinigten Staaten zu achten? Bist du willens, zu beschwören, daß du alle Gesetze treulich befolgen wirst, die der Kongreß erlassen hat, dazu alle Verordnungen des Präsidenten der Vereinigten Staaten, soweit sie vom Obersten Gerichtshof nicht widerrufen werden?«
»Gewiß doch!« sagte Corrie May. »Aber was hat denn das damit zu tun, daß ich hier saubermachen soll?«
Mr. Gilday schien sich vor Spaß nicht fassen zu können: »Du kannst so bleiben. Aber jetzt ist Schluß!«
Corrie May ließ sich vom Schreibtisch heruntergleiten: »Soll ich heute schon anfangen? Oder erst morgen früh antreten?«
»Na, das kommt nicht so genau drauf an!« ließ sich Gilday voller Wohlwollen vernehmen. »Sie haben ja nicht einmal Schuhe an!«
»Das Wetter ist noch warm«, erwiderte Corrie May.
»Kaufen Sie sich lieber ein Paar!« meinte Mr. Gilday, zog aus seiner Tasche ein Päckchen Dollarnoten, ungefähr zwei Zoll stark, und blätterte eines der erfreulichen Papiere herunter. Er legte es auf den Schreibtisch in die Nähe ihrer Hand. Corrie May kicherte in sich hinein. Das war ja beinahe ein Gesellschaftsspiel. Mit Daumen und Zeigefinger schnippte sie den Geldschein dem Spender wieder zu:
»Nichts für ungut, Mr. Gilday!« sagte sie und fügte, vom Gelächter der übrigen befeuert, höchst vergnügt hinzu: »Wenn es dunkel geworden ist, dann müssen Sie mal am Hafen Spazierengehen, Mr. Gilday, flußabwärts. Und wenn Ihnen nicht gefällt, was Ihnen da begegnet, dann marschieren Sie nur immer weiter, an den Valcourschen Lagerhäusern vorbei; und wenn sich seit dem Kriege nichts verändert hat, so müssen Sie hinter dem letzten Speicher in die dritte Querstraße links einbiegen. Aber«, fuhr sie lächelnd nach einer kleinen Pause fort, »das ist nicht da, wo ich wohne –! Also guten Tag allerseits! Auf morgen früh!«
Ein schallendes Gelächter folgte ihr, als sie die Tür hinter sich ins Schloß zog. Sie wußte nicht genau, was diese Männer darstellten; aber sie gefielen ihr; sie waren in Ordnung. Und diesen lustigen Mr. Gilday im Zaum zu halten – das war kein Kunststück. Schon seit ihrem zwölften Jahre meisterte sie dies Handwerk mit Erfolg. Wie gewöhnlich war der Mann gekleidet! Dabei schien er eine Menge Geld zu besitzen! Zehn Dollar in der Woche, das stelle sich einer vor! Und er hatte es in ein Regierungsbuch eingeschrieben; es mußte also stimmen. Corrie May pfiff munter vor sich hin; sie strebte dem Hinterausgang zu. »Wie ist es mit der Stellung?« fragte sie eine freundliche Stimme, als sie wieder ins Freie trat.
Sie schaute in Jed Lindsays breites, vertrauenerweckendes Gesicht. »Ja, ich hab' sie bekommen«, erwiderte sie. »Morgen früh fange ich an!«
»Das ist ja
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