Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes
Deutschen geheiratet, einen sehr reichen Deutschen, wie man allgemein sagte, und hatte seitdem im Ausland gelebt. Wahrscheinlich hatte sie gar nicht mehr an Amerika gedacht, bis sie vor dem Krieg fliehen mußte.
Am Nachmittag vor dem Ballabend erschien Violet Purcell auf Ardeith, um eine Tasse Kaffee mit Eleanor zu trinken. Sie erzählte, daß sie gerade von Isabel komme, die in dem alten Haus ihres verstorbenen Vaters auf der Hauptstraße am Strom eingezogen sei. »Äußerst aufregend, meine Liebe!« sagte Violet. »Kosmopolitisch sozusagen, tadellos aussehend, besser als jemals zuvor, gekleidet nach einer Mode, die möglicherweise im kommenden Jahr hier aufkommen mag. Auf welche Weise sie gedenkt, ihre Zeit zuzubringen, bis der Krieg einmal zu Ende ist – ich weiß es nicht!«
»Wo ist denn ihr Mann?« fragte Eleanor. »Bei der Armee?«
»O nein. Im Himmel. Sie ist anscheinend schon seit drei Jahren Witwe und hat seitdem die jeweilige Saison von Norwegen bis Schottland, von Monte Carlo bis Paris und wer weiß wo noch mitgemacht. Ich hätte nie gedacht, jemals in die Verlegenheit zu kommen, die Odyssee dieser internationalen Millionärin beschreiben zu müssen. Und nun also sitzt sie in Dalroy, Louisiana. Stell dir das vor!«
Eleanor meinte, diese Isabel müsse danach mindestens eine sehr interessante Person sein, und fragte, ob sie auch den Kauf-einen-Ballen- Ball besuchen werde. Violet wußte es nicht. Sie hatte Isabel verlassen, weil Klara Sheramy zu Besuch gekommen war, und obwohl Klara zweifellos ein ›süßes kleines Ding‹ war, so zwang ihre Dummheit doch zur Einhaltung gewisser Grenzen.
Eleanors Neugier war geweckt. Sie fragte Kester, während sie zum Jagdklub fuhren, ob er sich noch an Isabel erinnere.
»O ja«, antwortete Kester, »ich habe sie ja von Kind auf gekannt.«
»Ist sie wirklich so hübsch, wie die Leute sagen?« fragte Eleanor.
»Das könnte ich mir denken. Aber ich kann noch nichts dazu sagen, denn ich habe sie nach ihrer Rückkehr noch nicht gesehen.«
»Wird sie heute abend dasein?«
Kester hatte sich nicht erkundigt, nahm aber an, daß sie kommen würde. Da zweifellos jedermann hinginge, wäre es eine gute Chance für Isabel, all ihre alten Bekannten zu treffen.
Kalte Herbstnebel hingen in der Luft; um so angenehmer war es im Klubhaus. Alle Räume waren dicht besetzt. Als Kester und Eleanor anlangten, wurde gerade ein Foxtrott getanzt. Bob Purcell kam auf sie zu und sagte, daß er auf Eleanor gewartet habe, damit sie mit ihm tanze. Auf Eleanors Protest, sie habe noch niemals einen Foxtrott versucht, meinte er, da sei gar keine Schwierigkeit; nach all den atemraubenden Umarmungen und Hüpfereien der vergangenen Saison bilde der Foxtrott einen durchaus annehmbaren Zeitvertreib. Eleanor lachte, winkte Kester temperamentvoll zu und ließ sich von Bob auf die Tanzfläche ziehen. Bob tanzte ausgezeichnet, und es ging sehr viel leichter, als sie gefürchtet hatte. Sie dachte nicht mehr an Isabel, bis sie sie sah.
Es war dies in einer längeren Tanzpause. Bob Purcell geleitete sie zu einer Gruppe, die rund um den Punschtisch versammelt war. Hier glitzerte ein kleiner Champagnersee in der Höhle eines Berges von Ananaseis. Eleanor gewahrte, als sie näher kamen, im Mittelpunkt der Gruppe eine schlanke, blonde Frau in einem seegrünen Kleid, die, ein Glas in der Hand, dastand und Fragen beantwortete. Violet, die auch in der Nähe stand, ergriff Eleanors Hand und zog sie heran. Die Fremde unterbrach ihr Geplauder und sah Eleanor aus großen haselnußbraunen Augen an. Eleanor dachte sogleich, dies müsse Isabel Valcour sein. Wenn sie mich doch nicht anstarren wollte! dachte sie.
Isabel schien nicht nur die schönste Frau hier im Saal, sondern die schönste Frau im ganzen Staat Louisiana. Unzweifelhaft entstammte sie einem guten, vermögenden Haus, aber das war es nicht, es ging etwas Besonderes, Einmaliges und Unwiederholbares von ihr aus; körperlich erschien sie als das Urbild der Sinnlichkeit; gleichzeitig wirkte sie wie die späte Blüte einer hochentwickelten Zivilisation. Sie schien geschaffen, unter reichen Leuten zu leben, und erweckte doch gleichzeitig den Eindruck, als bewege sie sich ausschließlich im Inneren eines von ihr selbst gezogenen Kreises. Sie war nicht sehr groß, aber ihre Figur schien eigens zu dem höchst irdischen Zweck geschaffen, elegante Kleider vorteilhaft zu tragen. Ihr bis auf einen ›Wasserfall‹ in der Hüftgegend enganliegendes seegrünes Kleid
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