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Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes

Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes

Titel: Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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Gottes willen, Kester, meinst du, du seiest der einzige Mensch, der heute von der Panik ergriffen wurde? Die Baumwollbörse ist eine Irrenanstalt. So etwas ist noch nicht dagewesen. Wenn es dich zu trösten vermag, will ich dir sagen, was ich selber in dieser Woche verlor. Einige von uns – –«
    Eleanor legte ihren eigenen Hörer auf. Sie vermochte es nicht zu ertragen, noch länger zuzuhören. Sie ließ die Stirn in die Hände gleiten. Trotz der brütenden Hitze waren die Hände eiskalt.
    Hinter ihren Fenstern tanzten die Blütenblätter der Baumwolle in der Sonne; der Überfluß, der sich darin kundtat, spottete ihrer Verzweiflung. Sie erinnerte sich der Hunderte von Stunden, die sie auf den Feldern verbracht hatte, während die Sonne auf ihren Kopf brannte und der Rücken sie schmerzte, bis sie kaum noch auf dem Pferd sitzen konnte. Sie gedachte der Nächte, die sie wachend über den Hauptbüchern saß, obwohl ihr der Kopf schwer vor Müdigkeit war. Sie gedachte der lockenden Schaufensterauslagen, vor denen sie gestanden hatte, um die weichen, duftenden Kleidchen zu betrachten, die Babymädchen so nötig brauchte. Sie hatte alles, was an Kraft in ihr war, hergegeben, bis tausend Ballen vollkommenster Baumwolle auf den Feldern blühten. Und nun war da irgendwo auf dem Balkan ein Prinz, von dem kaum jemand etwas wußte, erschossen worden, in einer Stadt, deren Namen noch nie jemand gehört hatte, von einem Wahnsinnigen, dessen Namen niemand aussprechen konnte, und die Folge war, daß sie die Plantage ebensogut hätten mit Gras besäen lassen können.
    Zu aufgeregt, um zu arbeiten, und zu ruhelos, um stillsitzen zu können, gingen Kester und sie auf der Veranda auf und ab und gaben sich verzweifelte Mühe, einander zu ermutigen. Vielleicht würde Deutschland doch nicht in den Krieg eintreten. Und welche Beziehungen konnten Frankreich und das Britische Empire möglicherweise zu dem ermordeten österreichischen Erzherzog haben? Sie suchten verzweifelt nach irgendeinem vernünftigen Sinn in dem Geschehen. Irgendein Mitglied der kaiserlich-königlichen Familie in Wien war ermordet worden; es schien dies die Bestimmung dieses Geschlechts zu sein. Niemand hatte einen Krieg Kronprinz Rudolfs wegen oder der Kaiserin Elisabeth wegen angefangen. Die anderen Monarchen hatten ihr Bedauern ausgesprochen und waren weiter ihren eigenen Geschäften nachgegangen. Aber die Tatsache, daß das Geschehen offensichtlich ohne Sinn war, änderte nichts an der anderen Tatsache, daß die Baumwolle von Ardeith nur noch ungefähr halb soviel wert war wie vor noch nicht zwei Tagen.
    »Laß uns eine kleine Party veranstalten«, sagte Kester plötzlich.
    Eleanor blieb stehen. »Eine Party? Hast du den Verstand verloren?«
    »Nein, aber ich möchte, daß wir die Krise durchhalten. Laß uns alle Bekannten anrufen. Sage Mammy, sie soll uns ein paar Sandwiches herrichten. Ich werde hinuntergehen und den besten Likör und Whisky, den wir im Haus haben, heraufholen. Sei lieb, Eleanor, laß uns eine Party geben.«
    Er hatte ihre Hand ergriffen und sie ins Haus gezogen. Während er noch das letzte Wort sprach, drehte er bereits die Kurbel des Telefons und rief eine Nummer in die Muschel. Eleanor lauschte entsetzt.
    »Violet? Hier ist Kester Larne. Ihr müßt heut um sieben Uhr zu uns kommen. Wir fühlen uns zum Tanzen aufgelegt. – Gut, danke! Wir erwarten euch.« Er drehte schon wieder die Kurbel. »Eleanor, sag Mammy wegen der Sandwiches Bescheid. – Cameo!« rief er über die Schulter. »Hallo! Neal? Hier ist Kester. Wir haben heut abend eine kleine Party. Du und Klara – ja ich weiß: die Baumwolle, Teufel ja! Gut, wir erwarten euch!«
    Cameo war aus dem Hintergrund erschienen, und Kester begann, ihm Befehle zu erteilen: »Cameo, mixe ein paar anständige Cocktails zurecht; wir haben heut ein paar Leute zu Besuch. Eleanor, geh, sprich mit Mammy!«
    Eleanor begann etwas hysterisch zu kichern; sie küßte ihn leicht aufs Ohr. »Du bist wundervoll!« flüsterte sie und huschte hinaus in die Küche.
    Gegen acht Uhr war das Wohnzimmer voller Gäste. Der Phonograph kreischte: ›Ich möcht' ein Mädchen – gerade so ein Mädchen – wie der liebe, alte Papa geheiratet hat!‹ Eleanor tanzte mit Bob Purcell, und Kester war eifrig beschäftigt, Getränke zu mixen. Sie sprachen ein bißchen von dem Fallen der Baumwolle, besonders diejenigen, die, wie Neal Sheramy, unmittelbar darauf betroffen waren, aber Niggerjazz und Cocktails überzeugten die

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