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Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße

Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße

Titel: Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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lassen, daß Geld die Menschen so ungemein zu ihrem Vorteil wandelt.
    Sie hatte geglaubt, genau zu wissen, wie es unter Eheleuten zugeht. Am Rattletrap Square blieb nichts Privates verborgen. Mit ihren eigenen Ohren hatte Corrie May vernommen, wie des Nachts die Frauen ihre Männer anschrien, sie in Frieden zu lassen: sie hätten schon Kinder genug in die Welt gesetzt. Sie hatte dieselben Frauen noch wilder keifen gehört, wenn die Männer loszogen, um sich am Hafen ein allzu williges Mädchen zu greifen. Sie hatte geholfen, wenn Kinder geboren, und auch, wenn die dürftigen toten Körperchen aufgebahrt wurden; die verbrauchten Leiber der Mütter gaben keine Milch mehr her, sie am Leben zu erhalten; die winzigen Wesen verhungerten schnell. Am Rattletrap Square brüllten sich die Leute an, wenn sie wütend wurden; die Weiber warfen den Männern Holzscheite an den Kopf, und die Männer zahlten mit Hieben zurück.
    Zwar hatte sie nicht erwartet, daß Denis und Ann ebenso hart miteinander umgingen wie die Leute am Rattletrap Square; doch auf so viel Höflichkeit und Ritterlichkeit, auf so viele angenehme Schmeicheleien war sie nicht gefaßt gewesen; sie klopften an die Tür des anderen und fragten: »Darf ich eintreten, Liebe ›oder Lieber‹? Bist du beschäftigt?« Corrie May war nun regelmäßig auf Ardeith tätig; sie beobachtete mancherlei, obgleich sie sich stets bescheiden im Hintergrund hielt, auch kaum beachtet wurde. Wie Ann und Denis miteinander umgingen – so ganz anders als alle Menschen, die Corrie May sonst kannte –, das bezauberte sie fast. Weder Ann noch Denis besaßen engelhafte Anlagen im Überfluß; aber selbst wenn sie sich zankten, geschah auch dies noch auf wohlerzogene Weise.
    Corrie May erlebte zum Beispiel einen Tag, an welchem Oberst Sheramy zum Mittagessen geladen war und danach mit Denis in der Bibliothek in Streit geriet. Corrie May war von Ann zu Mrs. Maitland, der Haushälterin, geschickt worden, um sich einige Sommergardinen aushändigen zu lassen, die in der Wäsche beschädigt worden waren und geflickt werden mußten. Als sie an der Tür der Bibliothek vorüberkam, vernahm sie, wie Denis und Oberst Sheramy sich zankten.
    Der Oberst meinte heftig: »Vollkommen falsch, Denis! Die Rebellen in South Carolina bedrohen ihr eigenes Wohlergehen ebenso wie das unsere. Die Union zu spalten würde …«
    Denis fiel ihm ins Wort: »Zwanzig Jahre lang hat der Kongreß jetzt unsere Rechte geschmälert. Die ewigen Eingriffe des Parlaments …«
    »Welche Eingriffe, du junger Heißsporn? Der Süden war es mit seiner Empfindlichkeit, der den Vergleich von 1850 annullierte! Es waren die Männer aus den Südstaaten am Obersten Bundesgericht …«
    Die Stimmen verklangen hinter Corrie May. Als sie wieder in ihrem Nähzimmer saß, hörte sie die beiden Männer immer heftiger miteinander streiten, wenn sie auch kein Wort verstehen konnte. Schließlich ließ der Oberst sein Pferd vorführen, schwang sich wütend in den Sattel und ritt davon. Auch Denis hatte die Bibliothek verlassen; in der Halle trat ihm Ann entgegen. Sie hatte ihn offensichtlich erwartet.
    »So sprichst du also mit meinem Vater!« rief sie. Die beiden standen in der Halle vor der Tür des Nähzimmers einander gegenüber.
    »So werde ich mit jedem reden, der mich einen ahnungslosen jungen Dummkopf nennt«, erwiderte Denis zornig. »Wenn man deinen Vater hört, so könnte man glauben, einen Parlamentarier vor sich zu haben; von der Abschaffung der Sklaverei kann leicht salbadern, wer nichts davon versteht.«
    »Das stimmt nicht und hat auch nichts damit zu tun, daß du ihn respektlos behandelst. Wenn du nicht daran denkst …«
    »Du verstehst nichts von Politik, und ich verzichte auf deine politischen Ansichten!« Kein Zweifel: Denis wurde noch zorniger. Doch Ann schlug zurück: »Ich rede nicht über Politik. Ich rede über dein Benehmen. Du bist ungehobelt wie ein Sklaventreiber. Ich wünsche, daß du ihm sofort nachreitest und dich entschuldigst!«
    »Ich bedaure nicht ein einziges Wort, das ich ihm gesagt habe, und werde mich nicht entschuldigen. Es war allerhöchste Zeit, ihm einige Tatsachen klarzumachen.«
    »Du wirst dich doch entschuldigen!«
    »Ganz und gar nicht! Sei still!«
    »Du beleidigst meinen Vater und willst mir den Mund verbieten. Du willst dich also nicht entschuldigen?«
    »Keineswegs!«
    »Du unerträglicher Grobian!«
    Corrie May vernahm schnelle Schritte und das Rascheln gestärkter Unterröcke. Ann lief

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