Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes
Pflicht‹ nannte, würde sie viel mehr Zeit für ihn haben, und alles könnte noch viel schöner sein.
Er ließ das Auto vor der Verandatreppe stehen und betrat das Haus. Als er ins Wohnzimmer trat, sah er seine Eltern in eine offenbar ernsthafte Unterhaltung vertieft. Denis Larne stand am Kamin, Lysiane saß nahe dabei in einem Sessel und sah aufmerksam zu ihm auf; in ihren feinen Zügen malte sich Besorgnis. Im Augenblick, da Kester in die Tür trat, hörte er seinen Vater sagen: »Es geht nicht so weiter. Es muß ein Ende haben.«
Kester warf mit nachlässiger Geste seinen Mantel auf das Sofa und ging auf den Kamin zu. »Hallo, da seid ihr!« sagte er.
»Wo warst du, mein Lieber?« fragte Denis Larne.
»Ich habe Nelli nach Hause gebracht.«
Frau Lysiane unterdrückte einen Seufzer. »Ich dachte es mir«, flüsterte sie.
Kester griff nach einer Feuerzange und begann zwischen den Scheiten zu stochern. Mr. Lane zuckte wie in hoffnungsloser Ergebenheit die Achseln und warf seiner Gattin einen vielsagenden Blick zu. Kester legte die Zange aus der Hand, richtete sich auf und lehnte sich gegen den Kamin. Er betrachtete seine Eltern mit leicht gelangweilten Blicken.
»Ihr mögt Eleanor nicht sehr, wie?« sagte er.
»Im Gegenteil: Wir mögen sie recht gern«, versetzte Lysiane. »Aber –« sie zögerte.
»Aber sie paßt euch nicht, wie? Ich meine, hier im Hause oder im Zusammenhang mit mir.« Er ließ ein knurrendes Lachen hören. »Ihr wart gleich beim erstenmal unangenehm berührt, nicht wahr? Als sie die Bemerkung über die Turnüre machte. Ihr begreift nicht, wie ihr Vater sie in einem Deichbaulager leben lassen kann, wie? Ihr bringt das Opfer, die Karnevalsbälle zu versäumen, um ein Auge auf sie und mich haben zu können?« Er streifte sie mit spöttischen Blicken. »Damit ihr daran keinen Zweifel habt: Eure Ansicht beeindruckt mich nicht sehr. Eleanor ist das netteste Mädchen, das ich jemals kennenlernte.«
Denis Larne räusperte sich, nicht ohne Verlegenheit; er setzte sehr vorsichtig an: »Ich zweifle nicht, Kester, daß Miß Upjohn ein sehr ordentliches und verdienstvolles Mädchen ist, aber –«; er legte eine kleine Pause ein und hob leicht die Hand, »– da ist der Hintergrund – wie soll ich das ausdrücken? Nun, kurz und gut« – er sah Kester an –, »deine Mutter und ich, und nicht nur wir, sind der Meinung, daß es nicht gut ist –«
Kester unterbrach ihn brüsk. »Bleibt mir vom Leibe mit eurem Hintergrund«, sagte er. Er schlenderte zum Sofa hinüber, setzte sich und streckte die Beine aus.
»Bitte, sei nicht albern«, sagte Lysiane und wandte sich ihm zu. Sie sprudelte die Worte heraus: »Ich bin wahrhaftig nicht das, was man eingebildet nennt, aber wir sind keine Menschen, die ohne innere Verpflichtung zu leben vermögen. Und ein Mädchen wie Eleanor Upjohn gehört nicht zu uns.«
Das jähe Pathos, in das sie unwillkürlich gefallen war, nützte ihr nichts. Kester war nicht leicht zu einem ernsthaften Gespräch zu bewegen. Er entnahm seinem Etui jetzt eine Zigarette und hielt sie der Länge nach zwischen Daumen und Zeigefinger. Er machte keine Anstalten, sie anzuzünden, weil er wußte, daß seine Mutter den Tabakrauch nicht mochte, aber wie er sie betrachtete und zwischen den Fingern bewegte, hatte es den Anschein, als interessiere sie ihn sehr viel mehr als die Bemerkung Mrs. Larnes. »Oh«, sagte er nur obenhin, »und warum nicht?«
Denis Larne räusperte sich abermals. »Wir haben uns ein wenig umgetan«, sagte er, »und haben auf solche Weise einiges erfahren. Eleanors Mutter stammt Gott weiß woher; sie wuchs jedenfalls in einem Waisenhaus auf. Ihr Vater ist der illegitime Sohn einer Prostituierten und eines politischen Abenteurers.«
»Wie kannst du das wissen?« fragte Kester kurz.
Denis lächelte dünn. »Oh, es war nicht einmal nötig, besondere Nachforschungen anzustellen. Schon als ich Miß Upjohn zum erstenmal sah, wußte ich, daß ich ihren Namen bereits gehört hatte. Über dem Nachsinnen und einigen Umfragen kam mir eine Geschichte in die Erinnerung, die mir meine Mutter erzählte.«
Kester sah ihn an, in seinen Augen blitzte ein spöttischer Funke. »Wie kam deine Mutter dazu, sich mit Prostituierten und politischen Abenteurern zu befassen?«
Mr. Larne zuckte unwillkürlich zusammen und runzelte die Brauen. »Ich möchte dich ersuchen, in etwas weniger despektierlicher Weise von meiner Mutter zu sprechen«, sagte er. »Da war kurz vor dem Krieg ein
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