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Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße

Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße

Titel: Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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»Ihr wißt es natürlich nicht, weil es euch keiner jemals verraten hat. Die Yankees wollen nichts weiter als die Neger in Freiheit setzen. Und wenn sie es erreichen? Was geht es euch an? Keiner von euch besitzt auch nur einen einzigen Nigger als Eigentum. Wollt ihr euch für anderer Leute Nigger totschießen lassen? Mag sie verteidigen, wem sie gehören! Ihr jämmerlichen Hohlköpfe in der feinen Uniform! Ihr kommt euch so viel vor! Ihr seid so stolz, wenn ihr euch im Spiegel beguckt! Warum habt ihr nicht so viel Courage, der ganzen Bande einfach zu sagen: hol euch der Teufel mitsamt eurem Krieg!«
    Aus der Menge stieg laut eine Stimme auf: »Das Mädchen redet Hochverrat!«
    »Nichts da von Hochverrat!« schrie Corrie May. »Ich rede mit Verstand. Ich will euch nur klarmachen, daß euch die Reichen bloß ins Feld schicken und in den Tod, damit sie ihre Nigger behalten! Wenn die Sklaven freigelassen würden, dann bekämen wir alle bessere Löhne! Ja, wir alle! Ihr seid ja verrückt! Euch kann ja gar nichts Besseres passieren, als daß die Nigger freigesetzt werden! Ihr …«
    Ein harter Lehmklumpen traf sie in den Magen. Ihr blieb die Luft fort. Sie keuchte: »Ihr armen, blöden …«
    »Stopft ihr das Maul!« gellte eine andere Stimme. »Werft sie ins Loch!«
    Ein zweiter schwerer Lehmklumpen prallte ihr an die Brust. Sie taumelte; ein stechender Schmerz durchfuhr sie; aber noch hielt sie sich aufrecht und rief mit schon nachlassender Kraft: »Ich kann nicht still sein. Ich sage ja nur, was ich weiß. Es ist die Wahrh…«
    Ein Knüppel krachte auf ihren Schädel. Halb ohnmächtig vernahm sie die Worte: »Halt endlich dein verdammtes Maul!« Corrie May fühlte, wie sie fiel. Sie wollte schreien. Ein Faustschlag ins Gesicht erstickte ihre Stimme; sie sank in den Schlund der wirbelnden Menge von Soldaten und alten Leuten und kreischenden Weibern und Kindern. Man schlug sie und trat sie und zerrte sie über den Boden. Sie wehrte sich wie ein Tier mit Nägeln und Fäusten und Zähnen; noch als sie am Boden lag, biß sie in der Leute Waden. Aus endlos weiter Ferne hörte sie Budge brüllen: »Laßt sie am Leben, laßt sie in Frieden! Sie weiß es nicht besser!«
    Sie konnte Budge nicht sehen. Sie konnte überhaupt keinen Menschen mehr von einem anderen unterscheiden. Sie wußte nur: ich liege am Boden, und das ganze Volk trampelt auf mir herum. Sie rissen ihr das Haar mit den Wurzeln aus, und das Blut rann ihr in die Augen. Irgendein Fuß traf sie in den Magen. Ein würgender Schmerz wühlte in ihrem Inneren auf; sie übergab sich. Über und um sich her, sehr weit entfernt, sehr weit, hörte sie die Leute davon reden, wie sie alle Yankees so zertreten wollten und auch alle die Verräter, die es außerdem noch wagten, gegen den Krieg aufzutreten. Aber es war ihr schon gleichgültig, was ihre Peiniger schrien und brüllten. Sie mußte speien; man schlug sie weiter; sie blutete. Sie war nicht einmal mehr imstande, dagegen anzukreischen. Sie konnte kaum noch schlucken, sie würgte und bettelte nur noch armselig, sie, bitte, bitte, in Frieden zu lassen und aufzuhören. Aber sie hörten nicht auf. Sie waren zu wilden Tieren geworden, die wie Wölfe ihre Beute in Stücke reißen wollten.
    Schließlich vermochte Corrie May nichts weiter, als nur noch zu stöhnen unter den Fäusten und Füßen – dann konnte sie selbst das nicht mehr. Es wurde schwarz um sie her; in ihren Ohren donnerte ein nie gehörter Donner. Ihr war, als hätte sie jemand auf den Kopf gestellt und wieder umgedreht und abermals verkehrt herum, und ständig schlug irgendwer mit einer Keule gegen ihren Leib! Bis sie am Ende auch das nicht mehr spürte.
II
    T ief in dem Abgrund der Schwärze, in den gestürzt sie lag, kam sie unendlich langsam wieder zu sich. Sie erschauerte; ihr zerschlagener Mund murmelte leise bettelnd: »Nicht mehr treten, nicht mehr treten!«
    Alles um sie her blieb still. Haben sie meine Ohren taub geschlagen, fragte sie sich in müdem Schrecken. Gefühl kehrte langsam wieder in ihre Glieder zurück und mit ihm Schmerzen am ganzen Leibe. Ihr Kopf, ihre Arme, ihre Beine schienen wie Magneten von allen Seiten Schmerz anzusaugen, je heller sie wieder zu Bewußtsein gelangte. Sie machte den Versuch, die Augen zu öffnen. Sie waren wie zugeklebt. Ihrer Kehle entrang sich ein langdauerndes, schluchzendes Geräusch.
    Von irgendwo aus der Finsternis vernahm sie eines Mannes Stimme: »Was ist Ihnen passiert, meine Dame?«
    Plötzlich begriff

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