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Love and Disaster

Love and Disaster

Titel: Love and Disaster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Graf
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Kaugummis, niemand sollte mir nachsagen, dass die angehende Starautorin mit Alkoholfahne zur Lesung erschienen war.
    Vor der Galerie schien kein Durchkommen und ich beglückwünschte mich zu dem Entschluss, ein Taxi genommen zu haben. Ich traute meinen Augen nicht, vor Harros Laden sah es aus wie bei einer Hollywood- Premiere. Die Straße war abgesperrt, bullige Security- Typen standen vor der Galerie, es waren mindestens drei Fernsehteams, jede Menge Fotografen und sogar Publikum vor Ort.
Man ließ mich nicht durch, ich kam nicht einmal bis zur Galerietür, ein großer Typ im Anzug und mit Knopf im Ohr hielt mich zurück. Ein Wagen fuhr vor und Katharina Frenkel stieg aus. Ich staunte, die Frenkel hatte bereits in einigen Hollywoodfilmen mitgespielt und erregte dementsprechend Aufsehen bei den Fotofritzen.
Gleich nach ihr traf der nächste Luxusschlitten ein und ich erkannte einen hochrangigen Bundespolitiker, der ebenfalls in die Galerie ging.
Wer, um Himmels Willen, war Jan Sonnenfeld? Ich hätte mich am liebsten selbst in den Hintern getreten, weil ich mich nicht richtig über ihn informiert hatte. Sonst googelte ich doch immer wie verrückt nach allem und jedem, nur bei Jan hatte ich das versäumt.
Ich versuchte, Harro anzurufen, aber niemand ging ans Telefon. Dann sprach ich den Sicherheitsmann erneut an und versuchte, ihm nochmals zu erklären, wer ich war, doch er knurrte nur etwas von- ich würde nicht auf der Liste stehen- und schob mich einfach beiseite, weil der nächste Promi, diesmal ein bekannter Fernsehmoderator, eintraf.
Ich war im Gehen begriffen, als Harro plötzlich den Kopf durch die Tür steckte. Ich rief, so laut ich konnte seinen Namen und glücklicherweise hörte er mich.
Er kam heraus, sagte etwas zu dem Wachhund und endlich durfte ich passieren. 
„Mein Gott Harro, das ist hier ja schlimmer als zur Oscarverleihung“, sagte ich lachend.
„So hatte ich mir das nie im Leben vorgestellt“, antwortete er begeistert. „Es übertrifft alle Erwartungen um ein Vielfaches. Dass Sonnenfeld ein Star ist, wusste ich ja, aber nicht, in welchem Ausmaß.“
Er war völlig aus dem Häuschen, mein guter Harro.
„Caro, da drin sind fast ausschließlich Promis versammelt, ich fasse das noch gar nicht. Anja Sonnenfeld hat mir was von einer kleinen, intimen Vernissage vorerzählt, aber das da? Das sprengt jeden Rahmen, glaub mir.“
Die Räume waren zum Bersten gefüllt mit gutgekleideten Leuten. Ich kannte gefühlte achtzig Prozent von ihnen aus dem Fernsehen und der Presse. Politiker, Schauspieler, Musiker, alles, was Rang und Namen im öffentlichen Leben hatte, war in Harros kleiner Galerie versammelt.
Anja Sonnenfelds roter Schopf tauchte gelegentlich zwischen den Leuten auf, von Jan konnte ich keine Spur entdecken.
Hier sollte ich lesen? Mir wurde schlecht. Ich stand ziemlich verloren in der Meute und wusste nicht so recht, was ich tun sollte, bis ich Simon entdeckte, der in einer Nische hinter seiner kleinen Anlage saß. Schnell bahnte ich mir einen Weg zu ihm.
„Ist das nicht der Wahnsinn?“ Simon schien sich prächtig zu amüsieren. „Guck dir die ganzen Typen an, hier sind drei Viertel aller Geldsäcke der Stadt versammelt.“
Ein junges Mädchen balancierte ein volles Getränketablett an mir vorbei, ich griff mir zwei Sektgläser und trank eins sofort leer.
„Ich werde mich betrinken“, stöhnte ich. „Verrat mir mal, wie ich vor diesen Leuten einen klaren Satz herausbringen soll?“
„Stell sie dir einfach alle in Unterwäsche auf dem Klo vor“, sagte Simon trocken. „Oder besser noch, du stellst dir vor, dass die morgen alle ihre Domestiken in die Buchhandlungen jagen, um dein Buch zu kaufen, dann werden deine Sätze so klar sein, wie nie zuvor in deinem Leben.“
„Simon!“, ich musste lachen und er meinte:
„Ich hab dir doch versprochen, dass wir uns heute ordentlich amüsieren werden.“
„Wo ist eigentlich Jan?“, fragte ich. „Die böse Königin habe ich schon gesehen, aber ihn noch nicht.“
„Dein Schnuckelchen hat vorhin ein paar Worte gesagt und ist dann nach hinten verschwunden, willst du ihn suchen gehen?“
„Ich will ihm wenigstens Hallo sagen, ich bin gleich wieder da.“
    Ich schlängelte mich zu Harros Büro durch, an dessen Tür neuerdings ein Schild „Privat- Zutritt nicht gestattet“ prangte. Vorsichtig steckte ich den Kopf durch die Tür. Jan lag auf Harros Sofa, hatte die Füße oben und las.
„Hallo“, sagte ich und klopfte leise an den Türrahmen.

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