Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes

Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes

Titel: Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
Vom Netzwerk:
mehr. Sie wußte nicht, wollte er sie durch sein hartnäckiges Schweigen verletzen und demütigen, oder hatte er ihr nichts mehr zu sagen.
    Eleanor hatte sich nie zuvor in ihrem Leben unsicherer, elender und unglücklicher gefühlt, sie hatte auch nie zuvor einen solchen Schlag gegen ihre Selbstachtung erhalten. Sie wagte nicht zu entscheiden, wer von ihnen den anderen am empfindlichsten verletzt habe, alles, was sie wußte, war: Kester hatte Ardeith verlassen, und sie wußte nicht, ob und wann er zurückzukehren gedachte.
    Sie rief sich ihre letzte Unterredung in die Erinnerung zurück. Ach, sie hatte ihm harte und böse Dinge gesagt. Sie hatte ihn mit der kalten und harten Wahrheit verletzt wie mit einem Messer. Aber sie hätte das gewiß nicht getan, wenn er sie nicht vorher ebenso bitter verwundet hätte, und dies, obgleich er sie doch liebte.
    Er hatte sie über die Grenzen ihrer Geduld hinaus gepeinigt und verwundet: Niemand konnte geduldig bleiben bei seiner immer wiederholten Gewohnheit, eine moralische Verpflichtung durch Charme und Liebenswürdigkeit ersetzen zu wollen.
    Immer, wenn sie so weit gekommen war, mit ihrem kläglichen Versuch, das Geschehene zu analysieren und die Ursachen des Zusammenbruchs bloßzulegen, hielt sie ein. Weiter denken durfte sie nicht, denn sie liebte Kester, sie liebte ihn immer noch, trotz seines Leichtsinns und seiner gedankenlosen Oberflächlichkeit, die sie in die Verbitterung getrieben hatten, und sie wünschte nichts so sehr auf der Welt, als daß er zurückkehren möchte.
    Sie versuchte ihm einen Brief zu schreiben. »Die Kinder fragen ein dutzendmal am Tage nach dir«, begann sie, da stockte sie schon, und nach kurzer Überlegung zerriß sie den Brief. Es war wahr: Die Kinder fragten nach ihm, aber sie durfte die Kinder nicht als Waffe benutzen; sie hätte sich selber verachten müssen, und er würde sie auch verachten, wenn sie die Kinder vorschöbe, um ihn zur Rückkehr zu bewegen. Sie beruhigte Cornelia und Philip immer wieder, indem sie ihnen sagte, der Vater käme bald wieder. Anderen gegenüber sagte sie offen, daß Kester auf dem staatlichen Baumwollamt oberhalb des Stromes arbeite, und sie sagte das so ruhig und unbefangen, daß sie für längere Zeit mit Fragen verschont blieb. So grub sie sich immer tiefer in Vereinsamung und Verbitterung hinein, bereit, über jedweden Gegenstand, nur nicht über die Dinge ihres persönlichsten Lebens zu diskutieren.
    Langsam, vage und unbestimmt zunächst, aber deshalb nicht weniger quälend, wurde ihr dann bewußt, daß die Dinge den Bereich der privaten Sphäre längst schon verlassen hatten. Zunächst war das hin und her huschende Gerücht noch ein Spinngewebe, das man wegwischen konnte. Es ist nichts, dachte sie dann, es sind nur die Nerven, aber je mehr sich Vorgänge dieser Art wiederholten, je unsicherer wurde sie, und schließlich hatte sie das peinliche Gefühl, daß jedermann ihr innerstes Geheimnis teile und daß die meisten mehr davon wüßten als sie selber.
    Sie ging in den Drugstore und sah Klara und Cousine Sylvia da sitzen und miteinander tuscheln, während sie an ihren Coca-Cola-Gläsern nippten. Als sie sich dem Tisch näherte, brach das Getuschel abrupt ab, und Sylvia rief, mit der Hand winkend: »Hallo, Eleanor!«
    »Willst du nicht Platz nehmen?« setzte Klara hinzu.
    Nein, sie wolle nicht, sie habe Eile, entgegnete Eleanor. Während sie eine Dose Coldcreame und eine Bürste für Philip kaufte – Philip hatte goldblonde, für einen Jungen ungewöhnlich lange Locken –, machte Sylvia eine nichtssagende Bemerkung über das Wetter. Eleanor streifte sie mit einem flüchtigen Blick und wunderte sich, warum Sylvia ihren fleckigen Nacken durch eine Halskrause noch besonders hervorhob, warum sie sich solche Mühe gab, jung zu wirken, obgleich sie es doch ganz offensichtlich nicht mehr war. Sylvia reagierte um eine Sekunde zu spät, um zu verbergen, daß sie Eleanor heimliche Blicke zugeworfen und sie beobachtet hatte.
    Als sie nach Hause kam, ging Eleanor in die Küche, um eine Anweisung für das Abendessen der Kinder zu geben. Dilcy und Bessy standen dicht beieinander und tratschten; Eleanor hörte Dilcy durch die halbgeöffnete Tür sagen: »Das glaube ich nicht; so war es nicht.«
    »Aber die Leute sagen es«, antwortete Bessy. Als Eleanor dann eintrat, fuhren beide wie ertappt zusammen und machten sich gleich darauf mit großer Betriebsamkeit zu schaffen.
    Eleanor hatte zugesagt, am folgenden

Weitere Kostenlose Bücher