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Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes

Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes

Titel: Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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Plötzlich machte ihr Herz ein paar kleine heftige Sprünge; sie legte die Hände darüber, als könnte sie so das Klopfen abschwächen. Was hatte sie gesagt? War sie sehr grausam gewesen? Ihre Worte kamen ihr langsam ins Bewußtsein zurück, mit ihrer einfachen und unmißverständlichen Forderung, die kein Mann von Kesters Natur unbeachtet lassen konnte, wenn er sie vernahm. Die Wände begannen um sie herum zu wanken bei dem Gedanken, er könnte aus ihren Feststellungen die nüchternen Konsequenzen ziehen.
    Sie rannte quer durch die Halle und öffnete mit jäher Bewegung die Tür zu Kesters Zimmer.
    Sie sah zwei geöffnete Koffer auf dem Fußboden, halb voll mit einem Wirrwarr von Hemden, Schuhen und Pyjamas. Die Schubladen seiner Kommode standen offen, und Kester ging zwischen Kommode und Koffern hin und her, brachte Wäsche heran und stapelte sie zu Haufen. Als sie hereinkam, sah er flüchtig auf, unterbrach aber seine Tätigkeit nicht und sprach auch kein Wort.
    »Kester«, sagte sie. »wohin willst du?«
    »Ich weiß es wirklich noch nicht«, antwortete Kester. Er lag auf den Knien und tat seine Zahnbürsten in einen Behälter.
    »Kester, ich habe es nicht so gemeint«, rief Eleanor. »Ich habe wahrhaftig nie im Traum daran gedacht – –«
    »Ich hätte selber längst daran denken sollen«, entgegnete Kester ruhig. »Ich hätte mir sagen sollen, daß sechs Monate eine lange Zeit sind, freies Logis in Anspruch zu nehmen.«
    Eleanor preßte die Hände so stark, daß sie das Knacken der Gelenke hören konnte. »Willst du mir nicht verzeihen, Kester«, sagte sie, »ich war so in Zorn – ich weiß kaum, was ich gesagt habe. Aber gewiß wollte ich nicht – dachte ich nicht, was du jetzt von mir glaubst.«
    »Würdest du bitte hier weggehen, damit ich mein Jackett nehmen kann«, sagte Kester.
    Sie tat einen Schritt beiseite. Mit einem leeren Blick sah sie, daß Kester das Jackett nach seiner Gewohnheit über einen vorspringenden Wandleuchter gehängt hatte. Er nahm es jetzt herunter und begann es zu falten.
    Eleanor blieb stehen, wo sie war, regungslos in der äußersten Hilflosigkeit, von der sie sich befallen sah. Kester fuhr fort, die Koffer zu packen. Er verstaute die Sachen ohne jede Sorgfalt; beispielsweise legte er die Schuhe neben die Taschentücher, so daß man sicher sein konnte, die Politur des Leders würde die Wäsche beschmutzen. Die fein gefältelten Hemden mußten bei dieser lieblosen Behandlung zerknüllen; es war nicht anzusehen. Eleanor hatte die Eingebung, zu sagen: Laß mich das tun, du wirst sonst niemals etwas finden, wenn du die Koffer öffnest! Aber sie sagte es nicht; sie sagte auch sonst nichts, sie stand einfach da und sah zu, wie er die Sachen durcheinanderwarf und schließlich die Koffer schloß. Er hatte so viele Dinge unordentlich durcheinandergestopft, daß die Verschlüsse nicht passen wollten; er mußte sein Knie dagegenstemmen, damit die Schlösser einschnappten. Danach zog er die Verschlußriemen zu. Als er fertig war, stand er auf, nahm in jede Hand einen Koffer und ging, an ihr vorbei, durch die Tür in die Halle.
    Sie ging ihm nach; er war dabei, die Wendeltreppe hinunterzugehen.
    »Kester«, sagte Eleanor, »Kester, ich sagte dir, daß es mir leid täte. Lieber, warum gehst du weg?«
    Er setzte die Koffer ab, drehte sich um und maß sie mit einem kalten Blick von oben bis unten. Sein Gesicht war ganz ausdruckslos, nur in den Mundwinkeln war für einen Augenblick ein flüchtiges Zucken.
    »Wenn du nicht ›Arm-weiß-Pack‹ wärest«, sagte er langsam mit ruhiger Stimme, »dann würdest du mich das jetzt nicht fragen.«
    Er nahm die Koffer wieder auf und ging die Treppe hinunter. Sie stand da, mit den Händen an der Kehle, die geschlossen war und sie so drückte, daß sie nicht schlucken und sich auch nicht rühren konnte; selbst das Atmen fiel ihr schwer. Sie hörte, wie unten die Haustür geschlossen wurde, und bald darauf das Geräusch des anfahrenden Autos.
    Später in der Nacht brachte ein Neger das Auto zurück. Cameo, der auf das Läuten der Türglocke hin geöffnet hatte, brachte Eleanor einen Zettel.
    »Es tut mir leid, daß ich dein Auto entleihen mußte«, stand darauf, »aber ich habe den Tank neu auffüllen lassen. Kester.«

Zwölftes Kapitel
I
    E ine Woche lang hörte Eleanor nichts von Kester, dann erhielt sie einen Brief von ihm. Er teilte ihr in vier Zeilen mit, daß er auf dem Regierungs-Baumwollamt oberhalb des Stromes arbeite. Danach schrieb er nicht

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