Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes
und ich? Denken wir etwas anderes, als daß wir uns lieben? Wünschen wir etwas anderes, als daß sie uns allein lassen möchten?«
Nun lachte Eleanor auch. Plötzlich erschienen auch ihr die gegensätzlichen Blickpunkte ihrer Familien närrisch und unsinnig. »Ich begreife nicht einmal, was sie meinen«, sagte sie, »die einen wie die anderen. Zwei wie wir sollten ganz ohne Anhang geboren sein.«
»Ich habe mich damit abgefunden, daß alle anderen närrisch sind«, lachte er, »alle außer uns beiden.« Er schob das Ananaskompott beiseite, rief den Kellner und verlangte die Rechnung. »Komm«, sagte er, »jetzt werde ich deinen Vater besuchen.«
Kester Larne ging zu Fred Upjohn mit einer Miene liebenswürdigster Höflichkeit, so daß Eleanor fand, es bedürfe wohl in der Tat einer Folge von sechs Generationen, um zu einer solchen Haltung zu gelangen. Sie suchten Fred in seinem Büro auf, und Kester erklärte ihm hier über den Schreibtisch hinweg in ruhiger und selbstsicherer Gelassenheit, daß er im Begriff sei, seine Tochter zu heiraten.
»Ich bedauere herzlich, daß Sie mich nicht leiden mögen«, setzte er hinzu, »selbstverständlich werde ich sie trotzdem heiraten. Wir sind beide alt genug, um selbständige Entscheidungen treffen zu können und bedürfen Gott sei Dank keiner Erlaubnis. Aber ich bin nun einmal ein Mann, der die Traditionen achtet und liebt, in denen er groß wurde. Ich möchte deshalb, daß Eleanor mir in ihres Vaters Haus angetraut wird. Ich möchte meine Frau nach alter Sitte durch Vermittlung des Geistlichen aus der Hand ihres Vaters entgegennehmen.«
Fred Upjohn kreuzte seine Hände auf der Schreibtischplatte und sah dem Sprechenden in das klare und männliche Gesicht. »Sie sind nicht wenig selbstbewußt, junger Mann«, sagte er mit gepreßter Stimme.
Kester hielt seinen durchdringenden Blicken stand. »Sie mögen recht haben, Mr. Upjohn«, sagte er, »ja, ich bin es wohl.«
»Nun, ich bin es nicht weniger, Mr. Larne«, versetzte Fred, »und ich habe keineswegs die Absicht, mit meiner Ansicht zurückzuhalten. Es gefällt mir nicht, daß meine Tochter Sie heiratet, und ich sehe nicht ein, warum ich in der Öffentlichkeit das Gegenteil erklären sollte.«
Kester lächelte kühl. »Sie sind ein hartnäckiger Mann, Mr. Upjohn. Man sieht Ihnen an, daß Sie gewohnt sind, Ihrer Umgebung zu befehlen und Ihren Befehlen Respekt zu verschaffen. Nun, in diesem Fall dürfte Ihnen der Befehl nichts helfen, und Sie wissen ja auch längst, daß Sie insoweit verloren haben.« Er hob leicht die Schultern und lächelte dünn. »Schließlich ist das Ihre eigene Schuld.«
»Meine Schuld?« fragte Fred erstaunt.
»Zweifellos, Mr. Upjohn. Mindestens haben Sie selber den Grund dazu gelegt. Vielleicht war Ihnen bei Eleanors Geburt nicht bewußt, daß Sie einmal so hartnäckig werden könnte wie Sie. Aber was wollen Sie? Im Augenblick, da Sie sie zeugten, rüsteten Sie sie mit Ihren eigenen Waffen aus; warum wundern Sie sich nun, daß sie davon Gebrauch macht? Was immer Sie sagen mögen, Mr. Upjohn, Sie werden nachgeben müssen. Das ist die Rache der Chromosomen.«
Es trat eine Pause ein. Fred Upjohn wandte den Blick ab und sah düster an beiden vorbei. Kester und Eleanor warteten schweigend. Schließlich nickte Fred. »Ich weiß, wann ich geschlagen bin.« Er blickte auf Eleanor. »Kurz und bündig also: Du willst ihn heiraten? Ja oder nein?«
»Ja, Vater, ich will.«
»Es ist gut. Die Sache ist abgeschlossen.« Sein Blick wanderte zu dem Mann hinüber, der aufgerichtet in guter Haltung neben seiner Tochter stand. »Sie haben vermutlich recht mit dem, was Sie sagten, Kester Larne. Ich habe niemals soweit gedacht.«
»Ich ebenfalls nicht«, sagte Kester. »Bis zu dem Augenblick, da ich hier hereinkam und Ihr Gesicht neben dem Eleanors sah. Ich danke Ihnen, Mr. Upjohn.«
Da die Entscheidung nun einmal gefallen war, widersetzte sich Fred Upjohn nicht länger. Er zog mit kühler Gelassenheit sein Scheckbuch aus der Schublade und schrieb Eleanor einen Scheck, um ihre Wäscheausstattung einzukaufen. Aber Enttäuschung und Niedergeschlagenheit vermochte er nicht ganz zu verbergen. Eleanor war froh, als es soweit war, daß sie gehen konnten.
Die Tage und Wochen flossen dann schnell dahin, Eleanor kam nicht viel zum Denken; sie hatte alle Hände voll mit den Vorbereitungen für die Hochzeit zu tun, und wäre ihre Schwester Florence nicht in den Osterferien nach Hause gekommen und hätte ihr geholfen, sie
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