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Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes

Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes

Titel: Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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Wurzeln im Wasser ruhten, waren grau. Grau wie das Moos auf den Zweigen der Bäume, grau und farblos wie der unermüdlich strömende Regen.
    Es war Kester, der ihr die wilde, düstere Schönheit dieser Sumpflandschaft offenbarte. Sie entdeckte, daß sie bisher blind durch die Welt gegangen war, und empfand beglückt, daß ihre Sinne sich neuen Eindrücken öffneten. Als sie schließlich durch den noch immer rinnenden Regen zurückfuhren, war es ihr, als käme sie von einer Reise nach einem fernen Land voll fremdartigem Zauber.
    Oft gingen sie auch zusammen nach Ardeith. Dann hockte sich Eleanor in der Nähe des Kamins auf dem Teppich nieder und lauschte Kesters Worten. Meistens wußte sie hinterher nicht einmal, worüber sie gesprochen hatten, aber jedesmal, wenn sie ihm so gegenübersaß, fühlte sie sich von einer warmen Welle der Geborgenheit überflutet. Manchmal, wenn sie in Ardeith weilte, waren auch Kesters Eltern zugegen. Die alten Herrschaften waren ihr gegenüber von gleichbleibender Höflichkeit, sprühend von einem liebenswürdigen Charme, der sie bezauberte. Sie ließ sich ihre Freundlichkeiten gefallen und erwiderte sie nach ihrem Vermögen, aber tief in ihr war immer, wenn sie sie sah, ein heimliches Spott-Teufelchen auf der Lauer. Denis und Lysiane erschienen ihr ebenso wie die zahllosen Vettern und Basen, die das Haus zuweilen durchstreiften, wie fremde, reliquienhafte Wesen, die eigentlich hinter Glas und Rahmen gehörten. Zum ersten Male wurde sie von einem Schimmer jener sanften, sublimen Zivilisation gestreift, die auf so weltabgeschiedenen Plätzen wie Ardeith ein vergessenes Dasein führte und noch heute, nach soviel Jahren, von den Schrecken des Bürgerkrieges bestimmt wurde. Sie begriff diese Leute nicht, sie waren ihr fremd und ein wenig unheimlich, aber sie konnte nicht leugnen, daß sie eine Sicherheit ausströmten, die ihr Eindruck machte. Und diese Sicherheit hatte ihre Quelle zweifellos in dem Bewußtsein, daß niemals jemand auf den Gedanken verfallen war, ihren Wert und ihre Bedeutung auch nur von fern anzuzweifeln. Immer wieder nahm sie staunend wahr, mit welch kühler, souveräner Überlegenheit sie auf alle Menschen herabsahen, die gesellschaftlich unter ihnen standen. Alles, was so ein Mensch tat oder sagte, negierten sie völlig, als käme ihm nicht die geringste Bedeutung zu. Sie begriff das nicht und vermochte es sich trotz allen Nachdenkens nicht zu erklären. Merkwürdiger war noch, daß sie ihnen gleichwohl heimlich das Recht zugestehen mußte, sich so zu gebärden, eben weil sie so anders und um so vieles anziehender waren als die Leute, die im Schweiße ihres Angesichtes die Schlachten schlugen, die das Leben in der so veränderten Welt unerläßlich machte.
    Im Grunde ihres Herzens fand Eleanor, daß Leute dieser Art reizvoll, aber töricht und nutzlos seien. Und zuweilen konnte sie es sich nicht versagen, zum Ausdruck zu bringen, wie sehr sie sich ihnen überlegen fühle. Sie versuchte, Kesters Meinung zu erforschen und mußte zu ihrem Befremden feststellen, daß Kester über diese Dinge niemals nachgedacht hatte. Im Grunde überraschte sie das nicht sehr. Kester liebte sein Land. Er liebte es, das Wachstum der Baumwolle zu beobachten, zuzusehen, wie sie weiße Blüten ansetzte, wie die Blüten allmählich rosa wurden und abfielen, wie sich die harten, grünen Knollen entwickelten und schließlich öffneten, bis die reifen Baumwollkapseln das Feld in ein weißes, wogendes Meer verwandelten. Er liebte diese blauen Februartage, den Duft der Erde, wenn der Pflug sie umbrach, und den Ausblick auf den kommenden Sommer, wo aufs neue das wilde Blühen anheben würde, das die Menschen trunken machte und die Baumwollarbeiter zwang, alle Hände zu regen, um das hemmungslose Wachstum der Blüten in Maß und Ordnung zu halten. Er liebte die Jagd und den donnernden Hufschlag der Pferde beim jagenden Ritt über die Felder, er liebte den Tanz in festlich erleuchteten Sälen, das Schwimmen in den kühlen Fluten des Stromes, er liebte es, Freunde um sich zu versammeln und in Musik und Liedern zu schwelgen.
    »Ich weiß nur nicht, ob du das Denken liebst«, sagte Eleanor zu ihm, »ich glaube, du liebst es nicht, weil du es nicht kennst und niemals versucht hast, den Dingen nachzuspüren.«
    Sie fuhren nach einem Besuch auf Ardeith zum Deichbaulager zurück, auf Eleanors Schoß häuften sich die letzten Poinsettias der Jahreszeit. Es war noch nicht spät, aber da sich zwei Heeresingenieure

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