Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes
zu treten. In dieser Stellung hatte Fred Upjohn sie getroffen, der damals noch ein kleiner Vorarbeiter in einem Deichbaubetrieb war. Gleich nach ihrer Verheiratung kam sie in das Lager und kochte dort für Fred und fünf andere Männer. Sie verzichtete bis einen Monat vor Eleanors Geburt auf die Hilfe einer Negerin und gab auch dann nur nach, weil Fred unerbittlich darauf bestand. Molly war der Ansicht, daß es eine Schande sei, Lohn für eine Arbeit zu bezahlen, die sie selbst verrichten könnte, wo Fred doch jeden Penny brauchte, um die Bücher für sein Ingenieurstudium zu bezahlen.
Molly Upjohn hatte in elf Jahren sechs Kinder geboren. Sie war dabei prächtig gediehen, mittlerweile füllig und rundlich geworden und auch ein bißchen bequem, aber Fred fand, es sei leichter mit ihr zu leben als jemals zuvor. Sie hatte nach und nach herausbekommen, daß der Lauf der Welt sich nicht immer nach ihren Wünschen und Hoffnungen zu richten pflegte; so überließ sie dem Herrgott die Führung, sicher, daß er mehr wisse als sie, und tat im übrigen, was in ihre Macht und Möglichkeit gegeben war.
Als jetzt Mann und Tochter aus dem Lager zurückkamen und zum erstenmal Kesters Name fiel, bemerkte sie weise, daß der Herr ihr leider völlig unbekannt und sie daher nicht imstande sei, sich eine Meinung über ihn zu bilden. Damit hatte sie schließlich recht, zumal Fred und Eleanor in so völlig gegensätzlicher Weise über ihn sprachen, daß eine Meinungsbildung für einen Dritten schlechterdings ausgeschlossen war. Nachdem sie Kester dann einige Male bei einem Zusammensein mit Eleanor gesehen hatte, fand sie, daß es sich bei Mr. Larne um einen sicherlich sehr liebenswerten jungen Herrn handle. Freilich, setzte sie hinzu, eine Heirat mit ihm würde sie sich trotzdem sehr überlegt haben, denn mit einem Pflanzer, der seine Baumwolle ausgerechnet zur Pflanzzeit so oft sich selbst überließe, nur um ein Mädchen zu sehen, das ihm ohnehin jeden Tag schreibe, könne nicht sehr viel los sein. Aber das blieb auch die einzige Bemerkung dieser Art. Nachdem Mrs. Upjohn sich einmal klar darüber war, daß ihre Tochter sich innerlich bereits entschieden hatte, schwieg sie hinfort über den Gegenstand.
Eleanor segnete die ruhige Gelassenheit ihrer Mutter, war aber eifrig bemüht, den unruhig forschenden Augen des Vaters aus dem Wege zu gehen. Sie entschied sich deshalb auch ohne Bedenken für die Trauung auf dem Standesamt. Kester hatte nach der Sitte des Landes angenommen, daß die Verlobung in der ›New Orleans Picayune ‹ angezeigt und die Trauung durch einen Geistlichen im Hause des Brautvaters vorgenommen werden würde. Eleanor sah schließlich keine Möglichkeit mehr, ihm die voraussichtliche Unmöglichkeit einer solchen Regelung länger zu verschweigen. Als sie eines Abends im Restaurant Antoines zusammen aßen, sprach sie ihm zum ersten Male von dem hartnäckigen Widerstand ihres Vaters, der vermutlich niemals einwilligen würde, die Hochzeit in seinem Hause vollziehen zu lassen.
Kester war zunächst verwirrt und befremdet, aber schließlich brach er in ein herzhaftes Gelächter aus. Natürlich begriff sie das nicht; sie fand die Situation in keiner Weise lächerlich. Als sie am Ende darauf bestand, den Grund seiner Heiterkeit zu erfahren, erzählte er ihr, daß seine Eltern gleicherweise davon überzeugt seien, daß diese Heirat zu einem Unglück führe, nur eben aus einem völlig anderen, sozusagen entgegengesetzten Grunde.
Eleanor flammte auf: diese lächerlichen Requisiten einer versunkenen Welt!
Er legte ihr begütigend die Hand auf den Arm. »Ich will hier nicht den Friedensrichter machen«, sagte er. »Ich wollte dich haben, und ich habe nie im Leben etwas so sehr und so ernst begehrt wie dich. Aber ich will dich heiraten als ein Mann, der stolz ist auf das, was er tut.«
Er lachte schon wieder, aber ihr Gesicht blieb ernst. »Auch ich habe nie etwas so stark und so aus ganzer Seele gewollt«, sagte sie. »Eben deshalb ist es schlimm – –«
»Nein, Liebste, es ist nicht schlimm!« Er schüttelte, noch immer lächelnd, den Kopf. »Überlege doch; im Grunde ist es erheiternd. Dein Vater ist überzeugt, die Larnes müßten dem Himmel danken, wenn durch eine Heirat mit seiner Tochter etwas frisches Blut in ihre müden Adern käme. Mein Vater windet sich unter der Vorstellung, die Upjohns möchten sich an der Aussicht weiden, meinen kostbaren Namen in ihrer Familienchronik verzeichnen zu dürfen. Nun, und wir? Du
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