Love is a Miracle
Margaret mir Geschichten über meinen Opa erzählt und was er für ein Kerl war, bevor er die Stadt und meine Omaverlassen hat. Und während sie mir das alles erzählte, musste ich …«
»Ein Glas Milch trinken. Das macht sie immer noch. Ob du willst oder nicht.«
Joe lachte und beugte sich zu mir vor und sein Atem strich warm über meine Wange. »Weißt du, wieso ich vorhin so sauer reagiert habe? Ich dachte – ich dachte, du schneidest mich, weil ich gestern Abend zu viel erzählt habe.«
»Wieso? Warum sollte ich?« Normalerweise zucke ich zurück, wenn mir jemand so nahe kommt wie Joe jetzt, aber bei ihm war es okay. Bei ihm hatte ich das Gefühl, dass er mich wirklich sah, wenn er mich anschaute. Mein wahres Ich, und nicht irgendein Wunder.
»Ich weiß nicht. War ja ganz schön heavy, was ich erzählt habe.«
»Na und? Meins doch auch.«
»Okay, dann sind wir quitt.« Joe grinste mich an, und obwohl die Bäume schwankten und bedrohlich nahe rückten, sah ich einen Augenblick lang nur sein Lächeln.
Kapitel 18
Zwei Tage später sprach Jess mich an.
Ich kam zu spät in die Schule, und meine Beine schmerzten, als ich über den Parkplatz ging. Ich war nachts gelaufen, denselben langen Rundweg um den Ort herum, und hatte Muskelkater in den Oberschenkeln vorne und hinten an den Beinen, ja sogar in den Waden.
Es war jetzt kalt draußen. Der Herbst war wie immer über Nacht hereingebrochen und vertrieb die letzte Sommerwärme. Ich hatte es gestern schon beim Laufen gespürt. Der Wind war mir so eisig gegen die Beine gefahren und vor meinem Mund hatte sich eine Atemwolke gebildet, als ich aufs Dach hinaufkletterte und mich widerstrebend in mein Zimmer hinunterfallen ließ.
Jess fing mich auf dem Gang ab. Die Glocke hatte schon zur ersten Stunde geläutet, sodass außer uns beiden niemand mehr draußen stand. Jess sah mich nicht an und im ersten Moment dachte ich, dass sie vielleicht auf Brian wartete. Sie zwirbelte ihre Haare herum, und ihre Locken verhedderten sich in ihrem Verlobungsring und verdeckten den winzigen Brillanten.
»Hey«, sagte sie und löste ihre Finger aus den Haaren.Ihre Stimme zitterte verräterisch, wie immer, wenn sie aufgeregt war, und da wusste ich, dass sie auf mich gewartet hatte.
»Hey. Lissa hat gesagt … sie hat mir von dir und Brian erzählt. Herzlichen Glückwunsch.«
Jess lächelte mich an und ihre Augen leuchteten auf. »Danke. Wir waren schon beim Ringe aussuchen und einer war echt superschön. Ich hab ihn anprobiert und wusste sofort, dass es …« Sie verstummte und legte den Kopf zur Seite, sodass ihr die Locken in die Stirn fielen. Ihr Lächeln erlosch und ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Ist dir völlig egal, oder?«
»Jess …« Ich starrte auf den Boden, der bereits voller Schleifspuren war, obwohl der Tag gerade erst angefangen hatte. Und genau so fühlte ich mich. Abgewetzt. Ausgelaugt. Fertig. »Ich weiß, wie sehr du ihn liebst, und …«
»Und was?«
»Und ihr werdet sicher sehr glücklich miteinander«, sagte ich. »Das weiß ich. Aber ich muss jetzt los – ich muss ins Beratungslehrerbüro, du weißt schon, wegen meinem Zusatzprojekt …« Ich schaute sie an. Jess war wütend, schaffte es aber nicht mal, mich anzufunkeln. Das hatte sie nie gekonnt. Sie sah einfach nur verletzt aus. »Dann bis nachher in der Klasse, okay?«
»Kannst du nicht wenigstens eine Sekunde dableiben und mit mir reden? Ich war so sauer auf dich, weil du mich einfach abgewimmelt und Lissa zum Weinen gebracht hast, und ich bin immer noch wütend, aber vielleicht,wenn wir uns mal zusammensetzen und wirklich miteinander …« Jess redete weiter und ich versuchte ihr zuzuhören. Ich gab mir wirklich Mühe, aber ihre Worte prallten einfach an mir ab.
Schließlich entschlüpfte ihr ein Laut, der wie ein ersticktes Schluchzen klang, und sie sagte: »Okay, es ist dir egal, das hab ich jetzt langsam kapiert, aber Meggie, du bist so anders – als ob du gar nicht wirklich da wärst. Jetzt zum Beispiel. Du hörst mir doch gar nicht zu. Du siehst aus …« Ihre Stimme versagte und sie machte einen Schritt auf mich zu. »Was ist los mit dir? Warum redest du mit niemand mehr?«
»Ich …«, fing ich an, dann zuckte ich die Schultern.
»Ist das alles?«, sagte Jess, und ihre Stimme wurde schrill. »Mehr kommt nicht von dir, nie, merkst du das nicht? Du sagst ein, zwei Wörter, dann zuckst du die Schultern und verschwindest. Als ob dir alles egal wäre. Mit dir stimmt doch was
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