Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes
Ballen von irgend jemand zu kaufen, wenn du einen von mir kaufst.«
Sylvia ließ ein kleines glucksendes Lachen hören. »Ach Kester«, sagte sie, »du weißt doch, ich habe kaum genug, um zu leben. – Mein armer Konrad«, fuhr sie, zu Eleanor gewandt, fort, »war trotz all seiner vornehmen Charaktereigenschaften kein guter Geschäftsmann. Darum widme ich alles, was ich habe, meine Kraft und meine Zeit, dieser Sache. Es ist alles, was ich zu geben habe.« Es sei ihr immer schon klar gewesen, sagte sie, daß es nicht gut sei, seine ganze Zuversicht auf ein bestimmtes Warenerzeugnis zu setzen; das müsse ganz zwangsläufig zu bösen Enttäuschungen führen.
Da niemand die Gute je zuvor so oder ähnlich reden gehört hatte, zeigte sich Kester fortgesetzt innerlich erheitert und Eleanor verwirrt.
Cousine Sylvia sagte, nachdem sie einige Male vergeblich in ihre Handtasche gegriffen hatte, sie habe beim Aussteigen aus dem Kutschwagen offenbar ihr Taschentuch verloren; ob der liebe Kester nicht freundlicherweise nachschauen wolle. Der liebe Kester ging, und als er fort war, beschwor Cousine Sylvia Eleanor mit vertraulich gedämpfter Stimme, sich doch ja in diesen schrecklichen Tagen sehr, sehr heiter zu zeigen. »Und mach nicht immer so pessimistische Bemerkungen, mein liebes Mädchen«, fuhr sie fort; »jeder Mann will bei seiner Frau Trost, Frohsinn und Erholung finden. Glaube mir, Kind, ich weiß in diesen Dingen Bescheid.«
Eleanor war versucht, das Geschöpf zu schlagen, sie barst fast vor Zorn und wurde nur durch Kesters Wiedererscheinen daran verhindert, ihrer Wut die Zügel schießen zu lassen. Kester hatte kein Taschentuch gefunden, und der bedauerliche Irrtum klärte sich auch gleich darauf auf: Sylvia fand das Tüchlein in ihrem Beutel. Wie dumm von ihr, zu denken, sie hätte es fallen lassen! Nun, wenn Kester und Eleanor heute durchaus keinen Ballen kaufen wollten, so würden sie doch wenigstens Eintrittskarten für den Baumwollball nehmen? Kester seufzte und kaufte die Billets.
»Mußtest du das tun?« fragte Eleanor, als Cousine Sylvia gegangen war.
Kester sank in einen Sessel und begann zu lachen. »Nein«, versetzte er, »gewiß nicht. Ich kaufte sie, weil ich es wollte. Ist sie nicht ein großartiges Geschöpf? Als ich sie zum erstenmal in meinem Leben sah, wurde ich die Treppe hinaufgeschickt, weil ich laut über sie gelacht hatte.«
»Sie ist eine Närrin!« rief Eleanor. Aber sie schien selber ein wenig amüsiert. »Sie hat dich hinausgeschickt, um mir einige Ratschläge zu geben, wie man sich als glücklich verheiratete Ehefrau zu benehmen hat.«
»Sieh an. Etwas Ähnliches hab' ich mir doch gedacht. Sylvia war zwölf Jahre mit Vetter Konrad verheiratet. Er war ein großartiger Junge und ertrug das Wesen Sylvias, indem er sich mit einer soliden Mischung von christlicher Standhaftigkeit und gutem Whisky wappnete. Schließlich kam es dann leider doch dahin, daß er sich völlig dem Trunk ergab.«
»Und nun erzählt sie also allen Leuten – –«
Kester kicherte. »Das kennst du ja. Schließlich hat der Gute dann doch das Zeitliche gesegnet. Sie betrauert ihn aufopfernd. Sie hat ihn verbrennen lassen und bewahrt seine Asche in ihrem Schlafzimmer auf, um ihn nach wie vor bei Tag und Nacht verehren zu können.«
»Empörend!« schnaufte Eleanor.
»Sieh dich immerhin vor«, grinste Kester, »falls du sie einmal besuchen solltest. Sie nimmt dich unfehlbar mit hinauf, damit du dich vor ihrem Ankleidespiegel zurechtmachen kannst. Die Asche befindet sich in einem Krug dicht bei dem Spiegel, und es möchte geschehen, daß du die Behältnisse verwechselst und dein Gesicht mit Konrad puderst.«
Ach, ihr war gar nicht so zumute, aber sie mußte lachen. Sie ärgerte sich, daß er die Ballbillets gekauft hatte, denn sie fand, daß es töricht und nicht zu verantworten sei, in ihrer Situation auf solche Weise Geld hinauszuwerfen. Aber andererseits tanzte sie gern, und sie gab Kester schließlich recht, wenn er meinte, daß sie wieder einmal eine Abwechslung brauchen könne. Als dann der Abend herankam und sie sich umkleiden mußte, war sie ganz zufrieden. Sie fuhren gemeinsam zum Jagdklub, und hier war es, wo sie Isabel Valcour trafen.
Schon seit einer Woche war überall in ihrem Bekanntenkreis unausgesetzt über Isabel Valcour gesprochen worden, und Eleanor war deshalb ein wenig neugierig, ihre Bekanntschaft zu machen. Isabel war in Dalroy aufgewachsen, aber sie hatte vor sieben Jahren einen
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