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Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes

Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes

Titel: Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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was ihr von außen angetan werden konnte, schrecklicher war als das, was sie sich selber antat.
    Es klopfte an der Tür. Eleanor sprang auf, von einer jähen Hoffnung geschüttelt. Sie stolperte in der Hast über einen Stuhl und wäre beinahe gefallen. Als sie die Tür aufriß, stand Bessy draußen; es war ihr wie ein Schlag ins Gesicht.
    »Was ist, Mrs.?« fragte Bessy verwundert. »Mrs. schon aufgestanden und angekleidet?«
    Eleanor hatte vergessen, daß sie sich während der Nacht gar nicht ausgezogen hatte. Sie hoffte, Bessy würde nicht sehen, daß ihr Bett noch unbenutzt war.
    »Ja«, sagte sie, »was gibt es?«
    Bessy gab ihr einen soeben eingetroffenen, persönlich zugestellten Brief aus New Orleans. Die Adresse war mit der Maschine geschrieben. Eleanor setzte sich hin und drehte den Brief in den Händen. Sie fühlte sich so leer, enttäuscht und geschlagen, daß sie zögerte, ihn zu erbrechen, obgleich er wichtig sein mußte, da er mit einer besonderen Zustellungsmarke versehen war. Schließlich riß sie den Umschlag auf, ein beschriebener Bogen und zwei gedruckte Zettel fielen in ihren Schoß. Der Brief war von ihrem Vater. Er enthielt nur ein paar Zeilen: Sie werde vermutlich an den beiliegenden Notizen interessiert sein. Im übrigen viele liebe Grüße.
    Eleanor war an gar nichts interessiert. Nichtsdestoweniger hob sie den kleineren Zettel auf und begann zu lesen. Fred hatte mit Bleistift an den Rand geschrieben: ›NEW YORK TIMES 2. März.‹
    Auf dem Ausschnitt stand ein kurzer Artikel, der ohne Kommentar feststellte, daß das britische Großkampfschiff ›QUEEN ELIZABETH‹, das sich gegenwärtig in den Dardanellen aufhalte, jedesmal, wenn es einen Schuß aus seinen fünfzehnzölligen Geschützen abfeuere, einen Ballen Baumwolle verbrauche.
II
    E leanors Augen waren umwölkt vor Müdigkeit, während sie versuchte, den zweiten Zettel zu lesen. Es war dies kein Zeitungsausschnitt, sondern eine herausgeschnittene Seite aus einer Enzyklopädie. Sie enthielt einen mit der Überschrift ›Explosivstoffe‹ versehenen Teil eines Artikels. Die meisten in dem Artikel verwandten Ausdrücke waren Eleanor nicht bekannt. ›Schießbaumwolle‹, las sie, ›Nitrozellulose, rauchschwarzes Schießpulver‹.
    Eleanor stand auf. Sie dehnte sich in Armen und Schultern, um die Steifheit aus den Gliedern zu bekommen. Der innere Aufruhr ihres Gemütes über Kester, Isabel und ihr eigenes Verhalten begann sich allmählich zu legen; ein neuer Gedanke arbeitete in ihrem Kopf. Sie ging ins Badezimmer und ließ kaltes Wasser über ihre Augen laufen. In ihr Zimmer zurückkehrend, nahm sie den Hörer ihres Telefons ab.
    Sebastian würde zu so früher Stunde noch nicht in seinem Büro sein; sie rief deshalb seine Wohnung an. Als seine Stimme sich am anderen Drahtende meldete, nahm sie den ganzen Rest ihrer Kraft zusammen.
    »Sebastian«, sagte sie, »du wirst heute einen Verkaufsauftrag von Kester bekommen. Ich rufe dich an, um dir zu sagen, daß Kester seinen Entschluß geändert hat. Er will noch nicht verkaufen.«
    »Warum, Eleanor, was ist geschehen?« fragte Sebastian.
    »Kester wird es dir später sagen«, antwortete sie. »Aber – verstehst du mich auch klar? Nicht verkaufen!«
    »Eleanor, ich weiß zwar nicht, was ihr wollt, aber ich kann dir nicht nachdrücklich genug raten, jetzt zu verkaufen. Deutschland und England – –«
    »Hast du schon einmal etwas von Schießbaumwolle gehört, Sebastian? Nitrozellulose und so weiter?«
    »Was heißt das?«
    »Es ist gleichgültig. Nicht verkaufen, Sebastian!«
    Sie verabschiedete sich kurz und hängte den Hörer ein. Die Anstrengung, den in hellwacher Einsicht gefaßten Entschluß sofort durchzuführen, hatte sie den letzten Zipfel ihrer Kraft gekostet. Während der Hörer klickend in die Haltegabel zurückfiel, sank sie auf das Bett, und ohne die Schuhe auszuziehen oder den Gürtel zu öffnen, fiel sie in Schlaf.
    Als sie erwachte, stand die Sonne hoch am Himmel. Einen Augenblick war sie erschrocken, so lange geschlafen zu haben und sich, gekleidet wie am Vortage, auf dem Bett zu finden. Dann erinnerte sie sich an alles, was geschehen war, und sprang auf. Kester war nicht nach Hause gekommen. Die Bediensteten schlichen mit merkwürdigen Blicken durchs Haus, als machten sie sich über diesen Umstand ihre eigenen Gedanken, aber Eleanor tat, als sei gar nichts geschehen. Sie gab ihre Anordnungen für den Haushalt, ruhig und sachlich wie immer, sie überzeugte sich, daß für

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